Schlagwort: Verwaltungsgericht Berlin

Spatz oder Student, das ist hier die Frage – Zur Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Berlin vom 21.02.2025

Sie wollen bauen und sind frohen Mutes? Dann sollten Sie die Entscheidung über einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht Berlin kennen.

Ich möchte an dieser Stelle in die Kommentatorrolle wechseln und Ihnen erklären, wie überraschend selbst ich diese Entscheidung finde. Zu meiner Abiturzeit „stotterte“ sich ein Mitschüler einen Satz aus Englisch und Deutsch zusammen, obwohl wir uns eigentlich nur auf Englisch äußern sollten. Der Satz war reinstes Denglisch und einem Schüler in der Oberstufe eigentlich unwürdig. Aber es war nicht überraschend bei diesem Mitschüler und es klang sehr lustig. Unser Englischlehrer konterte, wie ich meine, humorvoll ebenfalls auf Denglisch: „Ch…, that haut me from the hocker!“ So erging es mir auch mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts; hier.

Worum geht es? Ein Bauherr wollte Wohnraum schaffen und Remisen und Garagen im Innenhof eines Berliner Wohnviertels abreißen und dafür ein Studentenwohnheim errichten. Nun muss man wissen, dass er zuvor sicher eine Abrissgenehmigung verbunden mit einer Baugenehmigung erhalten hatte. Also, alles unter Kontrolle, dachte sicher unser Bauherr.
Aber weit gefehlt. Wie so oft in Deutschland gibt es Nachbarn oder in diesem Falle einen Naturschutzverband, der hier Brutstätten des „Passer domesticus“ vermutete und deshalb den Abriss stoppen wollte. Passer domesticus fragen Sie sich? Ja, das ist der gemeine Haussperling, umgangssprachlich auch Spatz genannt.

M.E. gibt es entlang der Berliner Innenstadt an allen Imbissbuden mehr Spatzen als Einwohner in Berlin. Deshalb wäre ich immer davon ausgegangen, dass ein neues Studentenwohnheim sicher Vorrang vor ein paar brütenden Spatzen genießen würde.
Aber im Verwaltungsgericht Berlin gibt es offensichtlich Spatzenliebhaber. Ich zitiere: „Bei Fortsetzung der Abriss-und Abbrucharbeiten im Hof des Grundstücks und bei Beseitigung der Vegetation bestehe die konkrete Gefahr, dass die Fortpflanzungs- und die Ruhestätten der Spatzen geschädigt bzw. gestört würden. Die Abrissarbeiten an den Garagen und der Abbruch des Asphaltbelags würden zu erheblichen Lärm- und Staubentwicklungen, Erschütterungen und Veränderungen des Mikroklimas führen. Dies berge mit hoher Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer Vergrämung der Spatzen und einer Aufgabe der Nistplätze. Es fehle an einem verbindlichen und hinreichend konkreten Ausgleichskonzept, das die drohenden Verstöße gegen den Artenschutz kompensieren könnte.“

Ja, was denkt sich denn das Verwaltungsgericht? Natürlich werden Spatzen dort zeitweilig vertrieben, wenn die Abriss- und Bauarbeiten beginnen. Vielleicht machen sich die Spaten aber auch über die Reste der Pausenbrote der Bauarbeiter her und brüten einfach einen Innenhof weiter? Welches Konzept sollte es denn bitte geben, außer ich kaufe ein Stück Wald und Feld in Brandenburg und stelle dieses ausschließlich den Spatzen zur Verfügung? Und dann stellt sich ja die Frage, ob die konkret betroffenen Spatzen auch dem Willen des Verwaltungsgerichts folgen und von Berlin nach Brandenburg umsiedeln. Aber, wenn das Wohnheim ist und an einer Außenwand 10 oder 20 Nistkästen angebracht würden, kämen die Spatzen mit Sicherheit zurück. Man schaue sich bitte einmal genau den Unterschied von Spatzen im städtischen Innenraum zu Spatzen auf dem Land an. Spatzen in Innenstädten wie Berlin oder Hamburg sind robust, springen auf die Tische von Lokalen und Imbissen und „stehlen“ die Pommes direkt vom Teller. Das würden scheue Artgenossen auf dem ruhigen Land niemals tun. Also, die Spatzen in dem betroffenen Berliner Innenhof kommen zurück, garantiert. Einfach, weil sie sich vom Menschen nicht mehr stören lassen. Wo also ist bitte das Problem? Menschen kann man für ein Jahr aus einem maroden Gebäude aussiedeln, bis ein Ersatzbau erstellt wurde. Spatzen nicht?

Es grüßt Sie herzlich

Ralf Beckmann

Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Berlin vom 27. Januar 2025 – Kein Niqab während der Fahrt

Wie das Verwaltungsgericht in seiner Pressemitteilung vom 27.01.2025 bekannt gibt, hat die 11. Kammer des Verwaltungsgerichts die Klage einer muslimischen Niqab-Trägerin abgewiesen; hier.

Nach der Straßenverkehrsordnung gibt es ein sog. Verhüllungsverbot für Fahrzeugführer. Diese müssen grundsätzlich im Fahrzeug erkennbar sein. Von diesem Verbot verlangte die Niqab-Trägerin mit ihrer Klage vor dem Verwaltungsgericht eine Ausnahme aus religiösen Gründen.

