Autor: Ralf Beckmann (Seite 4 von 10)

Dürfen Hunde immer frei auf dem Grundstück laufen?

Zur Frage, ob eine Behörde einem Hundehalter untersagen kann, seine/n Hund/e frei auf dem Grundstück laufen zu lassen, gibt es bereits eine ältere Entscheidung des OVG (Oberverwaltungsgerichts) Lüneburg. Demnach darf die Behörde zur Vermeidung erheblicher Lärmbelästigungen anordnen, dass der Hundehalter seine Hunde nachts und an Sonn- und Feiertagen im geschlossenen Gebäude hält.

Screenshot vom 08.09.2022 Niedersächsisches Landesjustizportal

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Ralf Beckmann

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Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs zur Verurteilung eines Amtsrichters – Auch Richter agieren nicht im rechtsfreien Raum

Der weitverbreiteten Meinung, dass Juristen sich gegenseitig keine Schwierigkeiten bereiten würden, hat der Bundesgerichtshof mit einem aktuellen Urteil deutlich widersprochen. In der Pressemitteilung 013/2024 vom 23.01.2024 macht der BGH deutlich, dass auch Richter zu Straftätern werden können.

Es ist oft zu hören, dass Juristen Fehler ihrer Kollegen nicht kritisieren oder gar vor Gericht bringen würden. Doch das aktuelle Urteil widerlegt diese Ansicht. Der BGH stellte fest, dass ein abgesprochenes, zu mild ausgefallenes Urteil als Rechtsbeugung strafbar ist. Zudem kam in diesem Fall erschwerend hinzu, dass der verurteilte Richter auch im finanziellen Bereich Verfehlungen begangen hatte.

Das Urteil, das auch für Laien gut verständlich ist, verdeutlicht, dass Richter keineswegs im rechtsfreien Raum agieren. Die Pressemitteilung des BGH lädt dazu ein, sich selbst über den Fall zu informieren und festzustellen, dass auch Richter für ihre Taten zur Rechenschaft gezogen werden können.

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Ralf Beckmann

Bei dem obigen Beispielfoto handelt es sich um einen Screenshot vom 23.01.2024 von der Homepage des BGH zur Pressemitteilung 013/2024.

Unterhalt 2024 – Neue Leitlinien zum Unterhalt 2024 des Oberlandesgerichts Oldenburg

Das Oberlandesgericht Oldenburg (kurz OLG Oldenburg) hat in seiner Pressemitteilung 01/2024 die neuen Unterhaltsleitlinien für 2024 veröffentlicht.

Unterhaltsrecht ist eine hoch komplizierte Angelegenheit. Wenn Sie sich also selbst kundig machen, sollten Sie stets Hinweise und Erläuterungen nur als ersten Anhaltspunkt verstehen. Beispielsweise, der betreuende Elternteil fordert für Ihr minderjähriges Kind plötzlich mehr Unterhalt? Dann sollten Sie für eine erste Einschätzung, ob die Forderung berechtigt ist, am besten in die sog. „Düsseldorfer Tabelle“ schauen. Nachfolgend habe ich einen Screenshot der Tabelle eingefügt.


(*entnommen aus der Datei des OLG Oldenburg: „Unterhaltsrechtliche_Leitlinien_der_Familiensenate_des___1_.pdf“)

Die unterhaltsrechtlichen Leitlinien des Oberlandesgerichts Oldenburg für die Jahre 2024 und zurückliegend finden Sie hier. In der dort jeweils zum Download bereitgestellten PDF-Datei des OLG finden Sie dann auch die für das aktuelle Jahr gültige „Düsseldorfer Tabelle.“

Wenn Sie also ein Nettoeinkommen von 2.800 EUR erzielen, müssten Sie gem. der Tabelle für ein 13-jähriges Kind ca. 710 EUR Unterhalt bezahlen.

Sie sollten aber beachten, dass eine derartige Tabelle für einen juristischen Laien nur ein erster Anhaltspunkt sein kann. Denn, um das tatsächlich anzurechnende Einkommen, welches in Spalte 2.) der Tabelle ausgewiesen wird, zu ermitteln, muss man spezielle Kenntnisse des Unterhaltsrechts haben. Da nutzt es wirklich nicht, mal eben seinen Neffen zu fragen, der im 4. Semester Jura studiert. Und bitte schon gar nicht den Nachbarn, der selbst für seine geschiedene Frau und seinen Sohn Unterhalt bezahlen muss.


Nachfolgend nun noch ein paar allgemeine Hinweise und Ratschläge zum Kindesunterhalt

