Kategorie: Kaufen, Reisen & Co für Verbraucher (Seite 1 von 5)

Alles, was der Verbraucher so im Alltag erlebt, kaufen, reisen, Ferienwohnung mieten, Auto vom Nachbarn leihen usw.

Recht haben und Recht bekommen, sind das wirklich zwei verschiedene Paar Schuhe?

Diesen Satz, der hier die Überschrift bildet, habe ich so oder so ähnlich schon tausendmal gehört. Aber stimmt das? Sind das wirklich zwei verschiedene Dinge? Meist hört man diesen Satz von Menschen, die mit dem Recht, besser, mit der Rechtsprechung schon einmal schlechte Erfahrungen gemacht haben. Aber hat da wirklich das System versagt in dem Sinne, dass es Ihnen hätte helfen müssen, es aber einfach nicht getan hat? Ich glaube nein. Überwiegend liegt es an fehlenden Beweisen, und das verstehen viele Menschen nicht. Deshalb heute dieser Artikel, der sich um die Beweise dreht.

Angeregt zu diesem Artikel hat mich das Urteil des Oberlandesgerichts Oldenburg (Urteil. v. 07.02.2024, Az.: 5 U 33/23). Darin geht es um die sog. Beweislastumkehr. Ein Patient wurde verspätet richtig behandelt und nun musste nach dem Willen der OLG-Richter der Behandler (Arzt) beweisen, dass sein Fehler nicht ursächlich für den Schaden des Patienten war. Eine ähnliche Problematik tritt auch bei sog. Impfschäden, hauptsächlich in der Corona-Krise, auf. Der Patient sagt, ich war kerngesund und nach der Impfung bin ich plötzlich dauerhaft krank, behindert oder eingeschränkt. Dann wird schnell das Schwert des angeblich fehlenden Ursachenzusammenhangs mit der Impfung gezogen. Damit wir diese verstehen, müssen wir aber zunächst einmal die Regeln der Beweise und der Beweislast kennen.

Die Möglichkeiten der Beweisführung

Für Beweise und diese zu führen, gibt es im Zivilprozessrecht feste Regeln. Die Regel lautet »SAPUZ«. »SAPUZ« ist nichts weiter als die fünf Arten der Beweisführung. Entweder ein Sachverständiger „S“ kann Ihren Vortrag bestätigen, oder der richterliche Augenschein „A“. „P“ bedeutet Parteivernehmung (also Sie selbst werden zu Ihrer eigenen Behauptung vom Gericht vernommen). „U“ steht für den sog. Urkundenbeweis. Das ist nebenbei bemerkt das sicherste Beweismittel in einem Zivilprozess. „Z“ steht für den Zeugenbeweis, was m. E. das unsicherste Beweismittel im Verfahren ist. Mehr Möglichkeiten haben Sie nicht.

In diesem Zusammenhang noch ein Tipp: Heutzutage hat jeder ein Smartphone in der Tasche. Natürlich ist es verboten, heimlich das gesprochene Wort aufzunehmen. Das ist sogar strafbar. Aber, wenn sie Ihren Freund Volker 500 EUR leihen, wieso nicht eine Tonaufnahme oder ein kurzes Video, in dem sich Volker zunächst mit der Aufzeichnung einverstanden erklärt und dann kurz bestätigt, ja, heute am 05.03.2021 hat mir G soeben 500 EUR geliehen? Dann stehen Sie später vor Gericht nicht ohne Beweismittel da! Und wenn Sie nun fragen, wie passt das Video mit Volkers Geständnis in die Reihe der Beweismittel »SAPUZ«? Ganz einfach, richterlicher Augenschein (=A), indem Sie dem Richter das Video vorspielen! Wenn Volker dann gleich am Anfang des Videos erklärt, dass er mit der Aufzeichnung als Video inkl. Ton einverstanden ist, wird kein Richter ein Problem mit einem derartigen Video und dem Ansehen desselben im Rahmen des richterlichen Augenscheins haben. Wenn Sie dagegen ein heimlich mitgeschnittenes Gespräch oder Telefonat präsentieren, wundern Sie sich bitte nicht, wenn es niemand hören will.

Die Beweislast im Zivilprozess

Die erste und einfachste Regel im Zivilprozess ist, dass jede Partei, also egal ob Kläger oder Beklagter, die ihm günstigen und von ihm behaupteten Tatsachen im Zweifel auch beweisen muss. Man muss also zunächst wissen oder klären, wer muss eigentlich etwas beweisen. Sie verklagen Ihren besten Ex-Freund Volker, weil dieser die ihm geliehenen 500 EUR nicht zurückzahlt? Dann sind Sie und Volker Kläger und Beklagter in einem Zivilprozess. Wenn Sie in diesem Verfahren vortragen (= behaupten), dass Sie Volker am 5. März 2021 500 EUR geliehen haben, er diesen den Betrag binnen 1 Woche zurückzahlen sollte, dies aber nicht getan hat, dann ordnen Juristen ein derartiges Vorbringen rechtlich als Darlehensvertrag ein. Wenn Volker nun behauptet, dass das niemals passiert sei? Dann müssen Sie Ihre Behauptungen beweisen. Damit haben Sie die sog. Beweislast. Nicht Volker muss beweisen, dass er kein Geld bekommen hat, sondern Sie müssen den Abschluss des Darlehensvertrags inkl. der Geldübergabe an Volker beweisen. Weil sowohl die Behauptung, einen Darlehensvertrag geschlossen zu haben, als auch die Übergabe des Darlehensbetrags (500 EUR), sind Tatsachen, die Sie behaupten und für Sie günstig sind. Denn wenn Sie diese Tatsachen beweisen, werden Sie den Prozess gewinnen. Folglich tragen Sie für diese Tatsachen die Beweislast.

Die Umkehr der Beweislast

Oben habe ich erläutert, dass die Grundregel zur Beweiserhebung ist, dass derjenige, dem seine Behauptung günstig ist, diese Behauptung auch beweisen muss. Wie zu jeder Regel gibt es Ausnahmen. In diesem Fall jedoch eine eher seltene Ausnahme. Dabei handelt es sich um die Umkehr der Beweislast. Für die seltene Ausnahme hatte ich oben das Urteil des Oberlandesgerichts Oldenburg angeführt. Damit Sie überhaupt ein Gefühl für die seltene Anwendung dieser Ausnahme bekommen: Stellen Sie sich einfach 10 Fälle vor, bei denen Sie von der Anwendung der Umkehr der Beweislast ausgehen. Bestenfalls in einem Fall wird es tatsächlich so sein. Warum ist das so? Die Regel besagt ja, dass in unserem Beispielfall der Kläger beweisen muss, dass er seinem Ex-Freund Volker ein Darlehen und in Erfüllung dessen 500 EUR gegeben hat. Von dieser Regel kann das Gericht nicht abweichen, wenn Sie argumentieren, dass Sie mit Volker in einer Ihnen beiden zuvor völlig unbekannten Gaststätte waren. Volker habe dann gemerkt, dass er seine Geldbörse zu Hause vergessen hat. Wem also sonst, als Volker, sollen Sie 500 EUR gegeben haben? Menschen, die ansonsten in der Gaststätte waren und die weder Sie noch Volker kannten? Ein derartiges Verhalten wäre unsinnig, oder?
So in etwa denken die meisten juristische Laien. Der Richter muss aber, wenn Volker den Erhalt von 500 EUR bestreitet, auch von anderen möglichen Varianten ausgehen. Sie könnten etwa lügen oder die 500 EUR verloren haben. Oder sie sind Ihnen gestohlen worden und deshalb schieben Sie Volker die Sache in die Schuhe. Die Frage, welche andere Möglichkeit noch besteht, stellt sich für das Gericht aber nicht. Der Richter unterstellt Ihnen also nicht stillschweigend eine Lüge. Das Gericht stellt schlicht fest, dass die Übergabe von 500 EUR nicht die einzige Möglichkeit war, wie Sie Ihr Geld „verloren“ haben könnten. Es gibt andere Möglichkeiten und damit sind Sie raus, wie man so schön sagt. Aber weshalb hier nicht die Umkehr der Beweislast? Ganz einfach. Sie können nicht einmal beweisen, dass Ihnen wirklich alle anderen Besucher der Gaststätte unbekannt waren. Sie können genau genommen auch nicht beweisen, dass Ihnen 500 EUR fehlen. Erst wenn das feststeht, könnte man ja einen Schritt weiter denken und sich Ihrer Logik der Unsinnigkeit des Verteilens des Geldes an fremde Menschen zuwenden. Das Beispiel der Unsinnigkeit des Verteilens von Geld an einen fremden Menschen zeigt aber eines auf. Für das Gericht muss sich die Wahrscheinlichkeit, dass eine Tatsche so ist, wie Sie es vortragen, so wahrscheinlich zeigen, dass es üblicherweise keine andere Erklärung als die Ihrer Behauptung gibt. Hier gibt es aber zahlreiche andere Möglichkeiten. Ihre Möglichkeit muss so sicher sein, dass bei vernünftiger Betrachtung keine andere Möglichkeit bleibt. Und zwar objektiv und nicht, weil Sie sich das für den Gewinn Ihres Prozesses wünschen.
Jeder weiß, echten Zauber gibt es nicht. Warum sind dennoch alle perplex, wenn plötzlich der riesige und schwere Elefant nicht mehr auf der Bühne steht? Weil man die fehlende Existenz von Zauber in dem Moment vergisst. Am Ende des Tages muss der Richter nur konstatieren, es gibt keinen Zauber. Das ist wissenschaftlich belegt. Warum es nun den Anschein hat, der Elefant sei von der Bühne herunter, ist unwichtig. Vielleicht war nie ein Elefant auf der Bühne, vielleicht war er noch da, als alle dachten, er sei weg. Erst wenn jegliche Logik gebietet, dass es eigentlich nur noch eine Variante als Lösung gibt, nämlich diejenige, die Sie dem Gericht präsentieren, dann kann es zur Umkehr der Beweislast kommen. Dann müsste eben Volker als Beklagter beweisen, dass er das Geld nicht bekommen hat. Oder im Beispielurteil des OLG Oldenburg eben der fehlerhaft arbeitende Arzt, dass sein Fehler nicht ursächlich für den Schaden am Patienten war.

