Schlagwort: Bundesgerichtshof

Sie wollen durch eine Nachzahlung rückständiger Miete die Kündigung „unwirksam“ machen? Dann Vorsicht: Sie sollten die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kennen

Der Bundesgerichtshof hat erneut ein klares und eindeutiges Urteil zur Frage von Mietschulden getroffen. Hier können Sie das Urteil des Bundesgerichtshofs (kurz BGH) vom 13.10.2021 – Aktenzeichen: VIII ZR 91/20 nachlesen.

Warum geht es genau? Der Mieter hatte Mietschulden, veranlasst durch eine Mietkürzung. Wegen des Mietrückstandes wurde vom Vermieter fristlos gekündigt. Dagegen können sich Mieter mit der Zahlung des Rückstands wehren. § 569 Abs. 3, Nr. 2 Satz 1 BGB eröffnet dem Mieter nämlich eine sog. Schonfristzahlung. Im Gesetz heißt es:

„Die Kündigung wird auch dann unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546a Abs. 1 befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet.“

Wobei wichtig zu wissen ist, dass sich diese Schonfristzahlung auf eine fristlose Kündigung bezieht. Das wollte offensichtlich das Landgericht Berlin als Berufungsinstanz schon mehrfach mit einer Vielzahl von rechtspolitischen Argumenten unterlaufen. Die Schonfristzahlung sollte auch eine ordentliche Kündigung des Vermieters unwirksam machen. Erneut hat der BGH jedoch in seinem Urteil darauf hingewiesen, dass der Wortlaut und die Intention des Gesetzgebers eindeutig sei.

Denn im vorliegenden Fall hatte der Vermieter nicht ausschließlich fristlos wegen des Mietrückstands gekündigt, sondern zugleich hilfsweise eine ordentliche Kündigung ausgesprochen. Das passiert bei anwaltlicher Unterstützung der Vermieter eigentlich immer. Wenn nicht, ist das ein mehr oder weniger klarer Haftpflichtfall zu Lasten des Rechtsanwalts. Wird aber die fristlose Kündigung durch die Schonfristzahlung unwirksam, kommt die hilfsweise ausgesprochene Kündigung zum Zug. Diese wird dann nicht durch die Schonfristzahlung unwirksam. Auch wenn das Landgericht Berlin dies aus sozialpolitischen Erwägungen so sieht. Für die Änderung unzweitgemäßier Gesetze ist der Gesetzgeber zuständig und nicht das Gericht muss durch Umdeuten tätig werden. So einfach kann Jura manchmal sein.

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Ralf Beckmann

Mietrecht – Darf der Vermieter einen vermeintlichen Schaden an der Wohnung durch Verrechnung mit der Kaution nach Verjährung ausgleichen?

Der Bundesgerichtshof (kurz BGH) hat kürzlich einen interessanten Fall entschieden (hier die Pressemitteilung des BGH). Es geht um den Ersatz von Schäden an der Wohnung, für den Mieter verantwortlich sein sollen. Nachfolgend meine kurze Stellungnahme und Bewertung zu dem Fall.

Um zu verstehen, wo die Problematik liegt, muss man § 548 Abs. 1 BGB kennen. Demnach verjähren Schäden an der Mietsache 6 Monate nach deren Rückgabe. Haben Sie also Ihre Wohnung am 31.12.2023 zurückgegeben, tritt die Verjährung am 01.07.2024 ein. Der Vermieter kann ab diesem Zeitpunkt dann nicht mehr durchsetzen, dass sie angeblich von Ihnen beschädigte Innentüren und deren Auswechselung bezahlen müssen.
Der Vermieter hatte im vorliegenden Fall nach Ablauf von 6 Monaten noch Geld für vermeintliche Schäden an der Wohnung verlangt und diese Schäden durch Aufrechnung mit der Kaution beglichen.
Exkurs: Um den Fall richtig zu verstehen, sollte man auch das Recht der Verjährung kennen. Natürlich kann der Vermieter am 02.07.2024 schriftlich die Erstattung der Kosten für die ausgewechselten Türen fordern. Die Verjährung ist zwar eingetreten, aber Sie müssen von dem Recht auch GEBRAUCH machen, also dem Vermieter mitteilen, dass Sie sich auf die Verjährung berufen. Nur wenn Sie das aktiv tun (also das RECHT ausüben) indem Sie dem Vermieter sagen, “ … ich berufe mich auf Verjährung…“, kann ein Gericht auch die Verjährung zu Ihren Gunsten berücksichtigen. Unaufgefordert darf das Gericht dies nicht tun.

Nun aber zurück zum Fall. Die Mieter hatten richtig gehandelt und sich auf Verjährung berufen. Die Vorinstanzen hatten den Mietern deshalb recht gegeben und verneint, dass der Vermieter die Kosten für die Reparatur einfach von der Kaution abziehen durfte; Juristen nennen das Aufrechnung. Der BGH war jedoch anderer Meinung. Es argumentierte u.a.: „Dabei hat das Berufungsgericht jedoch die beiderseitigen Interessen der Parteien eines Wohnraummietverhältnisses im Falle der Vereinbarung einer Barkaution nicht hinreichend berücksichtigt. Eine vom Mieter gestellte Barkaution dient gerade der Sicherung der Ansprüche des Vermieters; dieser soll sich nach Beendigung des Mietverhältnisses auf einfache Weise durch Aufrechnung gegen den Kautionsrückzahlungsanspruch befriedigen können.“ Anders ausgedrückt, der Vermieter soll es mit der Kaution „leicht haben“ und man interpretiert in eine meist nicht besonders umfassend ausgeführte Kautionsvereinbarung hinein: „Der Vermieter soll auch nach Eintritt der Verjährung gem. § 548 BGB noch Schäden mit der Kaution verrechnen dürfen.“