  1. Für minderjährige Kinder gilt, dass Unterhalt durch Barunterhalt, also Geld und durch Betreuung zu erbringen ist. Wobei der Betreuungsanteil bei einer Vollbetreuung so hoch anzurechnen ist, wie der Barunterhalt.
    Was heißt das in der Praxis?
    Wir stellen uns vor, dass das gemeinsame Kind (8. Jahre) bei der Kindesmutter wohnt und der Vater das Kind alle 14-Tage am Wochenende besucht. Folglich erbringt die Mutter Ihren „Unterhaltsanteil“ vollständig durch Betreuungsunterhalt, der Vater hätte in diesem Beispiel vollen Barunterhalt zu zahlen (zu Händen der Kindesmutter).
    Üben Sie das Sorgerecht gemeinsam aus und haben sich als Eltern darauf verständigt, dass das Kind eine Woche in der Wohnung des Vaters wohnt und die andere Woche bei der Mutter, sieht es anders aus. Wenn dieses Modell praktisch gelebt wird, also in der Regel so umgesetzt wird, leisten beide Eltern einen etwa gleich hohen Betreuungsanteil. Folglich haben Sie auch beide einen gleich hohen Barunterhalt zu zahlen. Jedenfalls in der Theorie.
  2. Denn die Frage, ob und wie viel man an Barunterhalt zahlt, hängt nicht einzig und allein von der „Düsseldorfer Tabelle“ ab. Zunächst einmal muss das tatsächliche Einkommen um etwaige Belastungen bereinigt werden. Dann muss dem Unterhaltspflichtigen auch ein sog. Selbstbehalt verbleiben, der in der Düsseldorfer Tabelle in der Spalte ganz rechts ausgewiesen wird. Und schlussendlich sind das nur Anhaltspunkte, die auf den praktischen Einzelfall nicht zwingend vollständig angewandt werden müssen. Ich persönlich würde, trotz über Jahrzehnte dauernder juristischer Tätigkeit, niemals aus dem Stand heraus sagen können, ob ein Unterhaltsanspruch der Höhe nach richtig oder falsch ist. Ich müsste mich wahrscheinlich über Tage und Wochen kundig machen, um eine halbwegs sichere Einschätzung abgeben zu können. Verfallen Sie daher nicht auf den Gedanken, dass ein Laie es durch das Lesen von zwei oder drei Artikeln, die man mittels Google im Internet gefunden hat, angemessen einschätzen könnte. Deshalb, lassen Sie sich einer fachkundigen Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt beraten.
  3. Barunterhalt können gegebenenfalls auch volljährige Kinder erhalten. Nur weil man gerade 18. geworden ist, bei Mutter oder Vater wohnt und kurz vor dem Abitur steht, hört ja nicht plötzlich der Bedarf an Geld für Essen, Trinken und Kleidung auf. ABER! Der 18-jährige Sohn ist eben volljährig und er benötigt (rechtlich) keinen Betreuungsunterhalt mehr. Deshalb muss nun plötzlich die Mutter, die zuvor bis zum 18. Geburtstag ihren Anteil durch Betreuung erbracht hat, plötzlich auch zur Hälfte mit für den Barunterhalt aufkommen! Ob das wirklich und in allen Fällen genau die Hälfte zu sein hat, muss durch Vergleich beider Einkommen von Vater und Mutter geklärt werden. Aber es gibt eben keine Regel, dass der Elternteil, der zuvor den Unterhalt in Geld allein erbracht hat, dies weiterhin allein über die Vollendung des 18. Lebensjahres hinaus leisten muss.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen einen kleinen Einblick in ein sehr kompliziertes Rechtsgebiet geben.

Bleiben Sie mir gewogen und vertragen Sie sich!


Ralf Beckmann

Das Beispielfoto am Anfang des Artikels ist ein Screenshot von der Homepage des OLG Oldenburg vom 18.01.2024

Verwaltungsgericht Berlin bestätigt die Registrierungsgebühr des neu eingeführten Hunderegisters von Berlin

Das Verwaltungsgericht Berlin teilt in seiner Presserklärung vom 15.11.2023 mit: „Berliner Hunderegister: Halterin von „Dino“ muss 17,50 Euro zahlen (Nr. 45/2023).

Die Halterin von „Dino“ hatte Ihren Hund im neu eingerichteten Hunderegister von Berlin registriert. Gegen die dafür erhobene Gebühr von 17,50 Euro wandte sie sich u.a. mit dem Argument, dass eine Registrierung nicht erforderlich sei, weil sie ihren Hund bereits bei einem privaten Portal registriert habe.

Das Verwaltungsgericht hat nun die Gebühr als rechtmäßig eingestuft, sodass die Halterin von „Dino“ zahlen muss.

Ralf Beckmann 17.01.2024

Das Beispielfoto stammt von Milli auf Unsplash

Besuchsrecht für Tiereigentümer? Das Oberverwaltungsgericht Münster hat dieses Recht für Tierhalter nun bestätigt

Viele private Tierhalter sind sich nicht bewusst, welche weitreichenden Rechte das Veterinäramt hat, wenn es gegen sie ermittelt. Ein kürzlich veröffentlichter Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) hat nun eine interessante und praxisrelevante Regelung zum Besuchsrecht für Tierhalter geschaffen.
Hier können Sie die Entscheidung des OVG selbst nachlesen.

Was war passiert?
Der Beschluss erging in einem Fall, in dem gemeinsamen Tierhaltern die Haltung ihres Hundes untersagt wurde. Da gegen die Entscheidung der Behörde kein Rechtsmittel eingelegt wurde oder diese erfolglos blieben, war die Entscheidung rechtskräftig und die Tierhalter durften ihren Hund nicht mehr behalten. In solchen Fällen bieten die Hundegesetze der meisten Bundesländer den Behörden die Möglichkeit, den Hund einzuziehen und zu verwerten. Die Einziehung und Verwertung bedeutet letztendlich, dass der Halter sein Tier (irgendwann) verliert und es bis dahin auf Anordnung der Behörde in einem Tierheim zur Vermittlung untergebracht wird, da die Behörde in der Regel keine eigenen Unterbringungsmöglichkeiten hat.