Am Ende ist entscheidend, dass es aus vernünftiger, objektiver Sicht geradezu zwingend ist, dass eine Ursache oder eine Tatsache so ist, wie Sie es vorgetragen haben, und keine andere Möglichkeit in Betracht kommt.

Resumee

Sie sollten die Beweislastregel, wie oben erläutert, beachten und sicherstellen, dass Beweise »SAPUZ« für Sie vorhanden sind. Bauen Sie nicht zu sehr auf die Anwendung der Umkehr der Beweislast. Das passiert relativ selten in Prozessen. Verlassen Sie sich nicht zu sehr auf Zeugen. Diese sind m. E. das schlechteste Beweismittel. Besser etwas auf die Rückseite eines Kassenzettels gekritzelt (ja, das kann eine Urkunde sein), als auf das schlechte Gedächtnis eines Zeugen zu setzen.
Und zum Schluss, wenn Sie wenig oder gar keine Beweise haben, holen Sie sich fundierten, juristischen Rat. Sorry, den finden Sie nicht auf einer Party beim Sohn des Nachbarn, der im zweiten Semester Jura studiert. Je weniger Sie in der Hand haben, desto eher ist ein gewitzter und erfahrener Anwalt notwendig. Von der Frage, ob ich etwas auch im Zweifel beweisen kann, hängt meistens der Ausgang eines Prozesses ab. Nicht, ob der Richter Ihnen das Darlehen für Volker glaubt. Ein Richter kann Ihnen im Zivilprozess noch so sehr glauben und die Ahnung haben, dass Volker dreist lügt. Wenn Sie den Abschluss des Darlehens nicht beweisen können, wird er die Klage abweisen und Sie haben verloren. Das liegt dann aber ausschließlich an Ihrer Gutmütigkeit bei der Hingabe des Darlehens und nicht an unserem Rechtssystem. Deshalb, wenn recht haben und recht bekommen auseinanderklaffen, haben Sie vorher einen Fehler gemacht. Es gibt eine alte Juristenregel. Wer bürgt, muss zahlen. Beim Beispiel mit Volker sollte man sagen, wer ohne Beweise Geld verleiht, kann es auch gleich verschenken.

Bleiben Sie mir gewogen!

Ralf Beckmann

Den RICHTIGEN Rechtsanwalt finden, wie mache ich das?

Viele Ratsuchende stehen vor einem Problem. Rechtsanwälte (damit sind natürlich auch Kolleginnen gemeint) gibt es insbesondere in den großen, deutschen Städten ausreichend. Aber wen nehme ich, wenn ich bislang noch nie zuvor einen Rechtsanwalt benötigt habe?

Spezialist oder Allrounder?

Zunächst einmal empfehle ich zu überlegen, ob ich wirklich ein ganz besonderes Problem habe, für das ich einen hoch spezialisierten Rechtsanwalt benötige. Mein Eindruck ist nämlich, dass viele Mandanten ihr Problem (rechtlich) überschätzen und deshalb unnötig den Spezialisten suchen. Sie haben beim Discounter etwas gekauft und möchten umtauschen und/oder reklamieren? Da benötigen Sie in aller Regel nicht den Rechtsanwalt, der hoch spezialisiert ist. Derartige Dinge gehören zum kleinen Einmaleins eines jeden Rechtsanwalts und sollten auch einen durchschnittlich guten Rechtsanwalt nicht überfordern. Sie engagieren sicher nicht „Vincent van Gogh“ oder „Michelangelo“, um die mit Raufaser beklebte Wohnzimmerwand neu zu streichen, oder? Deshalb rate ich bei Alltagsproblemen dazu, eher den in der Nähe befindlichen Rechtsanwalt zu suchen und nicht die Top-Kanzlei in 200 Kilometern Entfernung. Wenn dann noch hinzukommt, dass der Wert der Dinge, um die es rechtlich geht, überschaubar ist, gilt das zuvor Gesagte umso mehr. Und ja, ein Streitwert von 2.000 EUR ist für einen zu beauftragenden Rechtsanwalt ein finanziell überschaubarer Fall. Entfernung zum Rechtsanwalt und zum Gegner kosten Geld. So einfach ist das. Was Ihr Rechtsanwalt nach der anwaltlichen Gebührenordnung (nunmehr Rechtsanwaltsvergütungsgesetz) fordern kann, können Sie überschlägig selbst ausrechnen, hier ist der Gebührenrechner von ANWALT.DE.

Ein Kriterium zum Einschätzen des eigenen Rechtsproblems ist, ob es für mein Rechtsproblem Fachanwälte gibt. Wie finde ich das heraus? Ganz einfach, gehen Sie etwa auf die Seite des Deutschen Anwaltsvereins, hier. Der Link führt Sie sofort auf die Seite der Anwaltssuche. Klicken Sie relativ weit oben auf „Suche verfeinern.“ Dann öffnet sich der Bereich „erweiterte Suche.“ Hier können Sie dann nach Kanzleien in Ihrer Nähe suchen. Oder Sie klicken auf das Feld „Fachanwältin/Fachanwalt“. Dann öffnet sich ein Dropdown-Menü mit allen Fachanwaltsbezeichnungen. Wenn Ihr Problem sich nicht einer der Fachanwaltsbezeichnungen zuordnen lässt, gibt es für dieses Gebiet schlicht keinen Fachanwalt. Wenn es jedoch Fachanwälte für Ihr rechtliches Problem gibt, dürfen Sie mit Fug und Recht davon ausgehen, dass es sich nicht um ein alltägliches Problem handelt und Sie dort eine echte Chance auf einen Experten für Ihr Problem haben.

Aber, nur weil ein Rechtsanwalt nicht die von der Rechtsanwaltskammer verliehene Fachanwaltsbezeichnung trägt, heißt das im Umkehrschluss nicht, dass der von Ihnen ausgewählte Rechtsanwalt auf diesem Gebiet keine besonders große Erfahrung und Kenntnisse hat. Deshalb mein nächster Tipp: Fragen Sie am besten einfach, wie oft rechtliche Probleme wie Ihre in letzter Zeit von ihm bearbeitet wurden.

Spezialist ohne Fachanwalt zu sein?