Die für alle spannende Frage ist aber, warum der BGH überhaupt so argumentieren kann? Das liegt an den meist knappen Ausführungen zur Kaution in den Mietverträgen. Dort heißt es zur Kaution vorwiegend, dass der Mieter sich zur Zahlung einer Kaution in Höhe von X Euro bereit erklärt. Wie und wann die Kaution dann bereitgestellt werden muss, steht im Gesetz, § 551 BGB, sofern es sich um Wohnraummiete handelt. Was Sie aber als Laie wissen müssen ist, dass die Kaution nicht „in Stein gemeißelt ist.“ Dass man überhaupt „Kaution zahlen“ muss, ist eine freie Vereinbarung zwischen Mieter und Vermieter, quasi wie ein eigener Vertrag innerhalb des Mietvertrags. Wenn man aber, wie in den meisten Standard-Formularmietverträgen, nur die Kaution an sich und deren Höhe dort vereinbart, bleibt für den „Rest“ Spielraum zur Interpretation! Diesen Spielraum hat der BGH genutzt. Er hat unterstellt, dass die Kaution den Vermieter auf einfache Art und Weise zu seinem Recht, also Geld verhelfen können soll. Das hätten Sie als Mieter wohl auch so gewollt, oder? Die Verjährung gem. § 548 BGB würde diese Leichtigkeit verhindern und schon ist die eigentlich vorgesehene Verjährung vom Tisch!

Meiner persönlichen Meinung nach, ist das eine sehr einfache und einseitige Sichtweise, denn meistens denken sich die Parteien beim Unterzeichnen von Standardmietverträgen nicht viel und wenn ja, machen sie sich sicher wenig Gedanken zur Kaution. Jedoch muss man das Urteil als solches kennen und seine Schlüsse daraus ziehen.

Und was kann man tun? Sehr einfach, von seinem Recht auf Parteivereinbarung im Zivilrecht Gebrauch machen. Niemand kann Ihnen nämlich verbieten, bei dem Passus „Kaution“ dazuzuschreiben, dass § 548 BGB gilt und eine Verrechnung vermeintlicher Schadenersatzansprüche mit der Kaution nach Eintritt der Verjährung ausgeschlossen ist. Das dürfen Sie jederzeit tun und wenn Sie und der Vermieter den Vertrag so unterzeichnen, gilt dies. Dann hat das Urteil des BGH in Ihrem Fall keine Gültigkeit, da Sie dem BGH zulässig den Interpretationsspielraum genommen haben.

Bei all dem vergessen aber viele, dass die Frage, ob der Anspruch auf Ersatz der Schäden berechtigt ist, erst einmal vorrangig geklärt werden muss. Deshalb hat der BGH im vorliegenden Fall zurückverwiesen. Denn diese Frage war noch nicht geklärt und musste auch nicht durch die Vorinstanzen geklärt werden. Denn für diese galt zunächst der Grundsatz der Prozessökonomie. Weil die Mieter sich wirksam auf Verjährung berufen konnten (ihrer Auffassung nach), musste durch die Vorinstanzen nicht geklärt werden, ob der Anspruch des Vermieters auf Ersatz von Schäden überhaupt berechtigt war. Denn derartige Ansprüche sind oftmals zwischen den Parteien streitig, weil der Übergang von normaler Abnutzung zu einem ersatzpflichtigen Schaden eben fließend ist. Stellen Sie sich vor, eine komplette Küche ist Teil der gemieteten Wohnung. Sie wohnen dort 10 Jahre. Und nach 10 Jahren soll der Herd wie neu aussehen? Da ist der Streit, ob dieser mit eingebrannten Fettspritzern dekorierte Herd normal genutzt oder „beschädigt“ wurde, schon vorprogrammiert, oder? Deshalb ist immer zuerst zu klären, habe ich einen Schaden verursacht oder ist der Schaden einfach die normale Abnutzung? Dann stellt sich die Frage, ob der (berechtigte) Anspruch auf Schadenersatz wegen Verjährung zurückgewiesen werden kann.

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Ralf Beckmann

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Der Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof wird abgekürzt auch oft BGH genannt. Er ist in Deutschland die oberste Instanz der sog. ordentlichen Gerichtsbarkeit. Dazu gehören Entscheidungen aus dem Zivil- und Strafrecht.

Unten befindet sich der Link zur Entscheidungsdatenbank ab dem Jahr 2000. Vorherige Entscheidungen werden nicht eingepflegt und müssen beim Entscheidungsversand des Bundesgerichtshofs schriftlich angefordert werden. Bis 50 Seiten beträgt die Schreibgebühr 0,50 Euro pro Seite, für jede weitere Seite 0,15 Euro. Ab 2000 sind Entscheidungen elektronisch abrufbar.

In seinen Pressemitteilungen weist der Bundesgerichtshof auf interessante Entscheidungen hin.

Entscheidungen ab 2000

Pressemitteilungen des BGH

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Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs zur Verurteilung eines Amtsrichters – Auch Richter agieren nicht im rechtsfreien Raum

Der weitverbreiteten Meinung, dass Juristen sich gegenseitig keine Schwierigkeiten bereiten würden, hat der Bundesgerichtshof mit einem aktuellen Urteil deutlich widersprochen. In der Pressemitteilung 013/2024 vom 23.01.2024 macht der BGH deutlich, dass auch Richter zu Straftätern werden können.