Das OVG urteilte jetzt entgegen der Vorinstanz, dass der bisherige Halter bis zur tatsächlichen Verwertung Eigentümer des Tiers bleibt. Dadurch behält er seine Rechte und kann diese weiterhin ausüben, sofern sie ihm nicht durch behördliche Anordnungen entzogen wurden. Aus dem Eigentumsrecht ergibt sich damit auch das Besuchsrecht für den bisherigen Halter. Hinsichtlich des Umfangs des Besuchsrechts hat das OVG verfügt:
„… während der regelmäßigen Betriebsöffnungszeiten des Tierheims zweimal wöchentlich jeweils bis zu 30 Minuten zu besuchen….“

Empfehlungen für die Praxis als betroffener Halter und Eigentümer
Als betroffener Halter gibt es eine Vielzahl von Empfehlungen aus der anwaltlichen Praxis. Hier deshalb nur die wichtigsten Punkte:
Wenn sich das Veterinäramt mit der Tierhaltung befasst, beginnen die Maßnahmen oft mit der Sicherstellung der Tiere. Diese Sicherstellung ist jedoch weiterhin nicht mit der Einziehung und Verwertung gleichzusetzen. Wird Ihnen als Halter das Tier durch Sicherstellung entzogen, sollten Sie zusammen mit einem Rechtsanwalt abwägen, wie Sie vorgehen möchten. Soll man für sein Tier kämpfen, um es zurückbekommen? Oder gibt es Gründe, die „Wegnahme“ (Sicherstellung) vielleicht sogar hinzunehmen? Im letzteren Fall wird oft geraten, das Eigentum am Tier gegenüber der Behörde aufzugeben. Dieser Rat macht Sinn, wenn man erkennt, dass man nicht erfolgreich gegen die Wegnahme/Sicherstellung des Tiers vorgehen kann, und um die Kosten der Unterbringung des oder der Tiere möglichst gering zu halten. Denn ohne die Eigentumsaufgabe kann die Behörde das Tier erst zur Vermittlung freigeben, wenn die Einziehung erfolgt ist. Die Einziehung ist ein weiterer Bescheid der Behörde, dessen Erlass oft Monate dauert. Diesen langwierigen Prozess kann man durch die Eigentumsaufgabe erheblich abkürzen. Andererseits wird es mit dem Besuchsrecht schwierig oder gar unmöglich, wenn der Halter aus den o.g. Gründen sein Eigentum aufgibt. Das sollte man beachten. Daher sollte man als Tierhalter, der sein Tier besuchen möchte, nicht leichtfertig und aus vermeintlichen Kostengründen sein Eigentum aufgeben. Auf der anderen Seite muss man bedenken, dass wer die Wegnahme oder die rechtliche Sicherstellung duldet und keine Rechtsmittel dagegen einlegt, zwar sein Tier bis zur Verwertung besuchen kann, dies aber mit erheblichen Kosten der Unterbringung im Tierheim verbunden ist. Denn bis zur Verwertung haftet der bisherige Halter auch für die Unterbringungskosten im Tierheim. Diese Kosten lassen sich letztendlich nur vermeiden, wenn man von Anfang an gegen die Maßnahmen der Behörde mit den entsprechenden Rechtsmitteln vorgeht.

Sie sollten an dieser Stelle wissen, dass die Art und der Umfang des Besuchsrechts durchaus strittig sein können. Aber der Beschluss des OVG NRW ist zumindest eine gute Richtschnur für ein Besuchsrecht, das die Behörde wohl nun nicht mehr grundsätzlich infrage stellen kann. Daher können Sie sich auf das Urteil berufen und so die freiwillige Einräumung eines Besuchsrechts durch die Behörde erleichtern. Zumal im Beispielfall die Haltungsuntersagung bereits rechtskräftig war. Wurde Ihr Tier dagegen nur vorläufig durch Sicherstellung entzogen, sollte Ihre rechtliche Position ungleich besser sein.
Ansonsten gilt, dass nur die Gerichte helfen, wenn die Behörde ihr Besuchsrecht verweigert. Selbst Reden und Argumentieren führt meiner Erfahrung nach nur fast nie zum Ziel. Denn die Materie ist sehr komplex und ich kann deshalb nur raten, einen mit diesem Rechtsgebiet versierten Rechtsanwalt zu betrauen.

Bleiben Sie mir gewogen und achten Sie auf Ihr Tier!

Ralf Beckmann


Ich danke Dmitry Serafin recht herzlich für das am Artikelanfang zu sehende Beispielfoto.  Weitere Fotos von Dmitry Serafin finden Sie auf Unsplash.

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Ihre Rechtsschutzversicherung – Kostenlose anwaltliche Erstberatung trotz Selbstbehalt und Alternativen durch Beratung der Rechtsschutzversicherung

Dieser Artikel soll einen Aspekt der Rechtsschutzversicherung beleuchten, den viele Ratsuchende, aber auch Rechtsanwälte oftmals übersehen. Die anwaltliche Erstberatung und deren Kosten.

Dazu muss man zunächst wissen, was ist eigentlich eine Erstberatung? Darunter versteht man, dass Sie einmalig einen Rechtsanwalt oder Rechtsanwältin aufsuchen, Ihr Problem schildern und der Rechtsanwalt Ihnen mündlich einen Rat erteilt oder Ihre Fragen beantwortet.
Eine Erstberatung bietet sich vor allem dann an, wenn Sie noch unsicher sind, ob Sie überhaupt rechtlich etwas gegen den oder die Gegner/in unternehmen wollen oder können. Der anwaltliche Rat gibt Ihnen eine Einschätzung, wie es tatsächlich um die Rechtslage bestellt ist und wie gegebenenfalls Ihre Erfolgsaussichten sind.
Ein derartiges Erstberatungsgespräch, das gegebenenfalls auch per Telefonat oder Videochat geführt werden kann, kostet maximal € 226,10 (inkl. Umsatzsteuer), sofern Sie als Verbraucher dieses Gespräch führen. Die exakten Kosten sollten Sie am besten vor oder bei Beginn des Gesprächs erfragen.

Eine nachträgliche, schriftliche Ausformulierung gibt es nach einer oben geschilderten Erstberatung nicht. Es gibt auch keinen zweiten Termin oder telefonischen Nachfrage. Wenn Sie es lieber schriftlich mögen, müssen Sie den/die Rechtsanwalt/Rechtsanwältin gleich um ein Gutachten bitten. Die Kosten dafür liegen bei max. 250 EUR /netto = 297,50 inkl. Umsatzsteuer, wenn Sie Verbraucher sind; § 34 Abs. 1 RVG.

