In zahlreichen Presseartikeln wird über ein makabres Urteil des Landgerichts Oldenburg berichtet (Landgericht Oldenburg, Urteil vom 25.07.2023, Az. 13 Ns 370 Js 67132/19). Dort ging es darum, dass ein angestellter Bestatter teilweise falsche Asche in Urnen gefüllt haben sollte. Das Landgericht Oldenburg beschäftigte sich aus strafrechtlicher Sicht mit dem Fall und verurteilte den angeklagten Bestatter letztlich wegen Anstiftung zur Störung der Totenruhe zu einer Geldstrafe.
Aber wie so oft fragen sich viele Menschen, was ist mit den Opfern? Es gehört schon eine Portion Unverfrorenheit dazu, Angehörige zu beschwindeln und ihnen eine Urne mit Sand oder Erde oder falscher Asche in die „Hand zu drücken“ und sie diese begraben zu lassen. Unabhängig davon, warum dies nicht auch Betrug an den die Beerdigung zahlenden Angehörigen sein könnte, fragen sich aber auch viele Menschen: „Das soll es gewesen sein. Damit kommt er ansonsten davon?“ Dies beschäftigt mich bei diesem Fall viel mehr. Also, zu den Möglichkeiten der Opfer!
Zivilrechtliche Möglichkeiten
Adhäsionsverfahren
Wen man Opfer eines im weitesten Sinne betrügerischen Bestatters geworden ist und dieser aus strafrechtlichen Gesichtspunkten von der Staatsanwaltschaft angeklagt wird, kann man auch zivilrechtliche Ansprüche im sog. Adhäsionsverfahren gegen den Angeklagten durchsetzen. Dieser Anspruch ist in § 403 der Strafprozessordnung (StPO) geregelt. Dieses gibt dem Opfer, das Gesetz sagt hier Verletzter, die Möglichkeit, einen vermögensrechtlichen (eigentlich vor dem Zivilgericht zu verhandelnden ) Anspruch zugleich im Strafprozess geltend zu machen. Die Justiz soll durch diese Möglichkeit entlastet werden. Viel wichtiger finde ich allerdings, dass auch das Opfer dadurch entlastet werden kann. Es muss nicht zweimal den Fall „ertragen“ und Einwände und Ausflüchte des Täters hören. Das finde ich durchaus wichtig.
Zudem können die Angehörigen als Erben des Opfers zugleich auch Genugtuung durch eine zivilrechtliche Verurteilung des Täters zu Schadenersatz und Rückerstattung von Beerdigungskosten erlangen, ohne erneut das Zivilgericht bemühen zu müssen.
Die Möglichkeit seine Ansprüche im Adhäsionsverfahren geltend zu machen, besteht aber nicht nur in einem krassen Fall wie dem hier erwähnten. Grundsätzlich kann dieses Verfahren gewählt werden, wenn das Opfer oder dessen Erben einen vermögensrechtlichen (zivilrechtlichen) Anspruch gegen den Täter haben, der im Zusammenhang mit der Tat steht. Der große Vorteil ist jedoch, dass man mit einer normalen, zivilrechtlichen Klage ab 5.001 Euro den Weg vor das Landgericht (mit Anwaltszwang) wählen muss. Im Adhäsionsverfahren können die Ansprüche theoretisch sich auf 1 Million Euro belaufen und können dennoch vor dem Amtsgericht (als Strafgericht) mitverhandelt werden. Ob es bei erheblichen Ansprüchen der Höhe nach sinnvoll ist, sich als Laie und noch dazu Opfer eine derartige Verhandlung zu begeben, lasse ich an dieser Stelle ausnahmsweise unkommentiert. Erwähnt werden muss noch, dass das Adhäsionsverfahren nur möglich ist, sofern der Anspruch nicht anderweitig gerichtlich anhängig ist. D.h., sollten Sie als Opfer den Täter bereits vor einem Zivilgericht in Anspruch nehmen und dann erfahren Sie von der Anklage gegen den Täter, ist das Adhäsionsverfahren nicht mehr möglich. Besser, nicht mehr sinnvoll. Denn die Klage vor dem Zivilgericht zurückzunehmen, um dann das Adhäsionsverfahren durchzuführen, hätte nachteilige Kostenfolgen für die Kläger.
Klage vor dem Zivilgericht
Die andere Möglichkeit ist natürlich, dass Angehörige und Vertragspartner des Beerdigungsunternehmers diesen vor dem Zivilgericht verklagen können. Hier kommen zumindest (teilweise) Rückerstattung von Kosten der Beerdigung und Schadenersatzansprüche in Betracht. Im konkreten Fall wäre hier m.E. der Vorteil, dass man sowohl das Beerdigungsunternehmen, als auch den Täter (also den angestellten Bestatter) zugleich in Anspruch nehmen kann.
Welche Möglichkeiten man wahrnimmt, ist immer eine Frage des Einzelfalles. Hier sollten Sie sich juristisch beraten lassen.
Vertragen Sie sich und alles Gute!
Ralf Beckmann
Das Beispielfoto wurde von Edward Howell auf Unsplash zur Verfügung gestellt. Mein Dank!
Schreibe einen Kommentar