Es ist oft zu hören, dass Juristen Fehler ihrer Kollegen nicht kritisieren oder gar vor Gericht bringen würden. Doch das aktuelle Urteil widerlegt diese Ansicht. Der BGH stellte fest, dass ein abgesprochenes, zu mild ausgefallenes Urteil als Rechtsbeugung strafbar ist. Zudem kam in diesem Fall erschwerend hinzu, dass der verurteilte Richter auch im finanziellen Bereich Verfehlungen begangen hatte.

Das Urteil, das auch für Laien gut verständlich ist, verdeutlicht, dass Richter keineswegs im rechtsfreien Raum agieren. Die Pressemitteilung des BGH lädt dazu ein, sich selbst über den Fall zu informieren und festzustellen, dass auch Richter für ihre Taten zur Rechenschaft gezogen werden können.

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Ralf Beckmann

Bei dem obigen Beispielfoto handelt es sich um einen Screenshot vom 23.01.2024 von der Homepage des BGH zur Pressemitteilung 013/2024.

Haben Sie einen Riester-Altersvorsorgevertrag bei einer Bank abgeschlossen? Dann ist es wichtig, dass Sie das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 21.11.2023 kennen

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem aktuell verkündeten Urteil die „Unwirksamkeit einer Klausel zu Abschluss- und Vermittlungskosten in einem Riester-Altersvorsorgevertrag“ festgestellt.
Viele Menschen sind dem Rat der Politik und Banken gefolgt und haben einen Riester-Vertrag für die private Altersvorsorge abgeschlossen. Wenn Sie ebenfalls zu dieser Gruppe gehören, sollten Sie aufhorchen und sich das oben genannte Urteil des BGH genauer anschauen. In seiner Pressemitteilung 194/2023 vom 21.11.2023 stellt der BGH fest, dass eine bedeutende Klausel in vielen Sparverträgen unwirksam ist.

Es handelt sich um die folgende Klausel: „Im Falle der Vereinbarung einer Leibrente werden dem Sparer gegebenenfalls Abschluss- und/oder Vermittlungskosten belastet.“ Der BGH bemängelt an dieser Klausel: „Die Klausel ist nicht klar und verständlich im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und benachteiligt dadurch die Vertragspartner der Beklagten unangemessen.

Diesem Urteil kann man als Jurist nur zustimmen. Wäre die Klausel wirksam, müssten Verbraucher blindlings Kosten akzeptieren, deren Höhe die Banken einseitig festlegen. Denn niemand kann der Klausel entnehmen, in welcher Höhe Abschluss- und/oder Vermittlungskosten von der Bank geltend gemacht werden und für welche Zeiträume.

Wenn auch Sie eine ähnliche Klausel wörtlich oder sinngemäß in Ihrem Vertrag finden, sollten Sie unbedingt rechtlichen Rat für weitere Schritte einholen. Möglicherweise ergibt sich die Möglichkeit, einen ungeliebten Vertrag vorzeitig zu kündigen oder bereits gezahlte Abschluss- und Vermittlungskosten zurückzufordern.

Bleiben Sie aufmerksam und schenken Sie mir weiterhin Ihr Vertrauen!

Ralf Beckmann

Untervermietung – Das Recht des Mieters zur Untervermietung – Nunmehr vom Bundesgerichtshof auch zu Einzimmerwohnungen geklärt

Gerade das Vertragsverhältnis zwischen Mieter und Vermieter verläuft nicht immer störungsfrei. Es gibt viele Punkte, in denen die Interessen des Mieters mit denen des Vermieters kollidieren. Zu diesem immer wieder zu Auseinandersetzungen gehörenden Punkten gehört auch die Gebrauchsüberlassung an Dritte, häufig auch Untervermietung genannt.

Zu diesem immer wieder schwierigen Thema hat nun der Bundesgerichtshof (kurz BGH) ein Urteil gefällt. Die Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 14.09.2023 (Mitteilung 158/2023) zur Untervermietung einer Einzimmmerwohnung finden Sie hier.

Warum darf man eigentlich als Mieter untervermieten? Dieses Recht ergibt sich aus
§ 553 Gestattung der Gebrauchsüberlassung an Dritte (BGB)

(1) Entsteht für den Mieter nach Abschluss des Mietvertrags ein berechtigtes Interesse, einen Teil des Wohnraums einem Dritten zum Gebrauch zu überlassen, so kann er von dem Vermieter die Erlaubnis hierzu verlangen. Dies gilt nicht, wenn in der Person des Dritten ein wichtiger Grund vorliegt, der Wohnraum übermäßig belegt würde oder dem Vermieter die Überlassung aus sonstigen Gründen nicht zugemutet werden kann.

Das Gesetz gibt dem Mieter also das Recht auf eine nach Vertragsbeginn veränderte Situation zu reagieren, und zwar durch Untervermietung. Aber Vorsicht! Das Gesetz unterscheidet zwischen Mietverträgen und Wohnraummietverträgen! Die hier zitierte Gesetzesnorm bezieht sich auf das Wohnraummietverhältnis. Reden wir über eine Scheune, Garage oder ein Ladenlokal (in dem man typisch nicht wohnt!), ist § 553 BGB nicht anwendbar.

Die Krux im vorliegenden Fall lag darin, dass es sich bei der betreffenden Wohnung um eine Einzimmerwohnung handelte. Warum macht das die Sache schwierig? Weil das Gesetz hier ausdrücklich von „einem Teil des Wohnraums“ spricht. Wer also in Bausch und Bogen die komplette Wohnung untervermieten möchte, findet in § 553 BGB keine Stütze. Der Vermieter hatte im vorliegenden Fall wohl so argumentiert, dass eine Einzimmerwohnung schlechterdings nicht nur „teilweise“ unter vermietbar sein soll. Wie sollte das auch gehen, die eine Hälfte des Wohnraums für mich, ein dicker Kreidestrich markiert die Trennlinie und die andere Hälfte für den Untermieter?