Was hat dies aber alles mit Ihrer Rechtsschutzversicherung zu tun? Sie sind versichert, beispielsweise mit einem Familienrechtsschutz, haben aber eine sog. Selbstbeteiligung (manchmal auch Selbstbehalt genannt) von 150, 200 oder gar 350 EUR (je Rechtsschutzfall) vereinbart? Dann kann man natürlich auf die Idee kommen, dass sich die Erstberatung beim Rechtsanwalt „nicht lohnt“, weil man ehedem alles oder einen großen Teil der Kosten selbst entrichten muss.

Deshalb kommt hier Hilfe für Sie! Einige Rechtsschutzversicherer bieten an, diese Kosten vollständig zu übernehmen! Sie müssen also keine Zuzahlung zur Gebührenrechnung Ihres Rechtsanwalts leisten, obwohl Sie einen „Selbstbehalt je Rechtsschutzfall“ von 250 Euro vereinbart haben. Allerdings gibt es häufig die „Einschränkung“, dass diese Kosten nur dann übernommen werden, wenn die Sache mit der Erstberatung erledigt wird.
Was bedeutet dies für Sie?
Sie haben Streit mit einem Ex-Freund. Dieser will die ihm überlassenen 2.500 Euro nicht zurückzahlen, die Sie ihm in einem Anfall von Mitleid geliehen haben. Sie erkundigen sich bei einer Rechtsanwältin nach der Rechtslage. Diese erteilt den Rat im Rahmen der Erstberatung, dass Sie einen Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens haben. Leider haben sie das Geld aber ohne Zeugen und ohne einen schriftlichen Darlehensvertrag verliehen. Deshalb werden Sie voraussichtlich in einem Prozess in Beweisnot geraten. Sie verzichten daher auf eine Klage gegen den Ex-Freund. Dann ist die Sache mit der Erstberatung erledigt; Ihre Rechtsschutzversicherung übernimmt gegebenenfalls die Kosten vollständig und das war es.
Die andere Möglichkeit ist, dass Sie trotz der Beweisschwierigkeiten Ihren Anwalt im Rahmen der Beratung beauftragen, für Sie gegen den Ex-Freund tätig zu werden. Dann ist die Sache nicht erledigt und die Versicherung zahlt nicht für die Erstberatung, sofern die Einschränkung „Erledigung der Sache durch die Beratung“ besteht. Das ist aber nicht wirklich von Nachteil für Sie. Denn die Gebühren für die Erstberatung sind auf die weiteren Gebühren für die Tätigkeit des Rechtsanwalts anzurechnen, § 34 Abs. 2 RVG.
(Mögliche Ausnahme: Der Rechtsanwalt hat mit Ihnen im Rahmen einer schriftlichen Honorarvereinbarung den Ausschluss des § 34 Abs. 2 RVG vereinbart). Im Normalfall zahlen Sie dann also rechnerisch nichts für die Erstberatung, sofern Sie nach der Beratung einen Auftrag erteilen. Dann aber ist es aber wirtschaftlich nicht anders, als hätten Sie den Rechtsanwalt gleich mit der Tätigkeit gegen den zahlungsunwilligen Darlehensnehmer beauftragt. Der mit Ihrer Rechtsschutzversicherung vereinbarte Selbstbehalt wird einmalig angerechnet. Die vorhergehende Erstberatung war „kostenlos.“

Welche Versicherer eine derartige, manchmal auch eingeschränkte Leistung für eine Erstberatung oder sonstige Beratungen bieten, liste ich am Ende des Artikels auf. Die dortigen Hinweise sind bestmöglich bei den Versicherern recherchiert. Die Liste der dort genannten Versicherer wird fortlaufend erweitert. Dennoch kann ich naturgemäß keine Gewähr für die Vollständig- und Richtigkeit übernehmen. Hinweisen möchte ich auch noch darauf, dass dies keine verdeckte Werbung ist. Ich erhalte von den genannten Versicherern weder eine Provision, noch sonstige Vergünstigungen. Auch bedeutet die fehlende Auflistung Ihres Versicherers nicht, dass er keine kostenlose Erstberatung oder ähnliche Leistungen anbietet. Man hat sich nur nicht bei mir gemeldet.

So, nun soll es losgehen:

  1. DMB Rechtsschutz – Internet: http://www.dmb-rechtsschutz.de

    Verzicht auf Selbstbeteiligung, wenn Rechtsschutzfall durch Erstberatung erledigt ist
    Bei einigen Produkten verzichtet die DMB auf die Anrechnung einer vertraglich vereinbarten Selbstbeteiligung, wenn der Rechtsschutzfall durch eine Erstberatung erledigt worden ist. Dann werden die Kosten bis zu 250 Euro zzgl. Mehrwertsteuer übernommen.
    Dies gilt für folgende Produkte: EXPERT, PRESTIGE, YOLIG, Schnell & Sicher sowie für die Online-Produkte SECUROplus und SECUROpremium. Dies gilt nicht bei den Produkten Standard sowie bei dem Online-Produkt SECURO.
    Zusätzlich gibt es die DMB RECHT-Hotline. Diese Serviceleistung bietet die einfache und schnelle Rechtsberatung am Telefon durch unabhängige Rechtsanwälte, sofort und ohne weitere Kosten, in allen Rechtsgebieten und bei allen rechtlichen Fragen. Ohne Anrechnung einer Selbstbeteiligung und ohne Anrechnung als Schadenfall. Die DMB RECHT-Hotline können alle Versicherungsnehmer und alle mitversicherten Personen nutzen.