Eine weitere Möglichkeit ist, dass es für Ihr spezielles rechtliches Problem gar keine Fachanwälte gibt. Die Liste der Fachanwälte ist schon relativ alt und wird nicht binnen ein oder zwei Jahren erneuert, auch wenn dies in dem einen oder anderen Fall sinnvoll wäre. Ich kann hier mein letztes Fachgebiet „Tierrecht“ als Beispiel nennen. Fälle mit Bezug auf Tiere machten zuletzt 80-90 Prozent aller meiner Fälle aus. Einen Fachanwalt für Tierrecht gibt es jedoch nicht. Wie aber finde ich dann den richtigen Anwalt? Ich empfehle hier das Anwaltssuchportal ANWALT.DE; hier. Der Vorteil dort ist, dass die teilnehmenden Rechtsanwälte nicht nur Ihre Fachanwaltsbezeichnung als „Spezialgebiet“ angeben können, sondern auch Rechtsgebiete. Dort bietet ANWALT.DE etwa das Rechtsgebiet „Recht rund ums Tier“ an. Wenn Sie in diesem Rechtsgebiet nach einem Rechtsanwalt in der Nähe suchen, besteht eine große Chance, dass Sie einen Spezialisten finden, der sich ständig mit rechtlichen Belangen der Tiere beschäftigt. Ebenso verhält es sich mit „Schadenersatz & Schmerzensgeld.“ Auch dafür gibt es keinen speziellen Fachanwalt. Aber, wenn Sie Schadenersatz anlässlich eines Verkehrsunfalls fordern, kann ein Rechtsanwalt mit Erfahrung durch viele Mandate in diesem Bereich sehr hilfreich sein.

Andererseits zeigt das letztgenannte Beispiel Schadenersatz, wie man mit den Begriffen und vor allem der Fallbezeichnung schnell durcheinander geraten kann. Warum? Stellen Sie sich vor, sie werden von einem Hund gebissen oder von einem ausgeliehenen Pferd abgeworfen und verletzt. Dann haben Sie sicher einen Schaden und fordern berechtigt auch ein Schmerzensgeld für Ihre Verletzung. Also, den Spezialisten für Schadenersatz nehmen? M.E. eher nicht, denn ein Rechtsanwalt mit diesem Tätigkeitsgebiet wird nur sporadisch oder vielleicht noch nie diese Forderungen mit Bezug auf ein Tier für Mandanten geltend gemacht haben. Da wäre sicher ein Rechtsanwalt, der ständig mit tierbezogenen Fällen zu tun hat, die bessere Wahl. Dies zeigt nochmals, dass es notwendig ist, zunächst sein Rechtsgebiet richtig zu verorten.
Deshalb sollte jeder, der einen Streit im Zusammenhang mit Tieren hat, sich an einen Rechtsanwalt mit diesem Rechtsgebiet wenden. Wem der Ehepartner im Streit ein schönes Erbstück zerschlagen hat, hat auch einen Schaden. Aber ist das das vordringliche Rechtsproblem? Man wird dann sicher am besten bei einem Familienrechtsanwalt (die machen auch die Scheidungsvertretung) aufgehoben sein und nicht bei einem Rechtsanwalt alt für Schadenersatz. Legen Sie Ihren Fokus daher auf das Hauptgebiet und nicht, was nebenher noch rechtlich zu klären ist.

Resümee

Also, erst einmal das eigene Rechtsproblem richtig einschätzen. Dann für Fälle von finanziellem Gewicht den Spezialisten über ANWALT.DE oder den Anwaltssuchservice des Deutschen Anwaltsvereins suchen.

Bleiben Sie mir gewogen und vertragen Sie sich!

Ralf Beckmann

Das Beispielfoto stammt von Wesley Tingey auf Unsplash. Vielen Dank dafür.

Spenden – Nicht nur zu Weihnachten aktuell

Spenden und wieso darüber als Jurist schreiben?

Spätestens kurz vor Weihnachten gehen sie wieder los, die großen Spendensammlungen, „Ein Herz für Kinder“, „Die Hörer helfen Kindern Weihnachtssammlung“ von Radio Hamburg, usw. Wobei ich gleich am Anfang anmerken möchte. Die Tatsache, dass jemand mit Spendenaufrufen helfen möchte, etwas organisiert, Herzblut in eine wichtige Sache steckt, finde ich hervorragend. Ganz gleich, ob dies jemand privat veranstaltet oder mit einem Verein. Aber es gibt eben auch Spitzbuben und die können die Bereitschaft zum Spenden ausnützen. Deshalb sollten Sie wissen, wie die Guten von den Schlechten zu unterscheiden sind, oder? Wobei ich mich hauptsächlich auf private Sammlungen via Internet konzentrieren möchte.
Aber wie komme ich überhaupt zu dem Thema? Erstmalig habe ich mich gewundert, als mir eine Mandantin vor Jahren davon erzählte, wie leicht sie ohne große Organisation über 30.000 EUR an Spenden sammeln konnte, nur auf einen Aufruf in den sozialen Medien hin.
Da dachte ich mir, so leicht geht das ohne jeglichen Nachweis für die Ernsthaftigkeit und Seriosität meines Anliegens? Und um es gleich vorwegzunehmen. Ja, so leicht geht das. Neulich wandte dann ein Bekannter von mir ein, dass das Sammeln von Spenden doch sicher kontrolliert würde. Er war sicher davon ausgegangen, dass es irgendeine Behörde gibt, die das Einsammeln von Spenden überwacht. Das hatte ich gefühlt nun schon einhundert Mal in den letzten Jahren gehört. Und da war jetzt endgültig der Wille da, die Frage von Spenden in einem Blogbeitrag juristisch zu beleuchten.


Ist Spendensammeln im weitesten Sinn wirklich kontrollfrei?

Soweit mir bekannt ist, gibt es lediglich in drei Bundesländern ein sog. Sammlungsgesetz. Nämlich in Thüringen, Rheinland-Pfalz und im Saarland. Wichtig zu wissen ist jedoch, es geht mehr oder weniger bei diesen Gesetzen immer um Haus- oder Straßensammlungen. Also, wenn beispielsweise jemand mit den berühmten Sammelbüchsen in der Fußgängerzone oder vor Ihrer Haustür steht. Nicht weiter erfasst sind die übrigen Bundesländer und vor allem die von mir hier besonders beobachteten privaten Sammlungen via Internet. Diese Spendenaktionen wenden sich bundesweit, ja sogar weltweit an jegliche Interessenten. Wer folglich glaubt, dass von Privaten veranstaltete Sammlungen in Deutschland erlaubnispflichtig sind oder von irgendeiner deutschen Behörde automatisch kontrolliert würden, der irrt schlichtweg. Sie dürfen also prinzipiell sammeln, wofür auch immer. Und dagegen ist zunächst auch nichts einzuwenden.

Sonderfall der Spendenaufrufe durch das Internet durch Private

Wie ich eingangs erwähnte, ist das Sammeln von Spenden im Internet besonders leicht und prinzipiell nicht verboten. Man schreibt seinen 2.000 FB-Freunden einfach:

Oder man richtet eine Kampagne bei einer Spendenplattform ein und wirbt anschließend in sozialen Medien dafür. Auf diesen Spendenplattformen heißt es beispielsweise zur Vorgehensweise:

Und schon kann man sammeln, wofür auch immer. Eine echte Kontrolle, dass der Initiator das Geld zweckentsprechend verwendet, gibt es nicht. Auch irgendeine „Spendenbehörde“ kontrolliert hier nicht. Die Kontrolle müssen SIE ausüben, dazu jedoch noch weiter unten im Beitrag.

Der juristische Hintergrund von privaten Spendenaufrufen

Interessant an jedem Spendenaufruf ist der Spendenzweck und das Spendenziel. Da sind die o.g. Hinweise der Internetspendenplattform schon sehr nützlich. „Erzähle deine Geschichte“ kann man mit Spendenzweck, aber auch mit Spendenziel gleichsetzen. Einen solchen Zweck sollten Sie nämlich bei jeder Spende bzw. jedem Aufruf zu einer Spende erkennen können.

Was ist das Ziel?
Wenn jemand im obigen Beispiel erzählt, dass er „Klaus“ kennt, er über Jahre krank ist und nun finanzielle Unterstützung benötigt, weil er kein Krankengeld mehr bekommt und die Medikamente teuer sind, ist darin ein Spendenziel enthalten. Nämlich, „Klaus“ über die finanziellen Hürden der teuren Medikamente hinwegzuhelfen. Natürlich wäre das Ziel einfacher auszumachen, wenn man schreiben würde, dass man insgesamt 30.000 Euro sammelt, damit „Klaus“ die nächsten 10 Jahre Ruhe vor den Kosten der Medikamente hat. Hier ist das Ziel aber unbestimmt, nämlich helfen, solange „Klaus“ krank ist und er gegebenenfalls das teure Medikament braucht. Darin, in den ungenauen Beschreibungen des Ziels oder des Zwecks, liegt aber auch zugleich die Gefahr von Missbrauch bei Sammlungen. Was ist ein teures Medikament? An einer solchen Aussage kann man nichts festmachen. Je unbestimmter und allgemeiner die Formulierung von Ziel oder auch Zweck, umso höher die Gefahr von Missverständnissen zwischen Spender und Initiator.