Doch der Vermieter hatte hier leider falsch argumentiert. Warum? Weil der Mieter einen Teil der Wohnung für sich behalten hatte. Das grundsätzlich berechtigte Interesse, auch ein Kriterium, das erfüllt sein muss, lag in seiner beruflichen Abwesenheit für einen bestimmten Zeitraum.
Gut beraten war der Mieter auch mit seinem sonstigen Verhalten. Er behielt einen Schlüssel für die Wohnung, was der BGH als nicht erfolgte Besitzaufgabe wertete. Der Untermieter hatte damit keinen alleinigen Besitz an der Wohnung. Ferner hatte der Mieter einen Teil der Wohnung für sich behalten, und zwar durch das Lagern persönlicher Gegenstände in einem verschlossenen Schrank, einer Kommode und einer Nische im Flur, die mit persönlichen Gegenständen nur für ihn vorbehalten war. So jedenfalls wurde nach Auffassung des BGH das Kriterium „ein Teil der Wohnung“ ausreichend erfüllt. Denn nach der Argumentation des BGH kommt es nicht darauf an, wie groß der Teil ist, der untervermietet wird oder wie groß der Teil ist, den der Mieter (Hauptmieter) für sich behält. Das Gesetz sieht hier keinen Mindestanteil vor. Zusammen mit dem zuvor erwähnten Schlüssel für die Wohnung ergab sich der jederzeitige Zugriff des Mieters auf seinen Teil der Wohnung.

Sollten Sie also in der Zukunft für einen nennenswerten Zeitraum beruflich in eine andere Stadt versetzt werden, wissen Sie, was zu tun ist, sofern Sie Ihre Wohnung behalten möchten. Vermieten Sie Raum 1 bis 3 zuzüglich Küche und Bad und behalten Sie Raum 4 für sich und lagern dort Ihre persönlichen Dinge und Möbel, die Sie nicht dem Untermieter überlassen möchten. Außerdem müssen Sie mit dem Untermieter regeln, dass Sie Ihren Teil der Wohnung jederzeit betreten dürfen und Sie müssen dazu natürlich einen Schlüssel behalten.
Aber Vorsicht! Sie müssen den konkreten Untermieter benennen und dieser muss akzeptabel sein. Wobei nicht der Vermieter festzulegen hat, niemand mit „langen Haaren oder keine Lehrer“ oder ähnlichen Nonsens. Vielmehr darf nach allgemein gültigen Kriterien nichts gegen den Untermieter sprechen. Wenn Sie sich also von der Seriosität eines Untermieters überzeugt haben und keine Kriterien gegen ihn sprechen (Stadtbekannter Mietnomade o.ä.), dann ist er vom Vermieter grundsätzlich zu akzeptieren. Schließlich haften Sie für die Wohnung.

Zum Schluss noch ein hilfreicher Tipp aus der anwaltlichen Praxis:
Bei hochwertigen Wohnungen oder der Vermietung ganzer Häuser (Reihenhaus o.ä.) ist es nicht unüblich, dass die Vermieter auf einem Zeitmietvertrag bestehen, beispielsweise 3 oder 5 Jahre. Aus einem derartigen Vertrag kann man sich vorfristig nicht mit einer ordentlichen Kündigung lösen. Also, die Kündigung mit den für Mieter ansonsten üblichen Kündigungsfristen ist nicht möglich. Hier kommt Ihnen aber das Sonderkündigungsrecht des § 540 BGB zur Hilfe. Haben Sie nämlich ein berechtigtes Interesse an der Untervermietung, können Sie den Vertrag mit den ansonsten üblichen Kündigungsfristen kündigen, sofern der Vermieter die Untervermietung verweigert.
Da hier aber einige „Fallstricke“ lauern und es für Sie durchaus um erhebliche Geldsummen geht, wie immer der Hinweis: Lieber Geld für anwaltlichen Rat vor etwaigen Maßnahmen in die Hand nehmen, als später einen vermurksten Fall vor Gericht verhandeln. Suchen Sie doch einfach auf einer der Plattformen, die Rechtsanwälte und Ihre Leistungen darstellen, wie ANWALT.DE.

Ich wünsche Ihnen allzeit ein störungsfreies Mietverhältnis und vertragen Sie sich!

Bitte bleiben Sie mir gewogen und wenn Sie mit meinen Veröffentlichungen zufrieden sind, erzählen Sie es weiter und geben vielleicht das eine oder andere Like auf meiner Facebook-Seite „Immer-RECHT-Haben“ ab oder folgen mir auch dort. Vielen Dank dafür!

Ihr Ralf Beckmann

Bundesgerichtshof entscheidet: kein staatlicher Schadenersatz für Friseurgeschäfte anlässlich von Schließungen in der Corona-Pandemie (COVID-19-Pandemie)

Vorbemerkungen
Sie sind Friseur oder Friseurin und sind stolzer Besitzer eines eigenen Friseurgeschäfts oder arbeiten selbstständig als Friseur? Dann sollten Sie das neueste Urteil des Bundesgerichtshofs (kurz: BGH) vom 11.05.2023 – Az. III ZR 41/22 – kennen. Es verwehrt bzw. schließt staatlichen Schadenersatz für getroffene Maßnahmen nämlich konsequent aus.


Hintergrund des Urteils
Es geht um eine Frau, die einen Frisörsalon betreibt und zunächst wohl 9.000 Euro Soforthilfe vom Land bekam, die sie allerdings nun wohl zurückzahlen muss. Deshalb klagte sie auf Schadenersatz, weil ihr Geschäft vom 23. März bis zum 4. Mai 2020 geschlossen war. Mit ihrer Klage fordert sie insgesamt 8.000 Euro Schadenersatz vom beklagten Bundesland.