  2. ÖRAG Rechtsschutz – Internet: Rechtsschutzversicherung (oerag.de)

    „Die ÖRAG Rechtsschutzversicherungs-Aktiengesellschaft ist der gemeinsame Partner für Rechtsschutzversicherungen der Gruppe öffentlicher Versicherer und der Sparkassen-Finanzgruppe. Den Vertrieb der Produkte übernehmen die Vertriebspartner der Versicherungsunternehmen und die Sparkassen.“

    Die ÖRAG verfährt bei Rechtsschutzfällen im Zusammenhang mit einer anwaltlichen Erstberatung laut Auskunft der Pressestelle wie folgt:
    „Die ÖRAG verzichtet auf die vereinbarte Selbstbeteiligung bei Rechtsschutzfällen, die mit einer Beratung oder Mediation erledigt sind (§
    5 III b) ARB). Diese Regelung gilt seit Tarif 2004 für alle Produkte.“

  3. wird fortlaufend erweitert …

Das obige Beispiel-Foto stammt mit freundlicher Genehmigung von Sasun Bughdaryan auf Unsplash.

Rechtsschutzversicherung – Was bedeutet: Wir übernehmen die Kosten, die dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens entsprechen?

Vorbemerkung
Wenn man den Versicherungen Glauben schenken darf, ist die Rechtsschutzversicherung ein äußerst nützliches Produkt, ja ein wahrer Segen. Allerdings gibt es immer Einschränkungen und einige Dinge sind zu beachten. Das bedeutet nicht, dass eine Rechtsschutzversicherung nicht hilfreich ist, meiner Meinung nach ganz im Gegenteil. Man sollte jedoch wissen, was man kauft. Aus diesem Grund habe ich die neue Kategorie „Rechtsschutz“ erstellt. Hier erkläre ich, was Ihnen eine Rechtsschutzversicherung bietet, worauf Sie achten sollten und was Sie für Ihr Geld erwarten können.

Die kurioseste und manchmal für Juristen sogar unverständlichste Klausel einer jeden Rechtsschutzversicherung
Stellen Sie sich vor, Sie befinden sich in einem Rechtsstreit und Ihr Anwalt gibt Ihnen ein Schreiben Ihrer Rechtsschutzversicherung zur Kenntnis, in dem Ihnen und dem Anwalt die sogenannte Deckungszusage erteilt wird. Dort steht häufig: „Bei einer gütlichen Einigung der Angelegenheit übernehmen wir die Kosten, die dem Verhältnis des von der Versicherungsnehmerin/dem Versicherungsnehmer angestrebten Ergebnisses zum erzielten Ergebnis entsprechen, es sei denn, dass eine hiervon abweichende Kostenverteilung gesetzlich vorgeschrieben ist.“

Sie fragen sich berechtigt, was Ihnen damit eigentlich mitgeteilt werden soll.
Ich sage es mal so: Ihre Rechtsschutzversicherung möchte nicht die ganze Zeche zahlen, obwohl sie nur einen Bruchteil bekommen.

Ich erkläre es anhand eines Beispiels:
Angenommen, Sie fordern 1.000 Euro in einem Rechtsstreit. Sie einigen sich vor Gericht mit dem Beklagten auf einen Betrag von 500 Euro, also genau die Hälfte. Das bedeutet, dass Sie zu 50% obsiegt haben und zu 50% unterlegen waren. In diesem Fall sollte die Kostenvereinbarung so getroffen werden, dass beide Parteien die gesamten Kosten des Rechtsstreits inklusive des Vergleichs zu je 50% tragen. Dies entspricht in der Regel der Praxis bei Vergleichsverhandlungen. Ihre Rechtsschutzversicherung erwartet daher von Ihnen, dass Sie sich in Bezug auf die Kosten entsprechend verhalten. Die Kostenregelung soll das prozentuale Verhältnis widerspiegeln, das Sie in Bezug auf die Hauptsache (Ihre ursprüngliche Forderung von 1.000 Euro) vereinbart haben. Wenn Sie 1.000 Euro fordern und gemäß Vergleich 300 Euro erhalten, beträgt Ihr Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen 30/70. In diesem Fall müssen Sie 70% der Kosten tragen und im Vergleich vereinbaren. Bekommen Sie 700 von den ursprünglich geforderten 1.000 Euro, ist Ihre Quote 70/30 und sie sollten auch nur 30% der Kosten tragen.  Wenn Sie das dann so im Vergleich vereinbaren, wird Ihre Rechtsschutzversicherung auch die so vereinbarten Kosten bezahlen.

Aber warum will Ihre Rechtsschutzversicherung, dass die Kosten der Hauptsache folgen?
Vorweg: der Ausdruck „dass die Kosten der Hauptsache folgen“ ist nur eine andere Ausdrucksweise für „Die Kosten des Vergleichs müssen dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens entsprechen.“

Auch hierzu ein Beispiel:
Sie könnten die folgende Situation zu Ihrem Vorteil genutzt haben. Die Richterin schlägt in der Güteverhandlung vor, dass Sie von den eingeklagten 1.000 Euro nur 300 Euro erhalten sollen. Dementsprechend verlieren Sie zu 70% und gewinnen zu 30%. Nun kommen Sie auf die Idee, diese Ihnen persönlich zustehende Summe zu erhöhen, ohne dass die Gegenseite insgesamt mehr zahlen muss. Sie erhöhen deshalb den an Sie zu zahlenden Betrag von 300 Euro auf 500 Euro und vereinbaren gleichzeitig, dass Ihre zusätzlichen 200 Euro durch einen erhöhten Anteil an den Kosten ausgeglichen werden. Sie bieten der Gegenseite folglich an, dass Sie statt 300 nunmehr 500 Euro erhalten. Dafür übernehmen Sie jedoch 80% der Kosten, statt wie üblich 50%. Das Verhältnis der Kosten entspricht jetzt nicht mehr dem Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen. Dabei haben Sie natürlich im Hinterkopf, dass die Kosten nicht von Ihnen getragen werden müssen, sondern von Ihrer Rechtsschutzversicherung. Das könnte ziemlich clever sein, oder?