Und der Zweck?
Der eigentliche Zweck meines Beispiels ist die Finanzierung der Medikamente. „Klaus“ benötigt „teure“ Medikamente und hat kein Geld dafür, weil er kein Krankengeld mehr erhält. Ein anderes Beispiel mit gerade aktuellem Bezug wäre „BILD hilft: Ein Herz für Kinder.“ Auch das ist sicher ein toller Zweck, und ich will auf keinen Fall hier den Eindruck erwecken, BILD sei in diesem Punkt unseriös. Aber was Not von Kindern ist, wo Hilfe nötig ist, definiert jeder anders. Der eine sagt beispielsweise, Not läge vor oder Hilfe sei nötig, wenn ein Kind nicht jeden Tag so essen kann, dass es satt wird. Der andere sieht Not bereits, wenn ein zehnjähriges Kind in Deutschland kein Smartphone hat, weil die Eltern es sich nicht leisten können.

Lernen kann man aus Zweck und Ziel, dass diese bei sammelnden Privatpersonen klar und deutlich erkennbar sein sollten. Je deutlicher diese formuliert werden, desto höher ist m.E. die Wahrscheinlichkeit, dass seriös mit Ihrem Geld umgegangen wird. Die Ausnahme sind Sammelaufrufe, wie die von BILD oder vielen Radiosendern zu Weihnachten. Entscheidend an der Seriosität im Aufruf von „Bild“ ist bei solchen Sammelaufrufen aus juristischer Sicht, dass Ihnen nichts vorgegaukelt wird und keine falschen Erwartungen geweckt werden. Wir leiten an Kinderhilfsorganisationen weiter, heißt es bei BILD oder auch zahlreichen Radiosendern. Das ist okay und juristisch schon gar nicht zu beanstanden. Juristisch geben Sie damit der BILD einfach einen Freibrief, die Spende an irgendeine weltweite Kinderhilfsorganisation weiterzuleiten. Welche, bleibt BILD überlassen. Praktisch kann man deshalb nur raten, wer für einen Spendenaufruf der zahlreichen Radiosender oder BILD spendet, überlässt die Auswahl anderen. Wenn man das nicht möchte, sollte man sich selbst eine passende Hilfsorganisation mit dem passenden Zweck suchen.

Was ist aber mit dem privaten Aufruf zu Spenden für „Klaus“? „Marius“ als Initiator ruft zu Spenden auf, den kenne ich, der ist vertrauenswürdig und wenn der sagt, dem „Klaus“ muss geholfen werden, dann ist das so und ich spende 10 oder 20 Euro. So läuft es bei den meisten Lesern, oder? Was glauben Sie nach diesem Aufruf? Ist „Klaus“ arm oder reich? Seien Sie bitte ehrlich. Die meisten von Ihnen werden gedacht haben, er sei arm, oder? Tatsächlich habe ich aber im obigen Beispiel lediglich erzählt, dass „Klaus“ kein Krankengeld mehr erhält. Sagt das etwas über seinen Status, arm oder reich aus? Natürlich nicht! Was wäre, wenn ich Ihnen sage, dass „Klaus“ ca. 90 Millionen Euro auf der hohen Kante hat, weil er vor Jahren im Eurojackpot gewonnen hat? Es ist immer noch richtig, dass er krank ist, kein Krankengeld mehr bekommt und teure Medikamente kaufen muss. Er könnte die Medikamente aber aus seinem Vermögen lebenslang bezahlen. Fühlen Sie sich dann hinters Licht geführt? Es gibt nun einmal sehr spitzfindige Aufrufe, die bei Ihnen möglicherweise falsche Erwartungen auslösen. Ob der Staatsanwalt hier einschreiten würde, da habe ich meine Zweifel. Es ist m.E. juristisch maximal grenzwertig, so vorzugehen. Es ist zunächst auch unerheblich, ob ein Staatsanwalt in diesem Vorgehen einen Betrug erblickt. Ihr Geld ist erst einmal weg und Sie haben mindestens für einen Zweck gespendet, der nicht vollständig so war, wie es Ihrer Vorstellung entsprach. Ich will Ihnen mit dem Beispiel nur verdeutlichen, lesen Sie genau, was Ihnen als Zweck und Ziel präsentiert wird und nicht, was Sie da gegebenenfalls vom Spendensammler beabsichtigt, hineininterpretieren können.

Und wann ist die Grenze überschritten?

Ich komme zurück auf mein Beispiel mit „Klaus“ und seiner Krankheit. Stellen Sie sich vor, „Klaus“ gibt es gar nicht. Auch keine Krankheit und keine teuren Medikamente. Das ist dann natürlich schlicht und einfach Betrug und strafrechtlich zu ahnden. Nun kommt die Kontrollfunktion. Sie, nicht irgendeine Behörde, müssen kontrollieren und tätig werden. Wie soll ein Staatsanwalt tätig werden bzw. ermitteln, wenn er beispielsweise nie erfährt, dass „Klaus“ gar nicht existiert? Ruft „Marius“ also zu Spenden für „Klaus“ auf, müssen Sie als Spender zunächst nach einiger Zeit nachfragen. Juristisch verlangen Sie damit Rechenschaft für Ihre Spende. Da ist Marius Ihnen gegenüber auskunftspflichtig. Sie könnten im Beispiel von „Marius“ diesen bitten, dass er eine Bestätigung von „Klaus“ schickt oder veröffentlicht, in der er sich für inzwischen 1.000 Euro an Spenden bedankt, also damit dokumentiert, dass wenigstens 1.000 Euro bei „Klaus“ angekommen sind. Lehnt „Marius“ dies ab oder meldet sich nicht, bitten Sie erneut um geeignete Nachweise für die uneingeschränkte Weiterleitung Ihrer Spende und setzen eine Frist. Jede gemeinnützige Organisation mit seriösem Hintergrund tut das, was ich Ihnen gerade beschrieben habe, auch. Sie veröffentlicht ihren Rechenschaftsbericht. Also, warum sollte „Marius“ nicht auch dazu verpflichtet sein? Kommt man dann Ihrer Bitte erneut nicht nach, ist es Zeit, die Staatsanwaltschaft mit einer Anzeige über den Vorgang zu informieren. Natürlich kann alles trotzdem in bester Ordnung sein. Aber das ist eben die Kontrolle, von der alle annehmen, irgendeine Behörde würde sie automatisch ausführen. Wir müssen erkennen, wir alle sind der Kontrolleur und nicht irgendeine Behörde. Und Kontrolle ist nötig und nichts Unehrenhaftes.

Bleiben Sie mir gewogen und spenden Sie weiterhin gern für einen guten Zweck! Ich werde es tun, auch wenn ich weiß, dass es das eine oder andere schwarze Schaf gibt.

Und zum Schluss: ich persönlich helfe gern u.a. Sternenbrücke, einem Kinderhospiz in Hamburg.

Ihr Ralf Beckmann

Wir übernehmen die Kosten, die dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens entsprechen – Was bedeutet das?

Vorbemerkung
Ja, es geht um die Rechtsschutzversicherung und diejenigen Kosten, die diese gem. den Versicherungsbedingungen im Falle eines Vergleichs übernehmen muss. Wie sich die Versicherung finanziell beteiligt und was sie dazu von Ihnen erwartet, wird beispielsweise mit der nachfolgenden Vertragsklausel erläutert:
„Bei einer gütlichen Einigung der Angelegenheit übernehmen wir die Kosten, die dem Verhältnis des von der Versicherungsnehmerin/dem Versicherungsnehmer angestrebten Ergebnisses zum erzielten Ergebnis entsprechen, es sei denn, dass eine hiervon abweichende Kostenverteilung gesetzlich vorgeschrieben ist.“

Aber was ist damit tatsächlich gemeint? Wer versteht das? Wahrscheinlich nicht viele Leser und deshalb gibt es nachfolgend die Aufklärung.

