Kategorie: Verwaltungsrecht

Asylrecht – Fragen Sie sich auch manchmal, warum so viele abgelehnte Asylbewerber bleiben dürfen?

Das Verwaltungsgericht Schleswig hat ein interessantes Urteil im Mai 2024 zum Asylrecht veröffentlicht; hier.

Ein Überblick und Kommentar zum Urteil.

Worum ging es genau?
Den subsidiären Schutz für einen staatenlosen Palästinenser aus dem Gazastreifen. Der Leitsatz des Urteils lautet dabei wie folgt:

„Leitsatz
1. Das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht hat das Bundesamt verpflichtet, dem Kläger den subsidiären Schutz nach § 4 Abs 1 S 2 Nr 3 AsylG (juris: AsylVfG 1992) zuzuerkennen. (Rn.28)
2. Das Gericht ist überzeugt, dass die gegenwärtige Lage im Gazastreifen die Schwelle des § 4 Abs 1 S 2 Nr 3 AsylG (juris: AsylVfG 1992) überschreitet. (Rn.35); § 4 AsylG hier.
3. Der Kläger kann sich nicht auf internen Schutz gemäß § 4 Abs 3 S 1, § 3e AsylG (juris: AsylVfG 1992) berufen. (Rn.38)

Die Frage, wer bleiben darf und wer nicht, wird nicht allein im deutschen Grundgesetz, sondern in der Ausgestaltung des Asylgesetzes geklärt und dieses wiederum beruft sich u.a. auf die „Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Neufassung)„; hier.

Mit der oben zitierten und im neuen Asylgesetz umgesetzten Richtlinie der EU hat man also die Grundlage geschaffen, um über die eigentlichen Asylgründe hinaus, beispielsweise politische Verfolgung, Gründe für ein Verbleiben in einem Mitgliedsstaat der EU zu schaffen. Dabei werden durchaus anerkennenswerte Ziele ausgesprochen, s. Abs. 2.):

Eine gemeinsame Asylpolitik einschließlich eines Gemeinsamen Europäischen Asylsystems ist wesentlicher Bestandteil des Ziels der Europäischen Union, schrittweise einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts aufzubauen, der allen offen steht, die wegen besonderer Umstände rechtmäßig in der Union um Schutz ersuchen.

Ja, wer wollte das nicht, eine Insel der Sicherheit und des Rechts? Eines aber scheint die EU und das hier zitierte Urteil des VG Schleswig aber zu verkennen. Es gibt offensichtlich keine Grenze, wie oft und wie lang man Schutz gewähren möchte. 300 Flüchtlinge pro Jahr für Luxemburg? Sicher keine Überforderung. 10.000 Schutzsuchende jährlich für Frankreich oder Deutschland? Auch das dürfte sicher kein Problem sein. Nur 100.000 oder 200.000 jährlich, ist das noch akzeptabel? Was ist mit den zwei oder gar zwanzig Millionen, die es nicht über das Mittelmeer schaffen? Aber das sind politische Fragen, die nicht durch die Gerichte zu klären sind. Und gleichwohl drängt sich der Eindruck auf, dass Richter eben auch politische Einstellungen in Ihre Entscheidung mit hineinfließen lassen. Dazu weiter unten.

Natürlich ist es Aufgabe unserer Rechtsprechung, Einzelfälle zu beurteilen. Aber, das Gericht vertritt nun einmal persönlich in Form eines Einzelrichters die Meinung, aus vielerlei Gründen sei subsidiärer Schutz zu gewähren. Während das Bundesamt für Migration eine andere Auffassung vertrat. Dass diese Auffassung nicht willkürlich in den Raum gestellt wurde, sondern auch dafür berechtigte Gründe vorlagen, davon darf man ausgehen.