Da sie in den Vorinstanzen wohl scheiterte, gelangte der Fall zum Bundesgerichtshof.


Argumente des BGH
Leider ist der vollständige Text des Urteils noch nicht in der Datenbank des BGH abrufbar. Einige Einzelheiten aus der Argumentation des BGH sind aber bekannt geworden:

Grundsätzlich sollen Gewerbetreibende, die im Rahmen der Bekämpfung der COVID-19-Pandemie durch eine rechtmäßig angeordnete Schutzmaßnahme, insbesondere die der Betriebsschließung oder Betriebsbeschränkung, wirtschaftliche Einbußen erlitten haben, weder nach Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes, noch nach allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht und auch nicht kraft Richterrechts Anspruch auf Entschädigung haben.

Die sechswöchige Betriebsuntersagung für Frisöre sei auch unter Berücksichtigung von Art. 12 und 14 des Grundgesetzes verhältnismäßig gewesen.

Da die landesrechtlichen Regelungen den Gesundheitsschutz der Bevölkerung und die Überlastung des Gesundheitssystems zum Ziel gehabt hätten, erfülle der Staat seine Schutzpflicht für Leben und Gesundheit der Bürger als legitimen Zweck.

Weiterhin taucht das Argument auf, dass die finanzielle Leistungspflicht des Staates begrenzt sei.


Und was heißt das für uns, die Bürger, die Gewerbetreibenden und die Friseure?
Natürlich sollte man, bevor man den ganz großen Hammer der Urteilsschelte hervorholt, wenigstens das Urteil einmal komplett gelesen haben. ABER! Wenn sich die o.g. und mehrfach in der Presse durchgesickerten Argumente bewahrheiten, gibt und wird es eine Menge zu dem Urteil zu sagen geben.

Dass Schadenersatz weder durch das Infektionsschutzgesetz, noch durch Polizei- und Ordnungsrecht, noch durch Richterrecht möglich sein soll, ist kein echtes Argument, sondern allenfalls eine richterliche Feststellung.

Das Argument, dass die landesrechtlichen Regelungen zur Betriebsschließung gerechtfertigt gewesen sein sollen, weil man damit die Gesundheit der Bürger (Bevölkerung) und das Gesundheitssystem vor Überlastung schützen wollte, sind ebenfalls zweifelhafte Argumente. Ich möchte die Bürger/Bevölkerung schützen und schon ist unter diesem Aspekt alles möglich? Da muss schon im Rahmen einer einwandfreien, juristischen Prüfung mehr hinzukommen, als der bloße Schutzgedanke des Gesetzgebers, bevor man überhaupt in eine verfassungsrechtliche Prüfung eintritt. Das heißt, sind zuvor erst einmal sinnvolle Maßnahmen bei genauerer Betrachtung in Ordnung? Hier und mit dem heutigen Wissen ist in dem Verfahren nicht nachgewiesen, dass Maßnahmen notwendig, oder dass sie angesichts der möglichen Gefahren auch verhältnismäßig waren.

Aus den vorgenannten Gründen sollten Gewerbetreibende, die Schadenersatz von ihrem jeweiligen Bundesland für Betriebsschließungen oder Betriebseinschränkungen wollen, jedenfalls ein prall gefülltes Portemonnaie mitbringen. Zunächst muss man sich durch zwei Instanzen kämpfen, die es sich mit dem Urteil des BGH im Rücken vermutlich leicht und einfach machen können und die Klage abweisen werden. Ob bei dem BGH dann ein Umdenken nach so kurzer Zeit einsetzt, ist ebenfalls nicht zu erwarten. Man sollte sich also darauf einstellen, dann zu guter Letzt auch noch das Bundesverfassungsgericht anrufen zu müssen. Nur, wenn man einen langen Atem hat, wird man diesen Weg gehen können oder wollen. Alle anderen sollten sich gut überlegen, ob sie Geld in einen Rechtsstreit investieren, der erheblichen persönlichen Einsatz und Geldmittel erfordert.

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Ihr Ralf Beckmann

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Also doch, der Bundesgerichtshof entscheidet, dass in AGB verankerte Zahlungspflichten für die Reservierung einer Immobilie unwirksam sind

Wie die Pressestelle des Bundesgerichtshofs (auch kurz BGH) heute, am 20.04.2023 mitteilt (Nr. 070/2023 vom 20.04.2023), können Makler Reservierungsgebühren in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht wirksam vereinbaren.

Was war passiert?
Die Kläger wollten über eine Immobilienmaklerin ein Einfamilienhaus erwerben. Die Kläger schlossen deshalb einen Maklervertrag mit der Immobilienmaklerin (Beklagte) und im Nachgang dazu noch einen Reservierungsvertrag. Darin verpflichtete sich die verklagte Maklerin, das Grundstück gegen Zahlung einer Reservierungsgebühr bis zu einem festgelegten Datum exklusiv für die Kläger zu reservieren. Die Kläger nahmen später vom Kauf Abstand und verlangen von der Maklerin die Rückzahlung der Reservierungsgebühr.

Das erstinstanzlich zuständige Amtsgericht hatte die Klage abgewiesen. Das Landgericht als Berufungsinstanz hatte die Berufung der Kläger mit der Begründung zurückgewiesen, dass der nachträglich geschlossene Reservierungsvertrag wirksam sei. Auch das Landgericht folgte damit letztlich nicht dem Antrag auf Rückzahlung der Provision.