Was meinen die Klauseln im Vergleichsfall genau?
Am besten erklärt es sich mit einem Beispiel:
Angenommen, Sie fordern 1.000 Euro in einem Rechtsstreit. Das ist Ihre Forderung, die Hauptsache. Der Versicherer sagt dazu oben, es sei das angestrebte Ergebnis. Sie einigen sich mit dem Beklagten auf einen Betrag von 500 Euro, also genau die Hälfte, die der Beklagte an Sie zahlen soll. Das bedeutet, dass Sie zu 50 Prozent obsiegt/gewonnen haben und zu 50 Prozent unterlegen waren. In diesem Fall soll die Kostenvereinbarung so aussehen, dass beide Parteien von den gesamten Kosten des Rechtsstreits je 50% übernehmen. Weichen Sie von der vorgesehenen Quote nach unten hin ab, und Sie übernehmen 60% der Kosten, obwohl Sie 50% gewonnen haben, dann gibt es Probleme. Denn die Kostenregelung soll das prozentuale Verhältnis widerspiegeln, das Sie in Bezug auf die Hauptsache (Ihre ursprüngliche Forderung/angestrebtes Ergebnis) von 1.000 Euro vereinbart haben. Das erwartet Ihre Versicherung nicht nur, das steht so auch in den Versicherungsbedingungen und ist somit Teil Ihres Vertrags.

Aber warum erwartet Ihre Rechtsschutzversicherung, dass die Kostenquote der Hauptsache folgt?
Auch hierzu ein Beispiel:
Das Gericht schlägt vielleicht eine Zahlung des Beklagten von 300 Euro an Sie vor, wobei Sie ursprünglich mit der Klage 1.000 EUR gefordert haben. Dementsprechend würden Sie 70% verlieren und 30% gewinnen. Sie müssen oder dürfen dann also auch 70% der Kosten übernehmen, die Ihre Versicherung dann trägt. Soweit der Vorschlag des Gerichts.
Sie könnten jedoch die Situation, dass Sie nicht die Kosten tragen müssen, zu Ihrem Vorteil nutzen. Kommen Sie vielleicht auf die Idee, diese Ihnen persönlich zustehende Summe zu erhöhen, ohne dass die Gegenseite insgesamt mehr gem. dem Vergleich zahlen muss? Dem Beklagten kann es egal sein, ob er 300 EUR für die Hauptsache und 300 EUR für die Kosten zahlt, wenn es am Ende insgesamt 600 EUR sind. Oder er zahlt eben 400 oder 500 EUR an Sie und entsprechend weniger von den Kosten. Sie bieten deshalb dem Beklagten an, dass der an Sie zu zahlende Betrag von 300 Euro auf 500 Euro erhöht wird. Sie gewinnen zusätzliche 200 EUR. Diese 200 EUR müssen für den Beklagten im Gesamtergebnis ausgeglichen werden, damit er insgesamt nicht mehr als ursprünglich vorgeschlagen bezahlt. Sie bieten ihm deshalb an, dass Sie im Gegenzug nunmehr 80% der Kosten übernehmen. Das Verhältnis der Kosten entspricht jetzt nicht mehr dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens. Dabei haben Sie natürlich im Hinterkopf, dass die Kosten nicht von Ihnen getragen werden müssen, sondern von Ihrer Rechtsschutzversicherung. Für Ihre Rechtsschutzversicherung, die den ursprünglichen Vorschlag 70/30 nicht kennt, sieht es nunmehr in der Hauptsache nach 50/50 aus, denn Sie bekommen ja 500 statt 300 EUR. Bei den Kosten verpflichten Sie sich dennoch (zulasten Ihrer Rechtsschutzversicherung) zur Übernahme von 80% der Kosten. Genau dieses Verhalten ist mit der Klausel umschrieben und ausgeschlossen.

Folglich sollten Sie deshalb immer mit der Kostenregelung das tun, was sie auch bei der Hauptsache getan haben. Sie geben zu 30% nach, gewinnen also 70%? Dann muss die Gegenseite 70% der Kosten tragen und sie 30%. Dann läuft alles rund mit ihrer Versicherung. Sie gewinnen zu 60%? Dann muss der Gegner 60% der Kosten tragen und Sie (Ihre Versicherung) nur 40%.

Ein letzter Hinweis
Aufgrund einiger Fragen und Hinweise zur Langversion meines Artikels; die hier in Rede stehende Kostenregelung bezieht sich auf die Gesamtkosten des Verfahrens, nicht nur vor Gericht, sondern eben auch, wenn Sie sich außergerichtlich (vor) einem Rechtsstreit geeinigt haben. Deshalb sollten Sie darauf achten, dass auch bei einem außergerichtlichen Vergleich eine entsprechende Kostenregelung vereinbart wird.

Wichtig ist weiterhin zum Verständnis, dass Ihre Rechtsschutzversicherung Ihren Rechtsanwalt voll bezahlt, wenn Sie sich an die vorgesehene Kostenregelung halten. Es ist also nicht so, dass bei einer Kostenregelung 30/70 zu Ihren Gunsten Sie 30% der eigenen Rechtsanwaltskosten tragen müssen. Das obige Beispiel, bei dem man sich auf 50/50 einigte, zeigt es.
Ein 50/50-Vergleich vor Gericht bedeutet im Ergebnis, dass jeder seinen Rechtsanwalt selbst zahlt und die Gerichtskosten werden hälftig, also 50/50 geteilt. Ihre Versicherung zahlt demnach ihren Anwalt vollständig. Haben Sie 30% der Kosten übernommen, muss sich Ihre Rechtsschutzversicherung bei der Gegenseite im Rahmen der Kostenerstattung diese 30% erstatten lassen, nicht bei Ihnen. Für Sie bleibt es dabei, liebe Leser, dass Ihre Versicherung die Kosten Ihres Rechtsanwalts voll übernimmt.

Bleiben Sie informiert.


Ralf Beckmann

Das obige Beispiel-Foto stammt mit freundlicher Genehmigung von Sasun Bughdaryan auf Unsplash.

Durst im Fitnessstudio, aber eigene Getränke verboten?

Sie gehen in ein Fitnessstudio und sind damit mit einer Vielzahl von Vertragsklauseln in Form von AGB, also Allgemeine Geschäftsbedingungen konfrontiert. Aber darf der Betreiber des Fitnessstudios einem das Mitbringen eigener Getränke durch eine entsprechende Klausel in den AGB verbieten? Das Brandenburgische Oberlandesgericht hat sich mit einem Berufungsurteil (Urteil vom 25.06.2023, Az.: 7 U 36/03) klar positioniert; s. auch Anmerkung am Ende des Artikels.


Das Brandenburgische Oberlandesgericht und die Vorinstanz

Vor dem Oberlandesgericht (OLG) hatte sich bereits das Landgericht mit der AGB-Klausel „Der Verzehr von mitgebrachten (Speisen und) Getränken ist nicht gestattet“ befasst und ließ diese Klausel unbeanstandet. Die Begründung überzeugt m.E. nicht. Denn wenn die Klausel nicht zu beanstanden sei, weil Getränke in ausreichender Auswahl und zu angemessenen Preisen angeboten werden, ist das unbestimmt. Durch diese Art der Auslegung mit einer zweifachen Bedingung entstehen automatisch die nächsten Rechtsstreitigkeiten. Das Landgericht verkennt m.E., dass eine Klausel unangemessen ist oder nicht, und zwar ohne weitere Bedingungen, die das Gericht allgemein formuliert.

Ansicht des Brandenburgischen Oberlandesgerichts

Das Brandenburgische Oberlandesgericht sieht es dagegen richtig. Kunden werden überraschend und unangemessen zum Kauf überteuerter Getränke mit dieser Klausel genötigt. Es kommt dabei auf die bloße Möglichkeit an und nicht etwa, ob es derzeit so ist. Denn eine AGB-Klausel, die beispielsweise andere Fitnessstudios vom hier verklagten Studio abschreiben, muss auch dort passen. Die haben dann aber bspw. andere Preise für Getränke. Der Preis und die Anzahl von Getränken können also nicht der Maßstab zur Beurteilung der Klausel sein.

Fazit
Lassen Sie sich von Fitnessstudios nichts einreden. Wenn diese das Mitbringen von Getränken schon immer oder ab sofort verbieten, sollte man sich genau erläutern lassen, auf welche Vertragsklausel man sich beruft. Anders ausgedrückt: Wo steht das im Vertrag? Wenn es eine entsprechende Klausel „im Kleingedruckten“ gibt und keine angemessene Gegenleistung für das Verbieten des Mitbringens eigener Getränke im Vertrag vereinbart ist, sollte man sich durchaus auf das Urteil des Brandenburgischen Oberlandesgerichts stützen und auf dem Mitbringen eigener Getränke bestehen.  Zur Not vor Gericht.

Ralf Beckmann

Das Beispielfoto wurde von Risen Wang auf Unsplash zur Verfügung gestellt. Mein Dank!

Anm. Leider ist das o.g. Urteil des OLG nicht unter den Gerichtsentscheidungen veröffentlicht. Die veröffentlichten Entscheidungen der Gerichte Brandenburgs können Sie hier abrufen.