Entscheidend ist aber, der vom Gericht dargestellte zeitliche Ablauf und damit m.E. auch persönliche, politische Gründe. Bis eine Entscheidung des Gerichts getroffen wurde, dauerte es ganze zwei Jahre. Dies ergibt sich aus dem Az. 15 A 193/22. Das Verfahren wurde also 2022 beim Verwaltungsgericht Schleswig eingeleitet. Zuvor hatte der Kläger ein sicher über Jahre andauerndes Asylverfahren bis hin zum Bundesamt durchlaufen. Es ist daher davon auszugehen, dass der Kläger mit Sicherheit bereits 2020 oder gar früher um Asyl ersucht hat. Warum ist das wichtig? Weil das Gericht nunmehr mit der aktuellen Lage im Gaza und der Militäroperation Israels argumentiert. Darüber wird zu reden sein, wenn jemand ohne Gründe für subsidiären Schutz flieht und ihm dann beim Urteil durch Zufall ein Krieg oder andere Gründe in die Hände spielen. Mit einer derartigen zeitlichen Argumentation durchbricht das Verwaltungsgericht m.E. anerkennenswerte Gründe für ein positives Urteil. Wo ist dann noch die Grenze zu ziehen, wenn künftige Gründe auch maßgeblich für ein Urteil sein sollen? Wäre das Urteil kurz nach dem Attentat der Hamas, aber vor dem Einmarsch der israelischen Armee gefällt worden, hätte das Gericht dann über den drohenden Einmarsch spekuliert oder die Klage abgewiesen? Man wird gespannt sein dürfen, ob das Urteil in der Form Bestand haben wird. Jedenfalls sendet es mit dem Zulassen neuer, bei Flucht überhaupt noch nicht vorhandener Gründe erneut ein fatales Signal in die Welt hinaus.

Bleiben Sie mir gewogen!

Ralf Beckmann
09.06.2024

Auch Polizeibeamte können persönlich für Unfallschäden haften

Wer hätte das gedacht? Blaulicht und Martinshorn geben dem das Einsatzfahrzeug fahrenden Polizeibeamten keinen Freibrief! Das Gegenteil ist der Fall, wie ein aktuelles Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin zeigt; hier.

Was war passiert? Der ein Einsatzfahrzeug fahrende Polizeibeamte war nach Auffassung des Gerichts „grob fahrlässig“ unterwegs, als er im Einsatz mit seinem Fahrzeug einen Unfall verursachte. Er wurde deshalb zum Ersatz des hälftigen Schadens „an seinem Fahrzeug verurteilt.“ Die Frage, ob der Unfallgegner vom Land für sein beschädigtes Fahrzeug Schadenersatz verlangen kann und wenn ja, in welcher Höhe, war hier nicht Gegenstand des Verfahrens. In dem hier erwähnten Verfahren ging es einzig darum, ob das Land als Dienstherr des Polizeibeamten von diesem Schadenersatz für sein beschädigtes Einsatzfahrzeug verlangen konnte. Dies hat das Gericht zur Hälfte bejaht.

Wie konnte es nun dazu kommen? Der Polizeibeamte war schließlich mit Martinshorn und Blaulicht unterwegs, und zwar zu einem laufenden Einbruch. Es half aber nichts. Mit der Klage wollte der Polizeibeamte seine vom Dienstherren (Land) festgestellte Schadenersatzpflicht loswerden. Vor Gericht hatten der Polizeibeamte und sein Dienstherr wie folgt argumentiert:
… wo ein „gegenwärtig stattfindender Einbruch“ gemeldet worden war. Es kam zu einer Kollision mit einem anderen Pkw, wodurch ein erheblicher Schaden entstand. Unmittelbar zuvor hatte das Polizeifahrzeug eine Geschwindigkeit von 92 km/h erreicht; trotz starker Bremsung war die Kollision mit einer Geschwindigkeit von 30 – 35 km/h nicht mehr zu vermeiden. Im Oktober 2020 zog der Polizeipräsident den Kläger zum Ersatz der Hälfte des am Einsatzfahrzeug entstandenen Schadens heran, weil er grob fahrlässig gegen seine dienstlichen Sorgfaltspflichten verstoßen habe. Mit der hiergegen gerichteten Klage machte der Kläger geltend, ihm sei nur einfache Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Es sei zudem besondere Eile geboten gewesen, weil anderenfalls die Einbrecher nicht mehr am Tatort anzutreffen gewesen wären.“
Das Verwaltungsgericht erklärte dem Polizeibeamten im Urteil:
Der Kläger habe die ihm aus der Straßenverkehrsordnung obliegenden Pflichten grob fahrlässig verletzt. Auch bei einer Inanspruchnahme von Sonderrechten (§ 35 StVO) dürften die Vorschriften über die zulässige Höchstgeschwindigkeit nur missachtet werden, wenn dies in einem angemessenen Verhältnis zur dadurch verursachten Gefährdung der öffentlichen Sicherheit stehe. Daran habe sich der Kläger nicht gehalten. Die konkreten Verhältnisse am Unfallort hätten von ihm größere Vorsicht und damit eine niedrigere Geschwindigkeit verlangt. Zudem habe der Einsatzzweck die Gefährdung Dritter nicht gerechtfertigt, da es nur um einen Einsatz im Zusammenhang mit einem gegenwärtigen Einbruch, nicht aber um eine akute Gefährdung von Personen gegangen sei.