Mit der oben genannten Klausel hindert Ihre Rechtsschutzversicherung Sie jedoch daran, mehr zulasten Ihrer Versicherung zu gewinnen, was wiederum dazu führt, dass Ihre Versicherung mehr Kosten tragen müsste.

Sie können folglich jeden denkbaren Vergleich schließen, ohne Ihre Rechtsschutzversicherung „um Erlaubnis fragen zu müssen.“ Die Kostenregelung muss dabei nur dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens folgen oder entsprechen.

Bleiben Sie informiert.


Ralf Beckmann

Das obige Beispiel-Foto stammt mit freundlicher Genehmigung von Sasun Bughdaryan auf Unsplash.

Kein Kita-Platz? Keine Sorge! Das Verwaltungsgericht in Münster gibt seinen Urteilen Nachdruck und zeigt, dass die Situation ernst ist

Vorbemerkung
Es ist bereits bekannt, dass eine Klage gegen eine Stadt oder Gemeinde aufgrund fehlender Kita-Plätze erfolgreich sein kann. Nun zeigt das Verwaltungsgericht in Münster auch Entschlossenheit gegenüber der scheinbar hilflosen Stadt.

Urteil bzw. Beschluss des Verwaltungsgerichts Münster
Bereits am 17. Oktober 2023 hatte das Verwaltungsgericht der Stadt Münster in einem Beschluss aufgetragen, der Antragstellerin innerhalb von zwei Wochen einen Betreuungsplatz zur frühkindlichen Förderung mit einer Betreuungszeit von mindestens 35 Wochenstunden in einer Kindertageseinrichtung oder Kindertagespflegestelle zur Verfügung zu stellen, die innerhalb von 30 Minuten von der Wohnung der Antragstellerin erreichbar ist.

Was passiert jedoch, wenn die Stadt nur unzureichend auf diese gerichtliche Anordnung reagiert? Im vorliegenden Fall stellt die Stadt keinen Platz zur Verfügung und spricht lediglich von „fehlenden Plätzen“. Wie bereits betont wurde, ist die Antwort „Wir haben einfach keinen Platz“ nicht akzeptabel.

Das Verwaltungsgericht hat dies erkannt und die Hilflosigkeit der Stadt Münster mit einem Zwangsgeldbeschluss geahndet. Die Stadt muss demnach ein Zwangsgeld in Höhe von 2.500 Euro zahlen, wie in der Pressemitteilung vom 17. November 2023 des Verwaltungsgerichts Münster bekannt gegeben wurde.

Ob die Stadt nun einsichtig ist, bleibt abzuwarten. In jedem Fall wird das Nichtzurverfügungstellen eines Kita-Platzes langsam teuer.

Bleiben Sie informiert und verfolgen Sie mit mir die weitere Entwicklung.

Ralf Beckmann

Das obige Beispiel-Foto zeigt einen Screenshot der Pressemitteilung des VG Münster vom 21.11.2023

Wenn Sie mehr über das Thema Kinder und Kindergarten erfahren möchten, lesen Sie gern auch folgende, von mir verfasste Artikel:

Immer wieder Kindergarten – Verwaltungsgericht Hannover stellt klar, dass der Ausschluss eines Kindes aus dem Kindergarten rechtswidrig war

Baustelle, Eltern haften für Ihre Kinder! Stimmt das? Ein Beispiel aus der Rechtsprechung: OLG Oldenburg, Pressemitteilung vom 22.05.2023

Klagen für den Krippenplatz? – „Es ist nicht Sache der Eltern, einen Platz zu schaffen“

Ihr Kind möchte in die Kita – Der Kita-Platz wird Ihnen verweigert? Was kann man tun?

Haben Sie einen Riester-Altersvorsorgevertrag bei einer Bank abgeschlossen? Dann ist es wichtig, dass Sie das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 21.11.2023 kennen

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem aktuell verkündeten Urteil die „Unwirksamkeit einer Klausel zu Abschluss- und Vermittlungskosten in einem Riester-Altersvorsorgevertrag“ festgestellt.
Viele Menschen sind dem Rat der Politik und Banken gefolgt und haben einen Riester-Vertrag für die private Altersvorsorge abgeschlossen. Wenn Sie ebenfalls zu dieser Gruppe gehören, sollten Sie aufhorchen und sich das oben genannte Urteil des BGH genauer anschauen. In seiner Pressemitteilung 194/2023 vom 21.11.2023 stellt der BGH fest, dass eine bedeutende Klausel in vielen Sparverträgen unwirksam ist.

Es handelt sich um die folgende Klausel: „Im Falle der Vereinbarung einer Leibrente werden dem Sparer gegebenenfalls Abschluss- und/oder Vermittlungskosten belastet.“ Der BGH bemängelt an dieser Klausel: „Die Klausel ist nicht klar und verständlich im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und benachteiligt dadurch die Vertragspartner der Beklagten unangemessen.

Diesem Urteil kann man als Jurist nur zustimmen. Wäre die Klausel wirksam, müssten Verbraucher blindlings Kosten akzeptieren, deren Höhe die Banken einseitig festlegen. Denn niemand kann der Klausel entnehmen, in welcher Höhe Abschluss- und/oder Vermittlungskosten von der Bank geltend gemacht werden und für welche Zeiträume.

Wenn auch Sie eine ähnliche Klausel wörtlich oder sinngemäß in Ihrem Vertrag finden, sollten Sie unbedingt rechtlichen Rat für weitere Schritte einholen. Möglicherweise ergibt sich die Möglichkeit, einen ungeliebten Vertrag vorzeitig zu kündigen oder bereits gezahlte Abschluss- und Vermittlungskosten zurückzufordern.