Unterhalt 2024 – Neue Leitlinien zum Unterhalt 2024 des Oberlandesgerichts Oldenburg

Das Oberlandesgericht Oldenburg (kurz OLG Oldenburg) hat in seiner Pressemitteilung 01/2024 die neuen Unterhaltsleitlinien für 2024 veröffentlicht.

Unterhaltsrecht ist eine hoch komplizierte Angelegenheit. Wenn Sie sich also selbst kundig machen, sollten Sie stets Hinweise und Erläuterungen nur als ersten Anhaltspunkt verstehen. Beispielsweise, der betreuende Elternteil fordert für Ihr minderjähriges Kind plötzlich mehr Unterhalt? Dann sollten Sie für eine erste Einschätzung, ob die Forderung berechtigt ist, am besten in die sog. „Düsseldorfer Tabelle“ schauen. Nachfolgend habe ich einen Screenshot der Tabelle eingefügt.


(*entnommen aus der Datei des OLG Oldenburg: „Unterhaltsrechtliche_Leitlinien_der_Familiensenate_des___1_.pdf“)

Die unterhaltsrechtlichen Leitlinien des Oberlandesgerichts Oldenburg für die Jahre 2024 und zurückliegend finden Sie hier. In der dort jeweils zum Download bereitgestellten PDF-Datei des OLG finden Sie dann auch die für das aktuelle Jahr gültige „Düsseldorfer Tabelle.“

Wenn Sie also ein Nettoeinkommen von 2.800 EUR erzielen, müssten Sie gem. der Tabelle für ein 13-jähriges Kind ca. 710 EUR Unterhalt bezahlen.

Sie sollten aber beachten, dass eine derartige Tabelle für einen juristischen Laien nur ein erster Anhaltspunkt sein kann. Denn, um das tatsächlich anzurechnende Einkommen, welches in Spalte 2.) der Tabelle ausgewiesen wird, zu ermitteln, muss man spezielle Kenntnisse des Unterhaltsrechts haben. Da nutzt es wirklich nicht, mal eben seinen Neffen zu fragen, der im 4. Semester Jura studiert. Und bitte schon gar nicht den Nachbarn, der selbst für seine geschiedene Frau und seinen Sohn Unterhalt bezahlen muss.


Nachfolgend nun noch ein paar allgemeine Hinweise und Ratschläge zum Kindesunterhalt

  1. Für minderjährige Kinder gilt, dass Unterhalt durch Barunterhalt, also Geld und durch Betreuung zu erbringen ist. Wobei der Betreuungsanteil bei einer Vollbetreuung so hoch anzurechnen ist, wie der Barunterhalt.
    Was heißt das in der Praxis?
    Wir stellen uns vor, dass das gemeinsame Kind (8. Jahre) bei der Kindesmutter wohnt und der Vater das Kind alle 14-Tage am Wochenende besucht. Folglich erbringt die Mutter Ihren „Unterhaltsanteil“ vollständig durch Betreuungsunterhalt, der Vater hätte in diesem Beispiel vollen Barunterhalt zu zahlen (zu Händen der Kindesmutter).
    Üben Sie das Sorgerecht gemeinsam aus und haben sich als Eltern darauf verständigt, dass das Kind eine Woche in der Wohnung des Vaters wohnt und die andere Woche bei der Mutter, sieht es anders aus. Wenn dieses Modell praktisch gelebt wird, also in der Regel so umgesetzt wird, leisten beide Eltern einen etwa gleich hohen Betreuungsanteil. Folglich haben Sie auch beide einen gleich hohen Barunterhalt zu zahlen. Jedenfalls in der Theorie.
  2. Denn die Frage, ob und wie viel man an Barunterhalt zahlt, hängt nicht einzig und allein von der „Düsseldorfer Tabelle“ ab. Zunächst einmal muss das tatsächliche Einkommen um etwaige Belastungen bereinigt werden. Dann muss dem Unterhaltspflichtigen auch ein sog. Selbstbehalt verbleiben, der in der Düsseldorfer Tabelle in der Spalte ganz rechts ausgewiesen wird. Und schlussendlich sind das nur Anhaltspunkte, die auf den praktischen Einzelfall nicht zwingend vollständig angewandt werden müssen. Ich persönlich würde, trotz über Jahrzehnte dauernder juristischer Tätigkeit, niemals aus dem Stand heraus sagen können, ob ein Unterhaltsanspruch der Höhe nach richtig oder falsch ist. Ich müsste mich wahrscheinlich über Tage und Wochen kundig machen, um eine halbwegs sichere Einschätzung abgeben zu können. Verfallen Sie daher nicht auf den Gedanken, dass ein Laie es durch das Lesen von zwei oder drei Artikeln, die man mittels Google im Internet gefunden hat, angemessen einschätzen könnte. Deshalb, lassen Sie sich einer fachkundigen Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt beraten.
  3. Barunterhalt können gegebenenfalls auch volljährige Kinder erhalten. Nur weil man gerade 18. geworden ist, bei Mutter oder Vater wohnt und kurz vor dem Abitur steht, hört ja nicht plötzlich der Bedarf an Geld für Essen, Trinken und Kleidung auf. ABER! Der 18-jährige Sohn ist eben volljährig und er benötigt (rechtlich) keinen Betreuungsunterhalt mehr. Deshalb muss nun plötzlich die Mutter, die zuvor bis zum 18. Geburtstag ihren Anteil durch Betreuung erbracht hat, plötzlich auch zur Hälfte mit für den Barunterhalt aufkommen! Ob das wirklich und in allen Fällen genau die Hälfte zu sein hat, muss durch Vergleich beider Einkommen von Vater und Mutter geklärt werden. Aber es gibt eben keine Regel, dass der Elternteil, der zuvor den Unterhalt in Geld allein erbracht hat, dies weiterhin allein über die Vollendung des 18. Lebensjahres hinaus leisten muss.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen einen kleinen Einblick in ein sehr kompliziertes Rechtsgebiet geben.

Bleiben Sie mir gewogen und vertragen Sie sich!


Ralf Beckmann

Das Beispielfoto am Anfang des Artikels ist ein Screenshot von der Homepage des OLG Oldenburg vom 18.01.2024

Ihre Rechtsschutzversicherung – Kostenlose anwaltliche Erstberatung trotz Selbstbehalt und Alternativen durch Beratung der Rechtsschutzversicherung

Dieser Artikel soll einen Aspekt der Rechtsschutzversicherung beleuchten, den viele Ratsuchende, aber auch Rechtsanwälte oftmals übersehen. Die anwaltliche Erstberatung und deren Kosten.

Dazu muss man zunächst wissen, was ist eigentlich eine Erstberatung? Darunter versteht man, dass Sie einmalig einen Rechtsanwalt oder Rechtsanwältin aufsuchen, Ihr Problem schildern und der Rechtsanwalt Ihnen mündlich einen Rat erteilt oder Ihre Fragen beantwortet.
Eine Erstberatung bietet sich vor allem dann an, wenn Sie noch unsicher sind, ob Sie überhaupt rechtlich etwas gegen den oder die Gegner/in unternehmen wollen oder können. Der anwaltliche Rat gibt Ihnen eine Einschätzung, wie es tatsächlich um die Rechtslage bestellt ist und wie gegebenenfalls Ihre Erfolgsaussichten sind.
Ein derartiges Erstberatungsgespräch, das gegebenenfalls auch per Telefonat oder Videochat geführt werden kann, kostet maximal € 226,10 (inkl. Umsatzsteuer), sofern Sie als Verbraucher dieses Gespräch führen. Die exakten Kosten sollten Sie am besten vor oder bei Beginn des Gesprächs erfragen.

Eine nachträgliche, schriftliche Ausformulierung gibt es nach einer oben geschilderten Erstberatung nicht. Es gibt auch keinen zweiten Termin oder telefonischen Nachfrage. Wenn Sie es lieber schriftlich mögen, müssen Sie den/die Rechtsanwalt/Rechtsanwältin gleich um ein Gutachten bitten. Die Kosten dafür liegen bei max. 250 EUR /netto = 297,50 inkl. Umsatzsteuer, wenn Sie Verbraucher sind; § 34 Abs. 1 RVG.

Was hat dies aber alles mit Ihrer Rechtsschutzversicherung zu tun? Sie sind versichert, beispielsweise mit einem Familienrechtsschutz, haben aber eine sog. Selbstbeteiligung (manchmal auch Selbstbehalt genannt) von 150, 200 oder gar 350 EUR (je Rechtsschutzfall) vereinbart? Dann kann man natürlich auf die Idee kommen, dass sich die Erstberatung beim Rechtsanwalt „nicht lohnt“, weil man ehedem alles oder einen großen Teil der Kosten selbst entrichten muss.

