Kategorie: Maklerrecht

Also doch, der Bundesgerichtshof entscheidet, dass in AGB verankerte Zahlungspflichten für die Reservierung einer Immobilie unwirksam sind

Wie die Pressestelle des Bundesgerichtshofs (auch kurz BGH) heute, am 20.04.2023 mitteilt (Nr. 070/2023 vom 20.04.2023), können Makler Reservierungsgebühren in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht wirksam vereinbaren.

Was war passiert?
Die Kläger wollten über eine Immobilienmaklerin ein Einfamilienhaus erwerben. Die Kläger schlossen deshalb einen Maklervertrag mit der Immobilienmaklerin (Beklagte) und im Nachgang dazu noch einen Reservierungsvertrag. Darin verpflichtete sich die verklagte Maklerin, das Grundstück gegen Zahlung einer Reservierungsgebühr bis zu einem festgelegten Datum exklusiv für die Kläger zu reservieren. Die Kläger nahmen später vom Kauf Abstand und verlangen von der Maklerin die Rückzahlung der Reservierungsgebühr.

Das erstinstanzlich zuständige Amtsgericht hatte die Klage abgewiesen. Das Landgericht als Berufungsinstanz hatte die Berufung der Kläger mit der Begründung zurückgewiesen, dass der nachträglich geschlossene Reservierungsvertrag wirksam sei. Auch das Landgericht folgte damit letztlich nicht dem Antrag auf Rückzahlung der Provision.

Sicht des Bundesgerichtshofs
Der Bundesgerichtshof hat die Maklerin nun jedoch auf die Revision der Kläger zur Rückzahlung der Reservierungsgebühr verurteilt.
Der Reservierungsvertrag unterliegt nach Auffassung des BGH der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle, weil es sich bei dem Reservierungsvertrag nicht um eine eigenständige Vereinbarung, sondern um eine den Maklervertrag ergänzende Regelung handele (AGB = Allgemeine Geschäftsbedingungen). Dass der Reservierungsvertrag nachträglich durch ein gesondertes Schriftstück bzw. Vertragsdokument geschlossen wurde, sei unerheblich und stünde dem Ergänzungscharakter der Vereinbarung nicht entgegen.

Der BGH vertrat weiterhin die Auffassung, dass der sog. Reservierungsvertrag die Kunden der Maklerin unangemessen benachteilige und daher unwirksam sei. Die Unwirksamkeit ergäbe sich daraus, weil die Rückzahlung der Reservierungsgebühr ausnahmslos nicht vorgesehen war. Ferner ergäben sich aus dem Reservierungsvertrag für die Kunden keine nennenswerten Vorteile und der Immobilienmakler müsse zudem keine geldwerte Gegenleistung erbringen. Schlussendlich käme dem Reservierungsvertrag die Vereinbarung einer erfolgsunabhängigen Provision zugunsten der Immobilienmaklerin gleich. Das aber widerspräche dem Leitbild der gesetzlichen Regelung des Maklervertrags. Danach ist eine Provision nur geschuldet, wenn die Maklertätigkeit ursächlich zum Erfolg geführt hat.

Aus diesen Gründen hat der Bundesgerichtshof die Immobilienmaklerin letztinstanzlich zur Rückzahlung der Provision verurteilt.

Empfehlung
Sollten Sie als Kaufinteressent/in kürzlich mit einer Reservierungsgebühr belastet worden sein, sollten Sie auf jeden Fall prüfen lassen, beispielsweise durch eine prinzipiell preiswerte, sog. Erstberatung (max. Kosten beim RA € 226,10) prüfen lassen, ob das BGH-Urteil auch auf Ihre Reservierungsgebühr anwendbar ist. Sollte dies der Fall sein, dürften Sie beste Chancen haben, eine kürzlich bezahlte Reservierungsgebühr zurückzuerhalten.