Bleiben Sie aufmerksam und schenken Sie mir weiterhin Ihr Vertrauen!

Ralf Beckmann

Abschleppen von Privatgrundstücken – ist das erlaubt?

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem interessanten Urteil darüber entschieden.
Es kommt immer wieder vor, dass man in einer Notsituation auf einem fremden Privatgrundstück parkt. Jeder weiß, dass dies nicht erlaubt ist. Was passiert jedoch, wenn der Grundstückseigentümer ein Abschleppunternehmen beauftragt und dieses nicht nur die Abschleppkosten, sondern auch hohe Verwahrgebühren für das Fahrzeug verlangt? Genau solch ein Fall wurde vor dem BGH verhandelt und das Urteil (Urteil des V. Zivilsenats vom 17.11.2023 – V ZR 192/22) in der Pressemitteilung 190/2023 des Gerichts heute veröffentlicht.

Zunächst einmal zur Information: Der Abschleppunternehmer hatte Verwahrkosten von 4.935 € geltend gemacht – ein Betrag, für den manche Menschen sich ein Gebrauchtfahrzeug kaufen könnten! Die Frage ist also, ob diese Kosten berechtigt sind. Hat der Abschleppunternehmer recht? Um diese Frage vorab beantworten zu können, gebe ich Ihnen noch folgende Informationen:

  • Das Fahrzeug befand sich 329 Tage in Verwahrung beim Abschleppunternehmer
  • Die täglichen Verwahrkosten betrugen 15,- Euro

Und nun, was halten Sie davon? Sind Sie der Meinung, dass die Kosten gerechtfertigt sind, dass sie vollständig oder nur teilweise erstattet werden sollten? Versuchen Sie, diese Frage für sich selbst zu beantworten und überprüfen Sie Ihr rechtliches Gespür.

Falls Sie möchten, können Sie sich kurz in die Pressemitteilung des BGH einlesen. Diese ist meiner Meinung nach jedoch nicht für Laien verfasst und enthält zahlreiche juristische Begriffe wie „aus abgetretenem Recht“ und „Geschäftsführung ohne Auftrag“. Dann gibt es auch noch eine Streithelferin und eine Widerklage, um die Verwirrung für Laien perfekt zu machen. Daher fasse ich die rechtlichen Überlegungen und Ergebnisse für Sie zusammen:

  • Der Abschleppunternehmer erhält statt der geforderten Verwahrkosten für 329 Tage nur die Kosten für 5 Tage, also 75 €.
  • Der Grundstückseigentümer kann grundsätzlich durch das Abschleppen eine Besitzstörung beseitigen.
  • Die Kosten des Abschleppens müssen bis zu einem ortsüblichen Satz erstattet werden.
  • Die Verwahrung des Fahrzeugs durch den beauftragten Abschleppunternehmer ist grundsätzlich in Ordnung. Der Grundstückseigentümer ist nicht verpflichtet, selbst oder über den Abschleppunternehmer einen öffentlichen Parkplatz zu suchen, damit dem Falschparker keine Verwahrkosten entstehen. Die Verwahrkosten bis zum Zeitpunkt des Herausgabeverlangens des Fahrzeughalters sieht der BGH als Kosten der Abwicklung des Abschleppvorgangs an und müssen deshalb in ortsüblicher Höhe erstattet werden.
  • Der abschleppende Grundstückseigentümer muss den Fahrzeugführer oder Halter unmittelbar nach dem Abschleppen über den Abschleppvorgang informieren. Verletzt er diese Pflicht, kann dies zu einer Kürzung der Ansprüche auf Erstattung der Abschlepp- und Nebenkosten führen. Wenn der Grundstückseigentümer den Fahrzeughalter erst nach 10 Tagen über den Abschleppvorgang informiert, könnten die ersten 10 Tage der Verwahrkosten zulasten des Grundstückseigentümers gehen.
  • Der Anspruch auf Erstattung der Verwahrkosten als Kosten der Abwicklung des Abschleppvorgangs ist jedoch begrenzt und endet mit dem Herausgabeverlangen des Fahrzeughalters.

Aus den oben genannten Gründen erhält der Abschleppunternehmer in unserem Fall vor dem BGH nicht die Verwahrgelder für fast ein Jahr, sondern nur für die fünf Tage, bis der Fahrzeughalter und Kläger die Herausgabe seines Fahrzeugs verlangte.

Es gibt jedoch einen Haken, wie so oft im juristischen Bereich. Der Kläger als Fahrzeughalter hätte auch für weitere Verwahrkosten haftbar gemacht werden können, wenn der Abschleppunternehmer keinen rechtlichen Fehler begangen hätte. Der Abschleppunternehmer muss dem abgeschleppten Halter nämlich das Fahrzeug in einer Art und Weise anbieten, die den Annahmeverzug begründet. Was genau der Abschleppunternehmer in diesem Fall aus Sicht des BGH falsch gemacht hat, bleibt unklar. Aber ich vermute, dass er nicht klar und eindeutig erklärt hat: „Ich biete Ihnen die Herausgabe des Fahrzeugs gegen Erstattung der Abschleppkosten und der bis heute (5. Tag) angefallenen Verwahrkosten an.“ Denn nur durch eine solch klare und eindeutige Erklärung, die auch die Höhe der Kosten auflistet, gerät der Fahrzeughalter in den Annahmeverzug, wenn er die Zahlung (unbegründet) verweigert. Hinzu käme m.E. auch die Pflicht, die Berechtigung zum Beitreiben der Abschlepp- und Verwahrkosten nachzuweisen (Abtretungserklärung vorlegen!). Dann befindet sich der Fahrzeughalter im Annahmeverzug und muss gemäß § 304 BGB auch weitere Verwahrkosten über den Zeitpunkt des Herausgabeverlangens hinaus bezahlen.