Sicht des Bundesgerichtshofs
Der Bundesgerichtshof hat die Maklerin nun jedoch auf die Revision der Kläger zur Rückzahlung der Reservierungsgebühr verurteilt.
Der Reservierungsvertrag unterliegt nach Auffassung des BGH der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle, weil es sich bei dem Reservierungsvertrag nicht um eine eigenständige Vereinbarung, sondern um eine den Maklervertrag ergänzende Regelung handele (AGB = Allgemeine Geschäftsbedingungen). Dass der Reservierungsvertrag nachträglich durch ein gesondertes Schriftstück bzw. Vertragsdokument geschlossen wurde, sei unerheblich und stünde dem Ergänzungscharakter der Vereinbarung nicht entgegen.

Der BGH vertrat weiterhin die Auffassung, dass der sog. Reservierungsvertrag die Kunden der Maklerin unangemessen benachteilige und daher unwirksam sei. Die Unwirksamkeit ergäbe sich daraus, weil die Rückzahlung der Reservierungsgebühr ausnahmslos nicht vorgesehen war. Ferner ergäben sich aus dem Reservierungsvertrag für die Kunden keine nennenswerten Vorteile und der Immobilienmakler müsse zudem keine geldwerte Gegenleistung erbringen. Schlussendlich käme dem Reservierungsvertrag die Vereinbarung einer erfolgsunabhängigen Provision zugunsten der Immobilienmaklerin gleich. Das aber widerspräche dem Leitbild der gesetzlichen Regelung des Maklervertrags. Danach ist eine Provision nur geschuldet, wenn die Maklertätigkeit ursächlich zum Erfolg geführt hat.

Aus diesen Gründen hat der Bundesgerichtshof die Immobilienmaklerin letztinstanzlich zur Rückzahlung der Provision verurteilt.

Empfehlung
Sollten Sie als Kaufinteressent/in kürzlich mit einer Reservierungsgebühr belastet worden sein, sollten Sie auf jeden Fall prüfen lassen, beispielsweise durch eine prinzipiell preiswerte, sog. Erstberatung (max. Kosten beim RA € 226,10) prüfen lassen, ob das BGH-Urteil auch auf Ihre Reservierungsgebühr anwendbar ist. Sollte dies der Fall sein, dürften Sie beste Chancen haben, eine kürzlich bezahlte Reservierungsgebühr zurückzuerhalten.

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Ihr Ralf Beckmann

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Supermarkt überwacht Falschparker mit Gesichtserkennung und KI-Software! Wo ist der Fehler?

Die Computer-Bild meldet am 29.03.2023, dass ein Gelsenkirchener Supermarkt seine Kunden mittels Kameras und Gesichtserkennung überwachen würde.1) Die Kameras würden den potenziellen Supermarkt-Kunden an seinem Auto mittels Gesichtserkennung erfassen und sodann erneut beim Eintreten in den Supermarkt. Wer also einerseits parkt, anderseits dann nicht in den Supermarkt geht, soll anschließend ein Verwarnungsgeld von € 40, bekommen. Allerlei Einwände gegen diese Praxis werden vorgebracht, wie beispielsweise datenschutzrechtliche Gründe, unzureichende Überwachung und dabei passierende Fehler usw.

Screenshot Computer-Bild 29.03.2023


Was „stört“ den erfahrenen Praktiker, einen Rechtsanwalt, eigentlich zuerst an diesem Artikel? Weil der Eindruck erweckt wird, dass ein Supermarkt-Betreiber auf seinem Parkplatz, also einem reinen Privatgrund, berechtigt wäre, „Verwarnungsgelder“ auszusprechen. Quasi wie die Ordnungsbehörde mit ihren Politessen.  Diese absolut falsche Grundannahme wird noch dadurch verstärkt, dass der Autor die Höhe der „Strafe“ wohl als angemessen ansieht. Dabei übersieht er, dass kein Eigentümer eines Privatgrundstücks gegenüber irgendwelchen Störern eine „Strafe“ aussprechen kann. Ich meine, damit wird der interessierte Leser in die Irre geführt und auf die „falsche Fährte gelockt.“ Zumal es ja eigentlich um die Frage gehen soll, ob die Kameraüberwachung, verbunden mit einer intelligenten KI-Software und der Gesichtserfassung auf dem Parkplatz und vor dem Eingang des Supermarktes, rechtlich zulässig ist. Deshalb hat sich auch wohl die Computer-Bild des Themas angenommen, aber mit fehlendem Erkenntniswert für den Leser, zumindest aus meiner Sicht.

Also, zunächst einmal zur Frage der Überwachung, dem eigentlichen Thema der Computer-Bild. Wenn der Betreiber des Supermarktes und zugleich auch des Parkplatzes ausschließlich seinen privaten Parkplatz und Supermarkt überwacht, ist das zunächst rechtlich zulässig, sofern der Kunde am Eingang des Parkplatzes und des Supermarktes deutlich sichtbar auf die Kameraüberwachung hingewiesen wird. Denn dann hat der Kunde die Wahl. Darf ich per Kamera erfasst werden und habe damit kein Problem, dann fahre ich auf den Parkplatz und gehe in den Supermarkt. Passt mir das aus Gründen nicht, die niemand etwas angehen, zeige ich diesem Supermarkt einfach die „kalte Schulter“. Es gibt gerade in großen Städten nicht nur einen Supermarkt, oder?
Was die Verbindung von zwei Kameras mittels KI-Software zur Überprüfung des Einkaufs an der Zulässigkeit des Einsatzes der Kameras ändern soll, erschließt sich mir zumindest nicht sofort. Zumal, wenn die Software bspw. sicherstellt, dass nur die Daten eines Parkplatznutzers gespeichert werden, der nach dem Aussteigen aus dem Fahrzeug nicht anschließend auch zum Einkauf in den Supermarkt geht.
Warum der von der Computer-Bild zitierte Landtagsabgeordnete der SPD qualifiziert ist, die Frage des Einsatzes von KI-Software zu kritisieren, bleibt ebenfalls völlig offen. Ist er Jurist? Ist er nebenher Datenschutzbeauftragter? Also, der Erkenntniswert des Artikels ist in diesem Bereich eher zweifelhaft.