Bleiben Sie mir gewogen und vertragen Sie sich 😉

Ihr Ralf Beckmann

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Leseraufruf zum Maklerrecht – Umgang mit Maklern und Erfahrungen in Theorie und Praxis zur neuen Verpflichtung zur Courtageteilung bei Immobilienverkäufen

Seit geraumer Zeit befasse ich mich bereits mit Fragen zum Maklerrecht. Vorrangig geht es natürlich – wie so oft  im Leben – um das liebe Geld, also die Courtage oder Maklerprovision.

Seit 2020 ist es nun so, dass die Anbieter/Verkäufer von Häusern oder auch Eigentumswohnungen zwar weiterhin – aus welchen Gründen auch immer – einen Makler einschalten. Der Jurist würde hier sagen, sie sind Besteller. Aber die große Neuerung ist, dass nach dem Willen des Gesetzgebers Schluss damit sein soll, dass der oder die Käufer oder Käuferin die Zeche allein zahlt. Vielmehr soll der Besteller, also der Verkäufer oder die Verkäuferin mindestens 50 % der vereinbarten Maklercourtage selbst zahlen. Und damit fängt das Dilemma auch schon an. Die Informationen sind oftmals irreführend und gehen an der Lebenswirklichkeit und den Tricksereien erfahrener Makler und Verkäufer vorbei! So meint das Maklerportal „Aroundhome“ in einem ihrer Beiträge1), dass der Besteller höchstens 50 % der Provision/Courtage oder die Hälfte auf den Käufer oder die Käuferin abwälzen dürfe. Da kann man als Jurist einerseits noch mitgehen. Wobei Abwälzen ist eben etwas anderes, als eine Pflicht zur Übernahme anteiliger Provision.

Schauen wir uns bspw. in dem oben erwähnten Beitrag von Aroundhome1) an, was diese zu der Höhe der Provision im Falle von Immobilienverkäufen sagen und aufzeigen. Die Provisionssätze sollen je nach Ort und Bundesland zwischen 4 und 7 Prozent betragen. Das wird anschaulich dargestellt. Doch erst einmal ist es so, dass der Makler in der Praxis Ihnen einen Vertrag vorlegen und einen bestimmten Provisionssatz verlangen wird. Ob das dann auch ortsüblich ist, steht auf einem anderen Blatt. Es wird auch behauptet, dass bei einer sog. Mischprovision, beide Parteien einen Anteil der Provision zahlen. Aber, dass dann beide Parteien einen Maklervertrag mit dem Makler schließen würden und müssen (?) und sich eben daraus die Provision ableitet? Spätestens an dieser Stelle schrillen bei mir als erfahrenem Rechtsanwalt alle Alarmglocken! Beide Parteien schließen einen Maklervertrag mit dem Makler? Ja, das ist wohl aus Unwissenheit der Makler so üblich! Die Makler will damit wohl zuallererst erreichen, dass er auch einen Anspruch auf Bezahlung beim Käufer durchsetzen kann. Das ist ja zunächst ein berechtigtes Interesse. Aber! Auch Aroundhome und eben viele Makler haben offensichtlich nicht an § 654 BGB gedacht. Demnach verliert der Makler seinen Anspruch auf Provision und den Ersatz von Aufwendungen, wenn er dem Vertragsinhalt zuwider auch für den anderen Teil tätig geworden ist. Logisch, oder? Wie soll das auch gehen? Wenn Sie verkaufen wollen, möchten Sie den festgelegten Preis möglichst ohne Abstriche durchsetzen. Das muss der Makler im Zweifel für Sie bestmöglich aushandeln. Damit das gelingt, muss der Makler die Immobilie gut anpreisen und nachteilige Dinge, sofern er zu deren Offenlegung nicht verpflichtet ist, unter den Tisch fallen lassen und die Vorteile eher überbetonen. Natürlich ist diese Tätigkeit, das wird noch unten näher erläutert, nicht die eines Nachweis-, sondern eines Vermittlungsmaklers. Der Kaufinteressent wird berechtigt darauf bestehen, dass der Makler sein Interesse an einem möglichst günstigen Einkauf und auch ansonsten bestmöglichen Konditionen wahrnimmt. Natürlich kann er das nur verlangen, wenn auch hier der Makler als Vermittlungsmakler und nicht als bloßer Nachweismakler tätig ist. Das sind dann eben widerstreitende Interessen, die der Makler gar nicht pflichtgemäß wahrnehmen kann! Und dann soll es ausreichen, dass der Makler dem Verkäufer in seinem Maklervertrag mitteilt, ich bin auch für den Verkäufer tätig? Ein derartiger, kurzer Hinweis soll ausreichen und dann sicherstellen, dass der Makler auch wirklich bestmöglich für den Kaufinteressenten handelt? Die Idee ist meiner Meinung nach geradezu grotesk. Denn in Praxis läuft es doch so. Der Makler kann Immobilien nur anbieten und eine Courtage erwirtschaften, wenn er den Verkäufer bei Laune hält. Dieser hat das Objekt der Begierde und nicht die Kaufinteressenten. Verliert er den Verkäufer, verliert er alles. Verliert der Makler dagegen einen Kaufinteressenten, na und? Es gibt vielleicht noch 100 andere Interessenten. Wessen Interessen wird der Makler daher wohl in der Praxis vertreten? Und dieses daraus erwachsende, überwiegende Interesse dem Verkäufer zu dienen, soll durch einen kurzen Hinweis, möglicherweise als AGB einzustufen, „ich bin auch für den/die Verkäufer tätig“, den Anforderungen von § 654 BGB genügen, um den Provisionsanspruch zu erhalten? Natürlich werden sich dann am Ende des Tages so manche Makler gegenüber dem Kaufinteressenten/Käufer darauf hinausreden wollen, dass sie ihnen gegenüber nur Nachweismakler waren. Aber gibt der vorgelegte Maklervertrag das auch her? Wird oftmals nicht ein völlig anderer Eindruck erweckt?

