Kategorie: Rechtsschutz

Ihre Rechtsschutzversicherung – Kostenlose anwaltliche Erstberatung trotz Selbstbehalt und Alternativen durch Beratung der Rechtsschutzversicherung

Dieser Artikel soll einen Aspekt der Rechtsschutzversicherung beleuchten, den viele Ratsuchende, aber auch Rechtsanwälte oftmals übersehen. Die anwaltliche Erstberatung und deren Kosten.

Dazu muss man zunächst wissen, was ist eigentlich eine Erstberatung? Darunter versteht man, dass Sie einmalig einen Rechtsanwalt oder Rechtsanwältin aufsuchen, Ihr Problem schildern und der Rechtsanwalt Ihnen mündlich einen Rat erteilt oder Ihre Fragen beantwortet.
Eine Erstberatung bietet sich vor allem dann an, wenn Sie noch unsicher sind, ob Sie überhaupt rechtlich etwas gegen den oder die Gegner/in unternehmen wollen oder können. Der anwaltliche Rat gibt Ihnen eine Einschätzung, wie es tatsächlich um die Rechtslage bestellt ist und wie gegebenenfalls Ihre Erfolgsaussichten sind.
Ein derartiges Erstberatungsgespräch, das gegebenenfalls auch per Telefonat oder Videochat geführt werden kann, kostet maximal € 226,10 (inkl. Umsatzsteuer), sofern Sie als Verbraucher dieses Gespräch führen. Die exakten Kosten sollten Sie am besten vor oder bei Beginn des Gesprächs erfragen.

Eine nachträgliche, schriftliche Ausformulierung gibt es nach einer oben geschilderten Erstberatung nicht. Es gibt auch keinen zweiten Termin oder telefonischen Nachfrage. Wenn Sie es lieber schriftlich mögen, müssen Sie den/die Rechtsanwalt/Rechtsanwältin gleich um ein Gutachten bitten. Die Kosten dafür liegen bei max. 250 EUR /netto = 297,50 inkl. Umsatzsteuer, wenn Sie Verbraucher sind; § 34 Abs. 1 RVG.

Was hat dies aber alles mit Ihrer Rechtsschutzversicherung zu tun? Sie sind versichert, beispielsweise mit einem Familienrechtsschutz, haben aber eine sog. Selbstbeteiligung (manchmal auch Selbstbehalt genannt) von 150, 200 oder gar 350 EUR (je Rechtsschutzfall) vereinbart? Dann kann man natürlich auf die Idee kommen, dass sich die Erstberatung beim Rechtsanwalt „nicht lohnt“, weil man ehedem alles oder einen großen Teil der Kosten selbst entrichten muss.

Deshalb kommt hier Hilfe für Sie! Einige Rechtsschutzversicherer bieten an, diese Kosten vollständig zu übernehmen! Sie müssen also keine Zuzahlung zur Gebührenrechnung Ihres Rechtsanwalts leisten, obwohl Sie einen „Selbstbehalt je Rechtsschutzfall“ von 250 Euro vereinbart haben. Allerdings gibt es häufig die „Einschränkung“, dass diese Kosten nur dann übernommen werden, wenn die Sache mit der Erstberatung erledigt wird.
Was bedeutet dies für Sie?
Sie haben Streit mit einem Ex-Freund. Dieser will die ihm überlassenen 2.500 Euro nicht zurückzahlen, die Sie ihm in einem Anfall von Mitleid geliehen haben. Sie erkundigen sich bei einer Rechtsanwältin nach der Rechtslage. Diese erteilt den Rat im Rahmen der Erstberatung, dass Sie einen Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens haben. Leider haben sie das Geld aber ohne Zeugen und ohne einen schriftlichen Darlehensvertrag verliehen. Deshalb werden Sie voraussichtlich in einem Prozess in Beweisnot geraten. Sie verzichten daher auf eine Klage gegen den Ex-Freund. Dann ist die Sache mit der Erstberatung erledigt; Ihre Rechtsschutzversicherung übernimmt gegebenenfalls die Kosten vollständig und das war es.
Die andere Möglichkeit ist, dass Sie trotz der Beweisschwierigkeiten Ihren Anwalt im Rahmen der Beratung beauftragen, für Sie gegen den Ex-Freund tätig zu werden. Dann ist die Sache nicht erledigt und die Versicherung zahlt nicht für die Erstberatung, sofern die Einschränkung „Erledigung der Sache durch die Beratung“ besteht. Das ist aber nicht wirklich von Nachteil für Sie. Denn die Gebühren für die Erstberatung sind auf die weiteren Gebühren für die Tätigkeit des Rechtsanwalts anzurechnen, § 34 Abs. 2 RVG.
(Mögliche Ausnahme: Der Rechtsanwalt hat mit Ihnen im Rahmen einer schriftlichen Honorarvereinbarung den Ausschluss des § 34 Abs. 2 RVG vereinbart). Im Normalfall zahlen Sie dann also rechnerisch nichts für die Erstberatung, sofern Sie nach der Beratung einen Auftrag erteilen. Dann aber ist es aber wirtschaftlich nicht anders, als hätten Sie den Rechtsanwalt gleich mit der Tätigkeit gegen den zahlungsunwilligen Darlehensnehmer beauftragt. Der mit Ihrer Rechtsschutzversicherung vereinbarte Selbstbehalt wird einmalig angerechnet. Die vorhergehende Erstberatung war „kostenlos.“