Völlig falsch läuft es dann im Artikel aus juristischer Sicht, wenn dort mögliche Fehler des KI-Systems kritisiert werden. Dabei wird stillschweigend unterstellt, dass derartige Probleme oder Fehler für den Kunden problematisch wären. Damit wird der Leser erneut auf eine falsche Fährte gelockt. Hier begibt sich die Computer-Bild auf das Feld der Juristerei, ohne die notwendige Sachkenntnis zu besitzen. Denn es entsteht der Eindruck, als hätte der Kunde nach Auffassung der Computer-Bild zu beweisen, dass er auch Einkaufen war, nachdem er auf den Parkplatz gefahren ist. Im Artikel wird eine Kundin zitiert, die meint, dass man schließlich seinen Kassenzettel nicht zwei Monate aufheben würde. Genau richtig! Diese Kundin meint aber damit, ebenso wie wohl die Computer-Bild, dass sie in Beweisnot sei. Also, dass Sie dem Supermarkt den Einkauf beweisen müsse. Dabei ist es genau andersherum. Die Kundin ist eben nicht in Beweisnot. Denn wenn der Supermarkt-Betreiber sein Verwarnungsgeld haben möchte, muss der Supermarkt beweisen, dass der Kunde unberechtigt seinen Parkplatz genutzt hat. Nicht der Kunde muss sich entlasten.

Andererseits geht es genau darum im Kern. Der Supermarkt-Betreiber möchte vermeiden, dass sein Parkplatz von Menschen benutzt wird, die gar nicht zum Einkaufen zu ihm kommen.

Gegen dieses Ansinnen ist auch zunächst einmal nichts einzuwenden. Aber rechtlich ist das eben nicht so einfach, wie gedacht. Und schon gar nicht, wie es sich der Autor in der Computer-Bild denkt.

Betrachten wir einmal, was rechtlich wirklich abläuft. Sie sind unmittelbar davor, auf den Parkplatz zu fahren und sehen ein Schild „Achtung, unser Parkplatz wird zur Parkplatzüberwachung durch Videoaufzeichnungen kontrolliert.“ Sie haben damit kein Problem und fahren auf den Parkplatz. Dann haben sie dem Angebot des Supermarktes, fahren sie nur auf den Parkplatz, wenn Sie mit der Video-Überwachung einverstanden sind, zugestimmt. Ebenso läuft es beim Betreten des Supermarktes ab, wenn ich vor der Tür erneute per Video erfasst werden. ABER! Diese Regelung durch Hinweisschilder und konkludent zu erteilendes Einverständnis stellen meiner Ansicht nach zugleich auch Allgemeine Geschäftsbedingungen dar. Dann kann der Supermarkt-Betreiber die Beweislast dafür, dass sie seinen Parkplatz unberechtigt genutzt haben, nicht so einfach auf sie abwälzen. Davon ist auf den Hinweisschildern zudem nicht die Rede! Wenn doch, wäre es eine unwirksame Überraschungsklausel. Vielmehr ist es so, dass der Supermarkt-Betreiber beweisen muss, dass sie seinen Parkplatz unberechtigt genutzt haben, also Parken ohne Einkauf.
Dieser Beweis wird schwer zu führen sein. Wie will der Supermarkt-Betreiber im Falle eines Rechtsstreits beweisen muss, dass seine eingesetzte KI-Software zum Abgleich zwischen Parkplatz und Eingang zu 100 Prozent fehlerfrei arbeitet. Zumindest der oder die Richter/in muss im Verfahren davon überzeugt werden, dass die KI-Software im konkreten Fall absolut richtig gearbeitet hat. ABer nicht einmal der Daumenscanner auf Ihrem Smartphone schafft bei jedem Entsperrversuch 100 Prozent richtige Ergebnisse.
Dann stellt sich auch die Frage, wie viel Zeit die Software dem Kunden gibt, um vom Parkplatz in den Supermarkt zu gehen? 5 Minuten, 10 Minuten? Was ist, wenn sie überraschend einen Freund oder Bekannten nach dem Einparken auf dem Parkplatz treffen und dann 40 Minuten quatschen, weil sie sich schon 6 Monate nicht mehr gesehen haben? Soll das etwa verboten sein? Wo steht das bitte in den AGB? Also, Fragen, die der Supermarkt-Betreiber in einem Prozess klären und erklären muss, nicht der Kunde!
Wie soll es bei einem angeblichen Verstoß weitergehen? Läuft ein Mitarbeiter zu dem Fahrzeug des Parksünders, nachdem ein Kunde auf den Parkplatz fuhr und dann nicht binnen 10 Minuten von der Eingangskamera erfasst wurde? Steckt er dann ein Knöllchen, also eine Zahlungsaufforderung hinter die Windschutzscheibe? Praktisch kann es wohl nur so laufen, dass der Supermarkt-Betreiber in derartigen Fällen eine Halterabfrage bei der Zulassungsstelle macht und dann dem Halter des Fahrzeugs sein Schreiben mit der Forderung nach Zahlung eines „Verwarnungsgelds“ übersendet.