Deshalb kommt hier Hilfe für Sie! Einige Rechtsschutzversicherer bieten an, diese Kosten vollständig zu übernehmen! Sie müssen also keine Zuzahlung zur Gebührenrechnung Ihres Rechtsanwalts leisten, obwohl Sie einen „Selbstbehalt je Rechtsschutzfall“ von 250 Euro vereinbart haben. Allerdings gibt es häufig die „Einschränkung“, dass diese Kosten nur dann übernommen werden, wenn die Sache mit der Erstberatung erledigt wird.
Was bedeutet dies für Sie?
Sie haben Streit mit einem Ex-Freund. Dieser will die ihm überlassenen 2.500 Euro nicht zurückzahlen, die Sie ihm in einem Anfall von Mitleid geliehen haben. Sie erkundigen sich bei einer Rechtsanwältin nach der Rechtslage. Diese erteilt den Rat im Rahmen der Erstberatung, dass Sie einen Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens haben. Leider haben sie das Geld aber ohne Zeugen und ohne einen schriftlichen Darlehensvertrag verliehen. Deshalb werden Sie voraussichtlich in einem Prozess in Beweisnot geraten. Sie verzichten daher auf eine Klage gegen den Ex-Freund. Dann ist die Sache mit der Erstberatung erledigt; Ihre Rechtsschutzversicherung übernimmt gegebenenfalls die Kosten vollständig und das war es.
Die andere Möglichkeit ist, dass Sie trotz der Beweisschwierigkeiten Ihren Anwalt im Rahmen der Beratung beauftragen, für Sie gegen den Ex-Freund tätig zu werden. Dann ist die Sache nicht erledigt und die Versicherung zahlt nicht für die Erstberatung, sofern die Einschränkung „Erledigung der Sache durch die Beratung“ besteht. Das ist aber nicht wirklich von Nachteil für Sie. Denn die Gebühren für die Erstberatung sind auf die weiteren Gebühren für die Tätigkeit des Rechtsanwalts anzurechnen, § 34 Abs. 2 RVG.
(Mögliche Ausnahme: Der Rechtsanwalt hat mit Ihnen im Rahmen einer schriftlichen Honorarvereinbarung den Ausschluss des § 34 Abs. 2 RVG vereinbart). Im Normalfall zahlen Sie dann also rechnerisch nichts für die Erstberatung, sofern Sie nach der Beratung einen Auftrag erteilen. Dann aber ist es aber wirtschaftlich nicht anders, als hätten Sie den Rechtsanwalt gleich mit der Tätigkeit gegen den zahlungsunwilligen Darlehensnehmer beauftragt. Der mit Ihrer Rechtsschutzversicherung vereinbarte Selbstbehalt wird einmalig angerechnet. Die vorhergehende Erstberatung war „kostenlos.“

Welche Versicherer eine derartige, manchmal auch eingeschränkte Leistung für eine Erstberatung oder sonstige Beratungen bieten, liste ich am Ende des Artikels auf. Die dortigen Hinweise sind bestmöglich bei den Versicherern recherchiert. Die Liste der dort genannten Versicherer wird fortlaufend erweitert. Dennoch kann ich naturgemäß keine Gewähr für die Vollständig- und Richtigkeit übernehmen. Hinweisen möchte ich auch noch darauf, dass dies keine verdeckte Werbung ist. Ich erhalte von den genannten Versicherern weder eine Provision, noch sonstige Vergünstigungen. Auch bedeutet die fehlende Auflistung Ihres Versicherers nicht, dass er keine kostenlose Erstberatung oder ähnliche Leistungen anbietet. Man hat sich nur nicht bei mir gemeldet.

So, nun soll es losgehen:

  1. DMB Rechtsschutz – Internet: http://www.dmb-rechtsschutz.de

    Verzicht auf Selbstbeteiligung, wenn Rechtsschutzfall durch Erstberatung erledigt ist
    Bei einigen Produkten verzichtet die DMB auf die Anrechnung einer vertraglich vereinbarten Selbstbeteiligung, wenn der Rechtsschutzfall durch eine Erstberatung erledigt worden ist. Dann werden die Kosten bis zu 250 Euro zzgl. Mehrwertsteuer übernommen.
    Dies gilt für folgende Produkte: EXPERT, PRESTIGE, YOLIG, Schnell & Sicher sowie für die Online-Produkte SECUROplus und SECUROpremium. Dies gilt nicht bei den Produkten Standard sowie bei dem Online-Produkt SECURO.
    Zusätzlich gibt es die DMB RECHT-Hotline. Diese Serviceleistung bietet die einfache und schnelle Rechtsberatung am Telefon durch unabhängige Rechtsanwälte, sofort und ohne weitere Kosten, in allen Rechtsgebieten und bei allen rechtlichen Fragen. Ohne Anrechnung einer Selbstbeteiligung und ohne Anrechnung als Schadenfall. Die DMB RECHT-Hotline können alle Versicherungsnehmer und alle mitversicherten Personen nutzen.

  2. ÖRAG Rechtsschutz – Internet: Rechtsschutzversicherung (oerag.de)

    „Die ÖRAG Rechtsschutzversicherungs-Aktiengesellschaft ist der gemeinsame Partner für Rechtsschutzversicherungen der Gruppe öffentlicher Versicherer und der Sparkassen-Finanzgruppe. Den Vertrieb der Produkte übernehmen die Vertriebspartner der Versicherungsunternehmen und die Sparkassen.“

    Die ÖRAG verfährt bei Rechtsschutzfällen im Zusammenhang mit einer anwaltlichen Erstberatung laut Auskunft der Pressestelle wie folgt:
    „Die ÖRAG verzichtet auf die vereinbarte Selbstbeteiligung bei Rechtsschutzfällen, die mit einer Beratung oder Mediation erledigt sind (§
    5 III b) ARB). Diese Regelung gilt seit Tarif 2004 für alle Produkte.“

  3. wird fortlaufend erweitert …

Das obige Beispiel-Foto stammt mit freundlicher Genehmigung von Sasun Bughdaryan auf Unsplash.

Rechtsschutzversicherung – Was bedeutet: Wir übernehmen die Kosten, die dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens entsprechen?

Vorbemerkung
Wenn man den Versicherungen Glauben schenken darf, ist die Rechtsschutzversicherung ein äußerst nützliches Produkt, ja ein wahrer Segen. Allerdings gibt es immer Einschränkungen und einige Dinge sind zu beachten. Das bedeutet nicht, dass eine Rechtsschutzversicherung nicht hilfreich ist, meiner Meinung nach ganz im Gegenteil. Man sollte jedoch wissen, was man kauft. Aus diesem Grund habe ich die neue Kategorie „Rechtsschutz“ erstellt. Hier erkläre ich, was Ihnen eine Rechtsschutzversicherung bietet, worauf Sie achten sollten und was Sie für Ihr Geld erwarten können.

Die kurioseste und manchmal für Juristen sogar unverständlichste Klausel einer jeden Rechtsschutzversicherung
Stellen Sie sich vor, Sie befinden sich in einem Rechtsstreit und Ihr Anwalt gibt Ihnen ein Schreiben Ihrer Rechtsschutzversicherung zur Kenntnis, in dem Ihnen und dem Anwalt die sogenannte Deckungszusage erteilt wird. Dort steht häufig: „Bei einer gütlichen Einigung der Angelegenheit übernehmen wir die Kosten, die dem Verhältnis des von der Versicherungsnehmerin/dem Versicherungsnehmer angestrebten Ergebnisses zum erzielten Ergebnis entsprechen, es sei denn, dass eine hiervon abweichende Kostenverteilung gesetzlich vorgeschrieben ist.“

Sie fragen sich berechtigt, was Ihnen damit eigentlich mitgeteilt werden soll.
Ich sage es mal so: Ihre Rechtsschutzversicherung möchte nicht die ganze Zeche zahlen, obwohl sie nur einen Bruchteil bekommen.