Polizeibeamten sollten daher meine alte Juristenweisheit beachten:
„Wenn Vater Staat Geld will, kennt er keine Freunde.“ Deshalb sitzt so mancher Steuersünder „im Knast“, s. ehemals Ulli Hoeneß, und „richtige Schwerverbrecher“ kommen nochmal mit verhältnismäßig niedrigen Strafen davon. Die Aussicht auf Geld bringt Vater Staat meist ganz schnell in Schwung, wo andernfalls ruhige Gelassenheit herrscht.
Private Unfallbeteiligte sollten genau schauen, ob Sie bei Beteiligung von Einsatzfahrzeugen auf die Durchsetzung ihrer Rechte verzichten sollten. Oftmals sind die Chancen besser, als der Laie meint!
Außerdem lernen wir, wenn bei Ihnen eingebrochen wird, hat die Polizei sich nicht besonders zu beeilen. Schließlich geht es nur um Ihr Hab und Gut und nicht um Menschenleben. Eine derartige Argumentation, Sie ahnen es sicher schon, halte ich für eher fragwürdig. Sie sendet merkwürdige Signale an Einbrecher!

Bleiben Sie mir gewogen!

Ralf Beckmann

01.06.2024

Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Berlin vom 20.02.2024

Das Verwaltungsgericht teilt in seiner Pressmitteilung vom 20.02.2024 mit:

„Demonstration am 24. Februar 2024: Keine Projektion von Bildern und Videos auf Gebäudeteile der Botschaft der Russischen Föderation (Nr. 11/2024)“

Die vollständige Pressemitteilung finden Sie hier.

Für den 24.02.2024 wurde eine Demonstration vor der Botschaft der Russischen Föderation angemeldet und auch genehmigt. Untersagt wurde jedoch, Bilder und Videos im Rahmen der Demonstration auf Gebäudeteile der Botschaft zu projizieren. Nach dem Wiener Übereinkommen vom 18. April 1961 über diplomatische Beziehungen (WÜD) müsse verhindert werden, dass die Würde der Mission (Botschaft) beeinträchtigt wird. Das geschehe durch eine Projektion unerwünschter Inhalte auf Gebäudeteile der Botschaft. Insoweit müsse die Versammlungs- und Meinungsfreiheit zurückstehen. Zumal im Rahmen der Demonstration eine Projektion von geplanten Inhalten auf eine Leinwand möglich sei.

Ralf Beckmann

20.02.2024

Besuchsrecht für Tiereigentümer? Das Oberverwaltungsgericht Münster hat dieses Recht für Tierhalter nun bestätigt

Viele private Tierhalter sind sich nicht bewusst, welche weitreichenden Rechte das Veterinäramt hat, wenn es gegen sie ermittelt. Ein kürzlich veröffentlichter Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) hat nun eine interessante und praxisrelevante Regelung zum Besuchsrecht für Tierhalter geschaffen.
Hier können Sie die Entscheidung des OVG selbst nachlesen.

