Vor einigen Tagen ging ein Urteil des Amtsgerichts München u.a. bei der tz viral. Die Schlagzeile lautete:

„München: Vermieter wollte keine Ukraine-Flüchtlinge gestatten – weitreichendes Urteil jetzt gefällt“

Was denken Sie, sollten Gerichte verbieten dürfen, dass man Flüchtlinge aufnimmt? Selbst, wenn man mit der gegenwärtigen Flüchtlingspolitik nicht einverstanden ist, so werden viele denken, warum sollte ein Gericht mir vorschreiben dürfen, was ich in meiner Wohnung tue und was nicht? Aber ganz so einfach ist das deutsche Recht nicht.

Die Schlagzeile ist ein typisches Beispiel dafür, wie schwierig es ist, juristische Sachverhalte, also das Recht, dem „Verbraucher“ zu vermitteln. Worum geht es hier also tatsächlich? Schlicht um die sog. Untervermietung. Eine Möglichkeit, welche das Bürgerliche Gesetzbuch dem Mieter als Recht einräumt, um dem Mieter Gestaltungsmöglichkeiten für die Nutzung seiner Wohnung zu geben.

Zunächst einmal muss man sich bei aller Empörung in Erinnerung rufen, dass es im hier behandelten Fall darum geht, dass ein Mieter einer Wohnung oder eines Hauses helfend tätig werden wollte. Wie schon von vielen Professoren im ersten Semester empfohlen wird, ein Blick in das Gesetz erleichtert die Rechtsfindung! Also, sofern der Mietvertrag keine abweichende Regelung trifft, gilt § 540 BGB. D.h., dass der Mieter die Sache (Wohnung oder Haus) gem. § 540 Abs. 1, Satz 1 BGB einem Dritten nur überlassen darf, wenn der Vermieter die Erlaubnis erteilt hat.

Wir können deshalb vermuten, dass der Mieter in dem vorliegenden Fall des juristisch gesehen einige Fehler begangen hat. Der Mieter hatte offensichtlich nicht die Erlaubnis des Vermieters eingeholt. Dann hat er nicht abgewartet, bis der Vermieter sich zur Bitte um Erlaubniserteilung geäußert hatte, wenn er denn gefragt hätte. Der Mieter hat also nicht beachtet, dass, selbst wenn man objektiv ein berechtigtes Interesse hat, die Gebrauchsüberlassung an Dritte vor dem Beginn dem Vermieter angezeigt und die Erlaubniserteilung abgewartet werden muss. Ausnahmen sind hier nur in besonderen Fällen denkbar, wozu sicher nicht nach Auffassung des Amtsgerichts ein politisch motiviertes Helfen gehört.

Ein verbreiteter Irrglaube ist es, einen längeren Besuch eines Verwandten mit der Gebrauchsüberlassung und Untervermietung gleichzusetzen. Nach dem Motto, ich muss den Besuch meines Onkels aus Amerika auch nicht als Besuch anzeigen, folglich muss ich auch die Aufnahme von Flüchtlingen nicht anzeigen. Diesem Irrtum verfällt man umso eher, je länger der Onkel aus Amerika zu Besuch da ist, sagen wir einmal, zwei Monate. Wobei eben der Unterschied von nicht anzeigepflichtigem Besuch zu einer kostenlosen Gebrauchsüberlassung, der Onkel muss ja nicht zahlen, fließend ist. Einer der entscheidenden Unterschiede zwischen einem Besucher und Untermieter ist, dass der Onkel aus Amerika u.a. weiterhin eine eigene Wohnung/Haus in Amerika hat, während der/die Flüchtlinge die Wohnung oder einen Teil davon auf unabsehbare Zeit dauerhaft als ersten Wohnsitz nutzen werden.

Unerheblich ist auch die politische Motivation der Nutzung. Natürlich ist es menschlich ehrenvoll, anderen in Not zu helfen. Aber in unserer Rechtsordnung kann man eben nicht seine politischen Motive in den Vordergrund stellen, wenn man damit die Rechte Dritter, also die des Vermieters, stillschweigend ausklammert. Um es platt auszudrücken ist es nicht in Ordnung, die eigene politische Meinung in das Mietverhältnis mit hineinzutragen und zu denken, das eigene politische Streben sei derart schützenswert, dass andere wie selbstverständlich zustimmen oder beiseite treten müssen. Das ist hier des Pudels Kern. Auch dass die Flüchtlinge nicht für das Zimmer im Dachgeschoss bezahlen müssen, ist unerheblich. Denn § 540 BGB schränkt das Recht sowohl für die Untervermietung, als auch für die Gebrauchsüberlassung, also die kostenlose Überlassung, ein.

Um auf das Urteil zurückzukommen, jetzt ist das Kind eben bereits  in den Brunnen gefallen und man muss abwarten, ob auch das Landgericht als Berufungsinstanz die politisch ehrenwerten Gründe ebenfalls nicht gelten lässt oder sie als besonderes Interesse der Mieter anerkennt. Ich habe da aus Erfahrung meine Zweifel und gehe eher davon aus, dass das Urteil bestätigt werden wird.

Bleiben Sie mir gewogen und vertragen Sie sich 😉

Ihr Ralf Beckmann