Sie sehen, vieles hängt zusammen mit der Art der Maklertätigkeit, nämlich ob der Makler auch für den Kaufinteressenten als Nachweis- oder sog. Vermittlungsmakler tätig wird.2)

Aus all diesen Überlegungen ist erkennbar, dass die Abgrenzung und sichere Bejahung der Verwirkung des Maklerlohns gem. § 654 BGB auch für erfahrene Juristen enorm schwierig sind. Es ist immer eine Frage des Einzelfalles. Aber man sollte auf jeden Fall als Kaufinteressent im Auge behalten, dass der Makler nicht vertragswidrig doppelt tätig wird. Im obigen Beispiel bin ich wie selbstverständlich davon ausgegangen, dass der Makler auf beiden Seiten als Vermittlungsmakler tätig ist. Dort ist die Sache, wie angesprochen, äußerst problematisch. Sie sollten daher Ihren Vertrag genau prüfen und dokumentieren, was der Makler eigentlich für zumeist 50 % einer Gesamtcourtage für sie tun will und vor allem, was er dafür tun muss!

Deshalb meine erste Frage an diejenigen meiner Leser, die gekauft haben: Welche Erfahrungen haben Sie gemacht mit der Vorlage eines Maklervertrags, um von Ihnen die Zahlung einer (anteiligen) Provision zu verlangen? Haben Sie einen derartigen Vertrag im Nachgang anwaltlich prüfen lassen oder sind sogar gerichtlich gegen die angebliche Zahlungsverpflichtung vorgegangen? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Hat man Ihnen einen Vertrag als Nachweismakler vorgelegt und wurde das so bezeichnet, oder wurde die Bezeichnung der Maklertätigkeit vielleicht offengelassen und man sprach ganz allgemein von einer Maklertätigkeit?