Welche Versicherer eine derartige, manchmal auch eingeschränkte Leistung für eine Erstberatung oder sonstige Beratungen bieten, liste ich am Ende des Artikels auf. Die dortigen Hinweise sind bestmöglich bei den Versicherern recherchiert. Die Liste der dort genannten Versicherer wird fortlaufend erweitert. Dennoch kann ich naturgemäß keine Gewähr für die Vollständig- und Richtigkeit übernehmen. Hinweisen möchte ich auch noch darauf, dass dies keine verdeckte Werbung ist. Ich erhalte von den genannten Versicherern weder eine Provision, noch sonstige Vergünstigungen. Auch bedeutet die fehlende Auflistung Ihres Versicherers nicht, dass er keine kostenlose Erstberatung oder ähnliche Leistungen anbietet. Man hat sich nur nicht bei mir gemeldet.

So, nun soll es losgehen:

  1. DMB Rechtsschutz – Internet: http://www.dmb-rechtsschutz.de

    Verzicht auf Selbstbeteiligung, wenn Rechtsschutzfall durch Erstberatung erledigt ist
    Bei einigen Produkten verzichtet die DMB auf die Anrechnung einer vertraglich vereinbarten Selbstbeteiligung, wenn der Rechtsschutzfall durch eine Erstberatung erledigt worden ist. Dann werden die Kosten bis zu 250 Euro zzgl. Mehrwertsteuer übernommen.
    Dies gilt für folgende Produkte: EXPERT, PRESTIGE, YOLIG, Schnell & Sicher sowie für die Online-Produkte SECUROplus und SECUROpremium. Dies gilt nicht bei den Produkten Standard sowie bei dem Online-Produkt SECURO.
    Zusätzlich gibt es die DMB RECHT-Hotline. Diese Serviceleistung bietet die einfache und schnelle Rechtsberatung am Telefon durch unabhängige Rechtsanwälte, sofort und ohne weitere Kosten, in allen Rechtsgebieten und bei allen rechtlichen Fragen. Ohne Anrechnung einer Selbstbeteiligung und ohne Anrechnung als Schadenfall. Die DMB RECHT-Hotline können alle Versicherungsnehmer und alle mitversicherten Personen nutzen.

  2. ÖRAG Rechtsschutz – Internet: Rechtsschutzversicherung (oerag.de)

    „Die ÖRAG Rechtsschutzversicherungs-Aktiengesellschaft ist der gemeinsame Partner für Rechtsschutzversicherungen der Gruppe öffentlicher Versicherer und der Sparkassen-Finanzgruppe. Den Vertrieb der Produkte übernehmen die Vertriebspartner der Versicherungsunternehmen und die Sparkassen.“

    Die ÖRAG verfährt bei Rechtsschutzfällen im Zusammenhang mit einer anwaltlichen Erstberatung laut Auskunft der Pressestelle wie folgt:
    „Die ÖRAG verzichtet auf die vereinbarte Selbstbeteiligung bei Rechtsschutzfällen, die mit einer Beratung oder Mediation erledigt sind (§
    5 III b) ARB). Diese Regelung gilt seit Tarif 2004 für alle Produkte.“

  3. wird fortlaufend erweitert …

Das obige Beispiel-Foto stammt mit freundlicher Genehmigung von Sasun Bughdaryan auf Unsplash.

Rechtsschutzversicherung – Was bedeutet: Wir übernehmen die Kosten, die dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens entsprechen?

Vorbemerkung
Wenn man den Versicherungen Glauben schenken darf, ist die Rechtsschutzversicherung ein äußerst nützliches Produkt, ja ein wahrer Segen. Allerdings gibt es immer Einschränkungen und einige Dinge sind zu beachten. Das bedeutet nicht, dass eine Rechtsschutzversicherung nicht hilfreich ist, meiner Meinung nach ganz im Gegenteil. Man sollte jedoch wissen, was man kauft. Aus diesem Grund habe ich die neue Kategorie „Rechtsschutz“ erstellt. Hier erkläre ich, was Ihnen eine Rechtsschutzversicherung bietet, worauf Sie achten sollten und was Sie für Ihr Geld erwarten können.