Was war passiert?
Der Beschluss erging in einem Fall, in dem gemeinsamen Tierhaltern die Haltung ihres Hundes untersagt wurde. Da gegen die Entscheidung der Behörde kein Rechtsmittel eingelegt wurde oder diese erfolglos blieben, war die Entscheidung rechtskräftig und die Tierhalter durften ihren Hund nicht mehr behalten. In solchen Fällen bieten die Hundegesetze der meisten Bundesländer den Behörden die Möglichkeit, den Hund einzuziehen und zu verwerten. Die Einziehung und Verwertung bedeutet letztendlich, dass der Halter sein Tier (irgendwann) verliert und es bis dahin auf Anordnung der Behörde in einem Tierheim zur Vermittlung untergebracht wird, da die Behörde in der Regel keine eigenen Unterbringungsmöglichkeiten hat.

Das OVG urteilte nun entgegen der Vorinstanz, dass der bisherige Halter bis zur tatsächlichen Verwertung Eigentümer des Tiers bleibt. Dadurch behält er seine Rechte und kann diese weiterhin ausüben, sofern sie ihm nicht durch behördliche Anordnungen entzogen wurden. Aus dem Eigentumsrecht ergibt sich damit auch das Besuchsrecht für den bisherigen Halter. Hinsichtlich des Umfangs des Besuchsrechts hat das OVG verfügt:
„… während der regelmäßigen Betriebsöffnungszeiten des Tierheims zwei Mal wöchentlich jeweils bis zu 30 Minuten zu besuchen….“

Empfehlungen für die Praxis als betroffener Halter und Eigentümer
Als betroffener Halter gibt es eine Vielzahl von Empfehlungen aus der anwaltlichen Praxis. Hier deshalb nur die wichtigsten Punkte:
Wenn sich das Veterinäramt mit der Tierhaltung befasst, beginnen die Maßnahmen oft mit der Sicherstellung der Tiere. Diese Sicherstellung ist jedoch noch nicht mit der Einziehung und Verwertung gleichzusetzen. Wird Ihnen als Halter das Tier durch Sicherstellung entzogen, sollten Sie zusammen mit einem Rechtsanwalt abwägen, wie Sie vorgehen möchten. Soll man für sein Tier kämpfen, um es zurückbekommen? Oder gibt es Gründe, die „Wegnahme“ (Sicherstellung) vielleicht sogar hinzunehmen? Im letzteren Fall wird oft geraten, das Eigentum am Tier gegenüber der Behörde aufzugeben. Dieser Rat macht Sinn, wenn man erkennt, dass man nicht erfolgreich gegen die Wegnahme/Sicherstellung des Tieres vorgehen kann, und um die Kosten der Unterbringung des oder der Tiere möglichst gering zu halten. Denn ohne die Eigentumsaufgabe kann die Behörde das Tier erst zur Vermittlung freigeben, wenn die Einziehung erfolgt ist. Die Einziehung ist ein weiterer Bescheid der Behörde, dessen Erlass oft Monate dauert. Diesen langwierigen Prozess kann man durch die Eigentumsaufgabe erheblich abkürzen. Andererseits wird es mit dem Besuchsrecht schwierig oder gar unmöglich, wenn der Halter aus den o.g. Gründen sein Eigentum aufgibt. Das sollte man beachten. Daher sollte man als Tierhalter, der sein Tier besuchen möchte, nicht leichtfertig und aus vermeintlichen Kostengründen sein Eigentum aufgeben. Auf der anderen Seite muss man bedenken, dass wer die Wegnahme oder die rechtliche Sicherstellung duldet und keine Rechtsmittel dagegen einlegt, zwar sein Tier bis zur Verwertung besuchen kann, dies aber mit erheblichen Kosten der Unterbringung im Tierheim verbunden ist. Denn bis zur Verwertung haftet der bisherige Halter auch für die Unterbringungskosten im Tierheim. Diese Kosten lassen sich letztendlich nur vermeiden, wenn man von Anfang an gegen die Maßnahmen der Behörde mit den entsprechenden Rechtsmitteln vorgeht.