Hier kommt dann allerdings die nächste Hürde. Der Halter haftet bislang nicht dafür, dass der oder die Fahrerin angeblich unberechtigt einen privaten Parkplatz genutzt hat. Verantwortlich ist in unserem Rechtssystem bislang zumindest der Fahrer. Allerdings muss man einschränkend darauf hinweisen, dass der Bundesgerichtshof (kurz: BGH) hier wohl einen Schwenk zugunsten der privaten Parkplatzbetreiber vollzieht und nun dem Halter die sog. sekundäre Darlegungslast aufbürdet. Dies hier zu erläutern, würde den Rahmen sprengen. Dies bedeutet jedenfalls, dass man als Halter nicht mehr einfach sagen kann „ich weiß von nichts.“ und die Sache ist erledigt.

Als Halter, das ist daher künftig wohl besser zu zahlen? Oder vielleicht doch nicht? Nicht vergessen, nur wenn nur es noch um die Frage geht, wer zahlen muss, dann greift eventuell die neue Regel des BGH!

An dem Umstand, dass der Supermarkt-Betreiber den Zusammenhang oder besser fehlenden Zusammenhang zwischen Parken und Einkauf wird beweisen müssen, ändert sich auch durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jedenfalls nichts. Flattert Ihnen, wie ein Kritiker im Artikel zitiert wird, erst zwei Monate später ein Schreiben mit der Zahlungsaufforderung ins Haus, ist Ihnen nicht zumutbar, noch einen Kassenzettel zu Ihrer Entlastung vorweisen zu müssen.

An dem Beispiel des Falles, den der Bundesgerichtshof entschieden hat, wird auch deutlich, wie leicht sich Laien anhand eines Falles zu einer falschen Beurteilung in Ihrem eigenen Fall hinreißen lassen. Ich will das am Fall des BGH verdeutlichen. Dort ging es um einen privaten Parkplatz vor einem Krankenhaus. Der Krankenhausbetreiber hat den Parkplatz den Besuchern des Krankenhauses für zwei Stunden bei Nutzung einer Parkscheibe zur Verfügung gestellt. Wer keine Parkscheibe auslegt oder die Parkzeit überschreitet, muss ein erhöhtes Parkentgelt von 30 Euro zahlen. Wenn man alle anderen Aspekte des Falles hier einmal außer Acht lässt, ging es am Ende nur um die Frage, ob der Halter einfach sagen kann, ich war es nicht oder ich weiß nicht mehr, wer gefahren ist. Der BGH verweist hier auf die Wahrheitspflicht im Zivilprozess (ja, die gibt es, wenn sie auch häufig nicht beachtet wird 😉!) und die Tatsache, dass es sich um ein Massengeschäft handeln würde. Deshalb sei es dem Halter zumutbar und er sogar verpflichtet, andere, mögliche Fahrer zu benennen! Im Hinterkopf muss man aber haben. Es geht hier also nicht um die Frage, ob man den Parkplatz nur nutzen darf, wenn man auch in das Krankenhaus als Besucher geht! Im Gegensatz zu unserem Ausgangsfall verlangt der Krankenhausbetreiber hier ja keinen Nachweis darüber, dass man nach dem Aussteigen auch tatsächlich in das Krankenhaus gegangen ist. Das unterstellt er den Nutzern einfach. Es ging beim BGH also letztlich nur darum, dem Parkplatzbetreiber zu helfen, in seiner Not einen Verantwortlichen zu finden. Das ist durchaus nachvollziehbar. In unserem Fall geht es dagegen vorrangig darum, dass der Supermarkt nun möglicherweise Monate nach dem Einkauf einen Nachweis für den Zusammenhang zwischen Parken und Einkauf verlangt. Deshalb ist das BGH-Urteil hier für uns eigentlich nur nebensächlich. Der Supermarkt-Betreiber muss nach wie vor diesen fehlenden Zusammenhang beweisen. Erst, wenn er diesen Beweis führen kann (was ich aus den o.g. Gründen bezweifele) geht es um die Frage, ob auch der Halter oder nur der/die Fahrer/in verantwortlich ist.

Ich denke, der Artikel in der Computer-Bild hat zusammen mit meiner heutigen Kommentierung einen Nutzen. Zusammen zeigen beide Artikel auf, dass die Bewertung juristischer Sachverhalte sehr schwierig sein kann. Ferner wird deutlich, dass man sich nicht von vermeintlich einschlägigen Urteilen ins Bockshorn jagen lassen sollte. Einschlägig ist ein Urteil nämlich nur, wenn die Sachverhalte und die Kernprobleme tatsächlich identisch oder zumindest vergleichbar sind. Ich hoffe, ich konnte hier aufzeigen, dass dies nicht so einfach zu beurteilen ist.
Deshalb sind Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte da. Sie im konkreten Fall zu beraten und dann zu unterstützen. Und dann wären wir auch schon wieder bei der allseits beliebten Rechtsschutzversicherung. Natürlich macht es wirtschaftlich ohne Rechtsschutzversicherung keinen Sinn, sich anwaltlich, sagen wir für 130 Euro darüber beraten zu lassen, ob man dem Supermarkt-Betreiber nun 40 Euro zahlen soll oder muss. Wirtschaftlich haben Sie an der Stelle sofort verloren! Mit Ihrer Rechtsschutzversicherung im Rücken können Sie oftmals auch derartig wirtschaftlich sinnlose Fälle ausfechten 😉!

 Bleiben Sie mir gewogen und vertragen Sie sich 😉

Ihr Ralf Beckmann

1.) Computer-Bild 29.03.2023 –
https://www.computerbild.de/artikel/cb-News-Internet-Datenschutz-Supermarkt-ueberwacht-Parkende-per-Gesichtserkennung-35520649.html

2.) Beispielfoto am Anfang des Artikels mit Dank an Vlad Kutepov auf Unsplash
https://unsplash.com/de/fotos/tBcwA9QiOMA

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