Die kurioseste und manchmal für Juristen sogar unverständlichste Klausel einer jeden Rechtsschutzversicherung
Stellen Sie sich vor, Sie befinden sich in einem Rechtsstreit und Ihr Anwalt gibt Ihnen ein Schreiben Ihrer Rechtsschutzversicherung zur Kenntnis, in dem Ihnen und dem Anwalt die sogenannte Deckungszusage erteilt wird. Dort steht häufig: „Bei einer gütlichen Einigung der Angelegenheit übernehmen wir die Kosten, die dem Verhältnis des von der Versicherungsnehmerin/dem Versicherungsnehmer angestrebten Ergebnisses zum erzielten Ergebnis entsprechen, es sei denn, dass eine hiervon abweichende Kostenverteilung gesetzlich vorgeschrieben ist.“

Sie fragen sich berechtigt, was Ihnen damit eigentlich mitgeteilt werden soll.
Ich sage es mal so: Ihre Rechtsschutzversicherung möchte nicht die ganze Zeche zahlen, obwohl sie nur einen Bruchteil bekommen.

Ich erkläre es anhand eines Beispiels:
Angenommen, Sie fordern 1.000 Euro in einem Rechtsstreit. Sie einigen sich vor Gericht mit dem Beklagten auf einen Betrag von 500 Euro, also genau die Hälfte. Das bedeutet, dass Sie zu 50% obsiegt haben und zu 50% unterlegen waren. In diesem Fall sollte die Kostenvereinbarung so getroffen werden, dass beide Parteien die gesamten Kosten des Rechtsstreits inklusive des Vergleichs zu je 50% tragen. Dies entspricht in der Regel der Praxis bei Vergleichsverhandlungen. Ihre Rechtsschutzversicherung erwartet daher von Ihnen, dass Sie sich in Bezug auf die Kosten entsprechend verhalten. Die Kostenregelung soll das prozentuale Verhältnis widerspiegeln, das Sie in Bezug auf die Hauptsache (Ihre ursprüngliche Forderung von 1.000 Euro) vereinbart haben. Wenn Sie 1.000 Euro fordern und gemäß Vergleich 300 Euro erhalten, beträgt Ihr Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen 30/70. In diesem Fall müssen Sie 70% der Kosten tragen und im Vergleich vereinbaren. Bekommen Sie 700 von den ursprünglich geforderten 1.000 Euro, ist Ihre Quote 70/30 und sie sollten auch nur 30% der Kosten tragen.  Wenn Sie das dann so im Vergleich vereinbaren, wird Ihre Rechtsschutzversicherung auch die so vereinbarten Kosten bezahlen.

Aber warum will Ihre Rechtsschutzversicherung, dass die Kosten der Hauptsache folgen?
Vorweg: der Ausdruck „dass die Kosten der Hauptsache folgen“ ist nur eine andere Ausdrucksweise für „Die Kosten des Vergleichs müssen dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens entsprechen.“

Auch hierzu ein Beispiel:
Sie könnten die folgende Situation zu Ihrem Vorteil genutzt haben. Die Richterin schlägt in der Güteverhandlung vor, dass Sie von den eingeklagten 1.000 Euro nur 300 Euro erhalten sollen. Dementsprechend verlieren Sie zu 70% und gewinnen zu 30%. Nun kommen Sie auf die Idee, diese Ihnen persönlich zustehende Summe zu erhöhen, ohne dass die Gegenseite insgesamt mehr zahlen muss. Sie erhöhen deshalb den an Sie zu zahlenden Betrag von 300 Euro auf 500 Euro und vereinbaren gleichzeitig, dass Ihre zusätzlichen 200 Euro durch einen erhöhten Anteil an den Kosten ausgeglichen werden. Sie bieten der Gegenseite folglich an, dass Sie statt 300 nunmehr 500 Euro erhalten. Dafür übernehmen Sie jedoch 80% der Kosten, statt wie üblich 50%. Das Verhältnis der Kosten entspricht jetzt nicht mehr dem Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen. Dabei haben Sie natürlich im Hinterkopf, dass die Kosten nicht von Ihnen getragen werden müssen, sondern von Ihrer Rechtsschutzversicherung. Das könnte ziemlich clever sein, oder?

Mit der oben genannten Klausel hindert Ihre Rechtsschutzversicherung Sie jedoch daran, mehr zulasten Ihrer Versicherung zu gewinnen, was wiederum dazu führt, dass Ihre Versicherung mehr Kosten tragen müsste.

Sie können folglich jeden denkbaren Vergleich schließen, ohne Ihre Rechtsschutzversicherung „um Erlaubnis fragen zu müssen.“ Die Kostenregelung muss dabei nur dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens folgen oder entsprechen.

Bleiben Sie informiert.


Ralf Beckmann

Das obige Beispiel-Foto stammt mit freundlicher Genehmigung von Sasun Bughdaryan auf Unsplash.

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