Sie sollten an dieser Stelle wissen, dass die Art und der Umfang des Besuchsrechts durchaus strittig sein können. Aber der Beschluss des OVG NRW ist zumindest eine gute Richtschnur für ein Besuchsrecht, dass die Behörde wohl nun nicht mehr grundsätzlich infrage stellen kann. Daher können Sie sich auf das Urteil berufen und so die freiwillige Einräumung eines Besuchsrechts durch die Behörde erleichtern. Zumal im Beispielfall die Haltungsuntersagung bereits rechtskräftig war. Wurde Ihr Tier dagegen nur vorläufig durch Sicherstellung entzogen, sollte Ihre rechtliche Position ungleich besser sein.
Ansonsten gilt, nur die Gerichte helfen, wenn die Behörde ihr Besuchsrecht verweigert. Selbst Reden und Argumentieren führt meiner Erfahrung nach nur höchst selten zum Ziel. Denn die Materie sehr komplex und ich kann deshalb nur raten, einen mit diesem Rechtsgebiet versierten Rechtsanwalt zu betrauen.

Bleiben Sie mir gewogen und achten Sie auf Ihr Tier!

Ralf Beckmann


Ich danke Dmitry Serafin recht herzlich für das am Artikelanfang zu sehende Beispielfoto.  Weitere Fotos von Dmitry Serafin finden Sie auf Unsplash.

Bundesverfassungsgericht stoppt das „Heizungsgesetz“

Das Bundesverfassungsgericht teilt in einer Pressemitteilung vom 05.07.2023 mit – Zitat:

Erfolgreicher Eilantrag gegen die Gestaltung des Gesetzgebungsverfahrens zum Gebäudeenergiegesetz

Weiter heißt es in dem Beschluss vom 5. Juli 2023 – Az.: 2 BvE 4/23 – Zitat:

Mit Beschluss vom heutigen Tage hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts dem Deutschen Bundestag aufgegeben, die zweite und dritte Lesung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur „Änderung des Gebäudeenergiegesetzes und zur Änderung der Kehr- und Überprüfungsordnung“ (im Folgenden: Gebäudeenergiegesetz) nicht innerhalb der laufenden Sitzungswoche durchzuführen. Der Antragsteller, ein Mitglied der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, sieht sich durch das Gesetzgebungsverfahren in seinen Rechten als Mitglied des Deutschen Bundestages verletzt.“

Meinung

Das Rechtswesen funktioniert nicht immer. Aber zum Glück oftmals bei wichtigen, die gesamte Bevölkerung angehenden Fragen. Andererseits hätte ich mir diesen Mut auch von Abgeordneten, die nun laut klatschen, bei der einen oder anderen „Corona-Maßnahme“ gewünscht.

Bleiben Sie mir gewogen und vertragen Sie sich!

Ralf Beckmann

Kein Büro für Schröder – Bundeskanzler a.D. Gerhard Schröder verliert Klage wegen fehlendem Büro im Bundestag

Vorbemerkung
Das Verwaltungsgericht Berlin hat mit Urteil vom 04.05.2023 entschieden, dass die Klage des Altkanzlers Gerhard Schröder wegen des nicht mehr zur Verfügung gestellten „Kanzlerbüros“ in den Räumen des Bundestages abgewiesen wird.


Was war passiert?
Dem Altkanzler wurden auf Druck und dem politischen Unverständnis für seine Rolle in russischen Staatsunternehmen, Aufsichtsrat, angesichts des Angriffs-Krieges gegen die Ukraine seine Räume im Bundestag nebst Mitarbeitern entzogen. Dagegen wehrt sich der Altkanzler zurzeit mit der Klage vor dem Verwaltungsgericht.


Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin
Das Verwaltungsgericht hat es besonders kurz und knapp und vor allem schmerzlich, für Schröder und seine Anwälte gemacht. Die Bundesrepublik sei die falsche Beklagte, heißt es im Urteil. Dies, weil der Altkanzler die Räume von der SPD-Fraktion und nicht von der Bundesrepublik Deutschland erhalten habe. Ich mag mir als Jurist nicht vorstellen, dass es wirklich so einfach ist. Jedenfalls ist es eine richtige Ohrfeige für Schröder und seine Anwälte, wenn diese scheinbar juristisch zu dumm sind, um den oder die richtige Beklagte/n auszuwählen. Das ist eigentlich knapp vor einem Haftpflichtfall der beteiligten Rechtsanwälte. Ansonsten sei nach über 50 Jahren ständiger Praxis, so das Verwaltungsgericht, die Altkanzler mit einem Büro und Mitarbeitern auszustatten, noch kein Gewohnheitsrecht entstanden.


Meine Meinung
Nach 50 Jahren ständiger Übung ist noch kein Gewohnheitsrecht entstanden? Also, ehrlich, liebe Kollegen Richter am Verwaltungsgericht Berlin. Als Jurist fragt man sich dann, ja wie lang muss es denn so gehen? Also, alles spricht dafür, dass das Verwaltungsgericht die Sache kurz und knapp mit einem (politischen?) Urteil loswerden wollte, weil egal welche Entscheidung es getroffen hätte, also für oder gegen Schröder, die Verlierer machen ehedem weiter und dann soll sich ruhig am Ende der Kette das Bundesverwaltungsgericht, besser noch gleich das Bundesverfassungsgericht, mit einer derartig wichtigen Klage mit einem besonders wichtigen Anliegen eines Altkanzlers herumschlagen. Anders ist ein derartiges Urteil mit solchen Argumenten eigentlich nicht erklärbar.

Was mich jedoch am meisten überrascht, ist der Umstand, dass man knapp 18 Jahre nach dem Ende einer Kanzlerschaft noch „nachlaufende Tätigkeiten“ wahrnehmen kann oder muss, die das ständige Vorhalten teilweise hoher Regierungsbeamter aus dem Kanzleramt notwendig machen sollen. Wie habe ich mir das vorzustellen? Olaf Scholz will wissen, was Schröder sich 2003 zu einer bestimmten Entscheidung der Regierung „gedacht“ hat, findet durch Beamte des Kanzleramtes nichts dazu in alten Akten und stellt dann eine Anfrage bei Schröder über sein Büro? Der erinnert sich nicht „wie Scholz oftmals“ und lässt dann hochrangige Beamte dort suchen, wo zuvor schon die direkten Mitarbeiter von Scholz nichts gefunden haben? Und dann lässt er nach 3 Monaten vergeblicher Suche eine blumige Erklärung gegenüber dem derzeitigen Kanzler von seinen Mitarbeitern entwerfen, korrigieren und dann nach Unterschrift im Kanzleramt abgeben, im Sinne von „leider nichts gefunden“? Oder, ein ehemaliger Präsident von Frankreich erinnert sich an schöne Zeiten, als beide noch Regierungschefs waren und möchte den Altkanzler als Altpräsident nach Frankreich einladen? Das geht natürlich nur von Büro zu Büro und Mitarbeiter müssen wechselseitig Termine abstimmen, weil die Alt-Regierungschefs zu solch einem Zweck niemals persönlich ein Telefon in die Hand nehmen würden?
Wurde eigentlich jemals zur Rechtfertigung gegenüber dem Steuerzahler veröffentlicht, in welchem Umfang die abgestellten Mitarbeiter eines solchen Kanzlerbüros tatsächlich arbeiten mussten? Mir kann man erzählen, dass ein oder zwei Jahre nach Ende der Kanzlerschaft noch die eine oder andere Tätigkeit anfällt. Aber rechtfertigt dies eine 40-Stunden-Woche für 4 Mitarbeiter? Sorry, aber 16 Jahre nach dem Ende einer Kanzlerschaft kann da wohl kaum noch etwas sein, oder? Wenn ja, mag man es mir gern erklären! Bleiben Sie mir gewogen und vertragen Sie sich 😉

Ihr Ralf Beckmann

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Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 04.05.2023, Az. 2 K 238/22

Führerscheinentzug für Parkverstoß? Ja, geht denn das?

Im Oktober 2022 hat das Verwaltungsgericht Berlin entschieden, dass 159 Parkverstöße in einem Jahr ausreichen, um die Fahrerlaubnis zu entziehen.