Zum Schluss möchte ich Ihnen nachfolgend praktische Lösungswege für betroffene Grundstückseigentümer oder Fahrzeughalter aufzeigen:

Als Grundstückseigentümer dürfen Sie grundsätzlich ein widerrechtlich auf Ihrem Grundstück parkendes Fahrzeug durch Hilfspersonen (Abschleppunternehmer) entfernen lassen. Wenn Sie dies tun, haften Sie zunächst für die Kosten des Abschleppvorgangs gegenüber dem Abschleppunternehmer. Immerhin haben Sie die Leistung in Anspruch genommen. Sie können jedoch vereinbaren, dass der Abschleppunternehmer seine Kosten zunächst beim Fahrzeughalter eintreibt. Dies geschieht durch die sog. Abtretung Ihrer Erstattungsansprüche gegen den Fahrzeughalter an den Abschleppunternehmer. Der Abschleppunternehmer hat ein gutes und rechtlich einwandfreies Druckmittel, nämlich die Fahrzeugherausgabe zu verweigern, bis die Zahlung erfolgt oder garantiert wird. Allerdings sollten Sie als Auftraggeber und Grundstückseigentümer sicherstellen, dass der Abschleppunternehmer keine überhöhten Preise verlangt und sich im ortsüblichen Rahmen bewegt.

Als Fahrzeughalter, unabhängig davon, ob Sie selbst gefahren sind oder das Fahrzeug verliehen haben, müssen Sie die ortsüblichen Kosten für das Abschleppen und die Verwahrung bis zu Ihrem Herausgabeverlangen bezahlen. Da Sie eigentlich dem Grundstückseigentümer als Auftraggeber zur Erstattung der Kosten verpflichtet sind, muss der Abschleppunternehmer zunächst eindeutig seine Berechtigung zur Beitreibung der Kosten nachweisen. Dies kann er m.E. nur durch Vorlage der Original-Abtretungserklärung des Auftraggebers und Grundeigentümers.
Grundsätzlich empfiehlt es sich, das Herausgabeverlangen mit Zeugen vorzubringen, wenn Sie persönlich beim Abschleppunternehmer vorsprechen.
Also, zunächst verlangen Sie Ihr Fahrzeug heraus. Wenn der Abschleppunternehmer dann deutlich macht, dass er dafür zunächst Geld sehen will, verlangen Sie den schriftlichen Nachweis seiner Berechtigung. Dies ist die Abtretungserklärung des Auftraggebers/Grundstückeigentümers. Wenn dieser Punkt geklärt ist und der Unternehmer darf im Auftrag des Grundstückeigentümers das Geld von Ihnen fordern, kommen wir zum zweiten Punkt. Der Höhe des geforderten Betrags.
Wenn Sie der Meinung sind, dass der Abschleppunternehmer überhöhte Kosten geltend macht, haben Sie zwei Möglichkeiten: Entweder Sie zahlen den überhöhten Betrag, vermerken jedoch auf Ihrer Quittung und dem Abschleppvertrag, dass Sie die Kosten für überhöht halten, dies beanstandet haben und den Gesamtpreis nur unter der Bedingung der nicht erfolgten Herausgabe zahlen, wobei Sie sich vorbehalten, den zu viel gezahlten Betrag ausdrücklich zurückzufordern.
Der alternative Weg, den ich nur in Anspruch nehmen würde, wenn der Unternehmer mehr als das Doppelte des ortsüblichen Satzes verlangt, besteht darin, die Erstattung der Kosten zu verweigern. Stattdessen sollten Sie nachweislich dokumentieren, dass Sie den Betrag XY für den ortsüblichen Satz halten und diesen angeboten haben, der Abschleppunternehmer jedoch Ihr „Angebot“ zur Annahme und Herausgabe des Fahrzeugs abgelehnt hat. Ist dieser Betrag der Höhe nach richtig, kommt nun der Abschleppunternehmer in Verzug. Aber Vorsicht: Bei diesem Vorgehen müssen Sie sich absolut sicher sein, dass Ihre Einschätzung der angemessenen Abschlepp- und Verwahrkosten korrekt ist. Wenn der Unternehmer nämlich mit seinem Preis im ortsüblichen Bereich liegt und Sie sich geirrt haben, müssten Sie die weiteren Verwahrkosten bezahlen. Da die Klärung oft lange dauert, kann dies teuer werden.
Auch hier der praktische Tipp. Bevor Sie zum Abschleppunternehmer fahren und Ihr Fahrzeug herausverlangen, schauen Sie im Internet, welche Kosten in Ihrer Stadt im ortsüblichen Bereich liegen. Wenn man Google fragt, dürften dies zwischen 120 und 200 Euro für die ersten 10 Kilometer und 3,- Euro für jeden weiteren Kilometer sein (Anm.: ohne Anspruch auf Richtig- und Vollständigkeit – ich übernehme keine Gewähr). Auf jeden Fall sollten Sie nicht unvorbereitet diesen Termin wahrnehmen. Wie oben erwähnt, ist auch ein guter Zeuge sicher besser, als dort allein vorstellig zu werden.

Eines sollte den juristischen Laien jedoch das BGH-Urteil lehren. Verlassen Sie sich nicht auf Ihr einwandfreies, rechtliches Gespür. In derartigen Fällen gibt es gerade für betroffene Kfz-Halter enorme Stolpersteine auf dem Weg zum eigenen Auto. Besser ist es, wenn Sie den Rat einer erfahrenen Rechtsanwältin oder eines Rechtsanwalts einholen.

Bleiben Sie mir gewogen und vertragen Sie sich!

Ralf Beckmann

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