Eine andere Problematik mit dem neuen Maklerrecht ergibt sich ebenfalls aus dem Umstand, dass die Käufer höchstens 50 % der Gesamtcourtage zahlen müssen. Bislang war es in der Praxis so, dass Verkäufer den Makler als Vermittlungsmakler bestellt hatte, aber mit ihm die Vereinbarung getroffen hatte, dass er seine Provision/Courtage beim Käufer geltend machen müsse. Das steckt meiner Meinung nach derartig tief in den Köpfen der Beteiligten drin, dass viele, wenn nicht gar der überwiegende Teil der Verkäufer alles, ja wirklich alles unternimmt, um von einer eigenen Zahlungsverpflichtung herunterzukommen.
Deshalb sind jetzt viele Möglichkeiten denkbar, wie Makler und Verkäufer im kollusiven Zusammenwirken den Kaufinteressenten ausbremsen und das auch in vielen Fällen tun. Zunächst einmal ist denkbar, dass der Makler und Verkäufer eine zweite Absprache treffen, „Du (Verkäufer) musst mir gar nicht die behauptete Provision bezahlen. Ich begnüge mich mit den 3,7 % des Käufers!“ Ich meine, dem kann man noch relativ leicht dadurch begegnen, wenn man die Auffassung vertritt, dass die Zahlungspflicht des Käufers für seinen Anteil an der Provision erst dann fällig wird, wenn auch der Verkäufer nachweislich seine Pflicht zur Zahlung der Provision erfüllt hat. Man hat also ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem Makler seine Provision erst dann zu bezahlen, wenn Makler nachweist, dass auch der Verkäufer seinen Anteil nicht nur in Rechnung gestellt bekommen hat, sondern diesen auch tatsächlich und nachweislich bezahlt hat.
Aber was, wenn der Makler dem Verkäufer nach Überweisung der Courtage durch den Käufer seinen Anteil einfach wieder erstattet? Rechtlich und in der Buchhaltung bekommt man dies dadurch in den Griff, dass der Verkäufer zugleich Tippgeber für die Immobilie war und deshalb eine Entlohnung erhält, oder dessen Ehefrau oder Sohn oder Tochter usw. Geben Sie sich doch mal als potenzieller Verkäufer aus und deuten bei jedem Makler, der Ihnen behilflich sein will an, sie würden nicht gern die vollen 50 % Courtage als Verkäufer zahlen wollen. Was der Makler Ihnen da anbieten könne! Sie werden staunen! Da bin ich mir sicher.

Zu dieser Frage nun meine zweite Frage an die Leser: Haben Sie erfolgreich gegenüber Ihrem Makler als Käufer eingewandt, dass zunächst der Nachweis der Zahlung durch den Verkäufer zu erbringen sei? Wurde ein derartiger Einwand ggfls. von Ihnen auch gerichtlich geltend gemacht und waren sie damit erfolgreich, oder sind Sie gescheitert?

Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie zur Beantwortung der einen oder anderen Frage mir eine E-Mail zukommen lassen würden. Schreiben Sie an:
ra-beckmann@t-online.de
Ich sichere Ihnen absolute Vertraulichkeit zu. Wenn Sie im Zweifel sind, mir aber dennoch eine Nachricht zukommen lassen möchten, senden Sie Ihre Nachricht gern anonym und fügen Sie Dokumente wie Schriftwechsel oder gerichtliche Urteile gern mit geschwärztem Namen und Adresse zu. Mein Interesse gilt vorrangig der Beantwortung der Fragen und dem Umstand, ob eine Tendenz in der praktischen Handhabung des erneuerten Maklerrechts erkennbar ist.
Aber auch ansonsten bin ich an Ihren Erfahrungen im Umgang mit Immobilienmaklern interessiert. Schreiben Sie mir!

Bleiben Sie mir gewogen und vertragen Sie sich 😉

Ihr Ralf Beckmann

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