Ich erkläre es anhand eines Beispiels:
Angenommen, Sie fordern 1.000 Euro in einem Rechtsstreit. Sie einigen sich vor Gericht mit dem Beklagten auf einen Betrag von 500 Euro, also genau die Hälfte. Das bedeutet, dass Sie zu 50% obsiegt haben und zu 50% unterlegen waren. In diesem Fall sollte die Kostenvereinbarung so getroffen werden, dass beide Parteien die gesamten Kosten des Rechtsstreits inklusive des Vergleichs zu je 50% tragen. Dies entspricht in der Regel der Praxis bei Vergleichsverhandlungen. Ihre Rechtsschutzversicherung erwartet daher von Ihnen, dass Sie sich in Bezug auf die Kosten entsprechend verhalten. Die Kostenregelung soll das prozentuale Verhältnis widerspiegeln, das Sie in Bezug auf die Hauptsache (Ihre ursprüngliche Forderung von 1.000 Euro) vereinbart haben. Wenn Sie 1.000 Euro fordern und gemäß Vergleich 300 Euro erhalten, beträgt Ihr Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen 30/70. In diesem Fall müssen Sie 70% der Kosten tragen und im Vergleich vereinbaren. Bekommen Sie 700 von den ursprünglich geforderten 1.000 Euro, ist Ihre Quote 70/30 und sie sollten auch nur 30% der Kosten tragen.  Wenn Sie das dann so im Vergleich vereinbaren, wird Ihre Rechtsschutzversicherung auch die so vereinbarten Kosten bezahlen.

Aber warum will Ihre Rechtsschutzversicherung, dass die Kosten der Hauptsache folgen?
Vorweg: der Ausdruck „dass die Kosten der Hauptsache folgen“ ist nur eine andere Ausdrucksweise für „Die Kosten des Vergleichs müssen dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens entsprechen.“

Auch hierzu ein Beispiel:
Sie könnten die folgende Situation zu Ihrem Vorteil genutzt haben. Die Richterin schlägt in der Güteverhandlung vor, dass Sie von den eingeklagten 1.000 Euro nur 300 Euro erhalten sollen. Dementsprechend verlieren Sie zu 70% und gewinnen zu 30%. Nun kommen Sie auf die Idee, diese Ihnen persönlich zustehende Summe zu erhöhen, ohne dass die Gegenseite insgesamt mehr zahlen muss. Sie erhöhen deshalb den an Sie zu zahlenden Betrag von 300 Euro auf 500 Euro und vereinbaren gleichzeitig, dass Ihre zusätzlichen 200 Euro durch einen erhöhten Anteil an den Kosten ausgeglichen werden. Sie bieten der Gegenseite folglich an, dass Sie statt 300 nunmehr 500 Euro erhalten. Dafür übernehmen Sie jedoch 80% der Kosten, statt wie üblich 50%. Das Verhältnis der Kosten entspricht jetzt nicht mehr dem Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen. Dabei haben Sie natürlich im Hinterkopf, dass die Kosten nicht von Ihnen getragen werden müssen, sondern von Ihrer Rechtsschutzversicherung. Das könnte ziemlich clever sein, oder?

Mit der oben genannten Klausel hindert Ihre Rechtsschutzversicherung Sie jedoch daran, mehr zulasten Ihrer Versicherung zu gewinnen, was wiederum dazu führt, dass Ihre Versicherung mehr Kosten tragen müsste.

Sie können folglich jeden denkbaren Vergleich schließen, ohne Ihre Rechtsschutzversicherung „um Erlaubnis fragen zu müssen.“ Die Kostenregelung muss dabei nur dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens folgen oder entsprechen.

Bleiben Sie informiert.


Ralf Beckmann

Das obige Beispiel-Foto stammt mit freundlicher Genehmigung von Sasun Bughdaryan auf Unsplash.

Kein Kita-Platz? Keine Sorge! Das Verwaltungsgericht in Münster gibt seinen Urteilen Nachdruck und zeigt, dass die Situation ernst ist

Vorbemerkung
Es ist bereits bekannt, dass eine Klage gegen eine Stadt oder Gemeinde aufgrund fehlender Kita-Plätze erfolgreich sein kann. Nun zeigt das Verwaltungsgericht in Münster auch Entschlossenheit gegenüber der scheinbar hilflosen Stadt.

Urteil bzw. Beschluss des Verwaltungsgerichts Münster
Bereits am 17. Oktober 2023 hatte das Verwaltungsgericht der Stadt Münster in einem Beschluss aufgetragen, der Antragstellerin innerhalb von zwei Wochen einen Betreuungsplatz zur frühkindlichen Förderung mit einer Betreuungszeit von mindestens 35 Wochenstunden in einer Kindertageseinrichtung oder Kindertagespflegestelle zur Verfügung zu stellen, die innerhalb von 30 Minuten von der Wohnung der Antragstellerin erreichbar ist.

Was passiert jedoch, wenn die Stadt nur unzureichend auf diese gerichtliche Anordnung reagiert? Im vorliegenden Fall stellt die Stadt keinen Platz zur Verfügung und spricht lediglich von „fehlenden Plätzen“. Wie bereits betont wurde, ist die Antwort „Wir haben einfach keinen Platz“ nicht akzeptabel.

Das Verwaltungsgericht hat dies erkannt und die Hilflosigkeit der Stadt Münster mit einem Zwangsgeldbeschluss geahndet. Die Stadt muss demnach ein Zwangsgeld in Höhe von 2.500 Euro zahlen, wie in der Pressemitteilung vom 17. November 2023 des Verwaltungsgerichts Münster bekannt gegeben wurde.

Ob die Stadt nun einsichtig ist, bleibt abzuwarten. In jedem Fall wird das Nichtzurverfügungstellen eines Kita-Platzes langsam teuer.

Bleiben Sie informiert und verfolgen Sie mit mir die weitere Entwicklung.

Ralf Beckmann

Das obige Beispiel-Foto zeigt einen Screenshot der Pressemitteilung des VG Münster vom 21.11.2023

Wenn Sie mehr über das Thema Kinder und Kindergarten erfahren möchten, lesen Sie gern auch folgende, von mir verfasste Artikel:

Immer wieder Kindergarten – Verwaltungsgericht Hannover stellt klar, dass der Ausschluss eines Kindes aus dem Kindergarten rechtswidrig war

Baustelle, Eltern haften für Ihre Kinder! Stimmt das? Ein Beispiel aus der Rechtsprechung: OLG Oldenburg, Pressemitteilung vom 22.05.2023

Klagen für den Krippenplatz? – „Es ist nicht Sache der Eltern, einen Platz zu schaffen“

Ihr Kind möchte in die Kita – Der Kita-Platz wird Ihnen verweigert? Was kann man tun?

Haben Sie einen Riester-Altersvorsorgevertrag bei einer Bank abgeschlossen? Dann ist es wichtig, dass Sie das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 21.11.2023 kennen

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem aktuell verkündeten Urteil die „Unwirksamkeit einer Klausel zu Abschluss- und Vermittlungskosten in einem Riester-Altersvorsorgevertrag“ festgestellt.
Viele Menschen sind dem Rat der Politik und Banken gefolgt und haben einen Riester-Vertrag für die private Altersvorsorge abgeschlossen. Wenn Sie ebenfalls zu dieser Gruppe gehören, sollten Sie aufhorchen und sich das oben genannte Urteil des BGH genauer anschauen. In seiner Pressemitteilung 194/2023 vom 21.11.2023 stellt der BGH fest, dass eine bedeutende Klausel in vielen Sparverträgen unwirksam ist.

Es handelt sich um die folgende Klausel: „Im Falle der Vereinbarung einer Leibrente werden dem Sparer gegebenenfalls Abschluss- und/oder Vermittlungskosten belastet.“ Der BGH bemängelt an dieser Klausel: „Die Klausel ist nicht klar und verständlich im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und benachteiligt dadurch die Vertragspartner der Beklagten unangemessen.

Diesem Urteil kann man als Jurist nur zustimmen. Wäre die Klausel wirksam, müssten Verbraucher blindlings Kosten akzeptieren, deren Höhe die Banken einseitig festlegen. Denn niemand kann der Klausel entnehmen, in welcher Höhe Abschluss- und/oder Vermittlungskosten von der Bank geltend gemacht werden und für welche Zeiträume.

Wenn auch Sie eine ähnliche Klausel wörtlich oder sinngemäß in Ihrem Vertrag finden, sollten Sie unbedingt rechtlichen Rat für weitere Schritte einholen. Möglicherweise ergibt sich die Möglichkeit, einen ungeliebten Vertrag vorzeitig zu kündigen oder bereits gezahlte Abschluss- und Vermittlungskosten zurückzufordern.

Bleiben Sie aufmerksam und schenken Sie mir weiterhin Ihr Vertrauen!

Ralf Beckmann

« Ältere Beiträge

© 2025 Immer-RECHT-Haben

Theme von Anders NorénHoch ↑

Cookie Consent Banner von Real Cookie Banner