Was war passiert? Insgesamt hatte der Betroffene 174 Verkehrsordnungswidrigkeitsverfahren gegen sich laufen, 159 Parkverstöße und 15 Geschwindigkeitsüberschreitungen. Die Verstöße wurden mit drei auf den Betroffenen zugelassenen Fahrzeugen begangen.

Er wandte ein, dass er nicht wisse, wer mit den drei Fahrzeugen jeweils gefahren sei und die Vorwürfe jeweils akzeptiert zu haben, um der Verkehrsbehörde keine Arbeit zu machen. Zudem sei er beruflich auf eine Fahrerlaubnis angewiesen.

Die Behörde hatte ihn angehört, die Argumente verworfen und ihm die Fahrerlaubnis ohne vorherige Anordnung einer Fahrtenbuchauflage entzogen. Das Verwaltungsgericht Berlin hat diese Entscheidung mit ihrem Urteil vom 28.10.2022 – Az. VG 4 K 456/21 – bestätigt.

Richtig Parken – 159 Parkverstöße führen zum Entzug der Fahrerlaubnis – Führerschein

Zu Recht? Wie ich meine, ja. Denn das Gericht führt zutreffend aus, dass zwar unbedeutende Bagatellverstöße an sich nicht ausreichen, um eine Fahrerlaubnis zu entziehen. Die Menge der Verstöße innerhalb eines Jahres sei aber so erheblich, dass sich darin charakterliche Mängel zeigten, die den Betroffenen als ungeeigneten Verkehrsteilnehmer auswiesen. Dies gelte auch, wenn er teilweise die Verstöße gar nicht selbst begangen habe. Denn wer zulässt, dass Dritte mit seinem Fahrzeug wiederholt Verstöße begingen und dies nicht unterbinde, zeige ebenso charakterliche Mängel.

Ich lehne mich hier einmal weit aus dem Fenster und sage, richtig so! Gerade wer viel beruflich mit dem Fahrzeug unterwegs ist, sollte besonders umsichtig und versiert fahren. Und seien wir einmal ehrlich. Wer beispielsweise 50.000 km pro Jahr beruflich mit dem PKW fährt, kann natürlich einmal, zweimal oder auch fünfmal Pech haben, bei einer relativ unbedeutenden Geschwindigkeitsübertretung oder einem Parkverstoß ertappt zu werden. Aber bitte, 174 Verstöße in einem Jahr? Das ist kein Pech, sondern ein deutliches Anzeichen für Vorsatz! Ein PKW-Fahrer fährt fahrlässig zu schnell, wenn er vergessen hat, den Tacho zu beobachten. Wer aber bewusst zu schnell fährt, und sich sagt, lieber 70 als die erlaubten 50 km/h, um schneller zum nächsten Termin zu kommen oder eben bewusst im eingeschränkten Halteverbot parkt, weil er lieber 10 oder 20 Euro bezahlt, als 10 Minuten vom nächsten Parkhaus aus zum Termin zu gehen, der begeht die Verstöße mit Vorsatz und dieser bedingte Vorsatz zeigt dann eben auch die charakterlichen Mängel auf. Denn seine persönlichen Belange, direkt vor dem Haus des Kunden parken, obwohl dort das Parken nicht erlaubt ist, sind ihm offensichtlich wichtiger. Oder kann man das auch anders sehen?

Und was lernen wir daraus? Okay, wer viel unterwegs ist, der kann „Pech“ haben und sammelt 10 „Knöllchen“ im  Jahr. Aber ab 20 Knöllchen, so mein Rat, sollte man an seinem Verhalten arbeiten und nur noch unter dem Radar fliegen. Auch das regelmäßige Wiederholen von 10 bis 15 OWiG-Verfahren pro Jahr kann eine Gefahr für die Fahrerlaubnis darstellen. Das alles hat nichts mit persönlichem Geschmack zu tun, sondern ist gängige Praxis in den deutschen Behörden.

Bleiben Sie mir gewogen und vertragen Sie sich 😉

Ihr Ralf Beckmann

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