Das Verwaltungsgericht hat geurteilt, dass die Sicherheit und Identifizierbarkeit von Fahrzeugführern im Straßenverkehr die grundgesetzlich geschützte Religionsfreiheit überwiegen und deshalb die Klage abgewiesen.

Gegen das Urteil kann ein Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt werden.

Ralf Beckmann – Januar 2025

Auch Polizeibeamte können persönlich für Unfallschäden haften

Wer hätte das gedacht? Blaulicht und Martinshorn geben dem das Einsatzfahrzeug fahrenden Polizeibeamten keinen Freibrief! Das Gegenteil ist der Fall, wie ein aktuelles Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin zeigt; hier.

Was war passiert? Der ein Einsatzfahrzeug fahrende Polizeibeamte war nach Auffassung des Gerichts „grob fahrlässig“ unterwegs, als er im Einsatz mit seinem Fahrzeug einen Unfall verursachte. Er wurde deshalb zum Ersatz des hälftigen Schadens „an seinem Fahrzeug verurteilt.“ Die Frage, ob der Unfallgegner vom Land für sein beschädigtes Fahrzeug Schadenersatz verlangen kann und wenn ja, in welcher Höhe, war hier nicht Gegenstand des Verfahrens. In dem hier erwähnten Verfahren ging es einzig darum, ob das Land als Dienstherr des Polizeibeamten von diesem Schadenersatz für sein beschädigtes Einsatzfahrzeug verlangen konnte. Dies hat das Gericht zur Hälfte bejaht.

Wie konnte es nun dazu kommen? Der Polizeibeamte war schließlich mit Martinshorn und Blaulicht unterwegs, und zwar zu einem laufenden Einbruch. Es half aber nichts. Mit der Klage wollte der Polizeibeamte seine vom Dienstherren (Land) festgestellte Schadenersatzpflicht loswerden. Vor Gericht hatten der Polizeibeamte und sein Dienstherr wie folgt argumentiert:
… wo ein „gegenwärtig stattfindender Einbruch“ gemeldet worden war. Es kam zu einer Kollision mit einem anderen Pkw, wodurch ein erheblicher Schaden entstand. Unmittelbar zuvor hatte das Polizeifahrzeug eine Geschwindigkeit von 92 km/h erreicht; trotz starker Bremsung war die Kollision mit einer Geschwindigkeit von 30 – 35 km/h nicht mehr zu vermeiden. Im Oktober 2020 zog der Polizeipräsident den Kläger zum Ersatz der Hälfte des am Einsatzfahrzeug entstandenen Schadens heran, weil er grob fahrlässig gegen seine dienstlichen Sorgfaltspflichten verstoßen habe. Mit der hiergegen gerichteten Klage machte der Kläger geltend, ihm sei nur einfache Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Es sei zudem besondere Eile geboten gewesen, weil anderenfalls die Einbrecher nicht mehr am Tatort anzutreffen gewesen wären.“
Das Verwaltungsgericht erklärte dem Polizeibeamten im Urteil:
Der Kläger habe die ihm aus der Straßenverkehrsordnung obliegenden Pflichten grob fahrlässig verletzt. Auch bei einer Inanspruchnahme von Sonderrechten (§ 35 StVO) dürften die Vorschriften über die zulässige Höchstgeschwindigkeit nur missachtet werden, wenn dies in einem angemessenen Verhältnis zur dadurch verursachten Gefährdung der öffentlichen Sicherheit stehe. Daran habe sich der Kläger nicht gehalten. Die konkreten Verhältnisse am Unfallort hätten von ihm größere Vorsicht und damit eine niedrigere Geschwindigkeit verlangt. Zudem habe der Einsatzzweck die Gefährdung Dritter nicht gerechtfertigt, da es nur um einen Einsatz im Zusammenhang mit einem gegenwärtigen Einbruch, nicht aber um eine akute Gefährdung von Personen gegangen sei.

Polizeibeamten sollten daher meine alte Juristenweisheit beachten:
„Wenn Vater Staat Geld will, kennt er keine Freunde.“ Deshalb sitzt so mancher Steuersünder „im Knast“, s. ehemals Ulli Hoeneß, und „richtige Schwerverbrecher“ kommen nochmal mit verhältnismäßig niedrigen Strafen davon. Die Aussicht auf Geld bringt Vater Staat meist ganz schnell in Schwung, wo andernfalls ruhige Gelassenheit herrscht.
Private Unfallbeteiligte sollten genau schauen, ob Sie bei Beteiligung von Einsatzfahrzeugen auf die Durchsetzung ihrer Rechte verzichten sollten. Oftmals sind die Chancen besser, als der Laie meint!
Außerdem lernen wir, wenn bei Ihnen eingebrochen wird, hat die Polizei sich nicht besonders zu beeilen. Schließlich geht es nur um Ihr Hab und Gut und nicht um Menschenleben. Eine derartige Argumentation, Sie ahnen es sicher schon, halte ich für eher fragwürdig. Sie sendet merkwürdige Signale an Einbrecher!

Bleiben Sie mir gewogen!

Ralf Beckmann

01.06.2024

Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Berlin vom 20.02.2024

Das Verwaltungsgericht teilt in seiner Pressmitteilung vom 20.02.2024 mit:

„Demonstration am 24. Februar 2024: Keine Projektion von Bildern und Videos auf Gebäudeteile der Botschaft der Russischen Föderation (Nr. 11/2024)“

Die vollständige Pressemitteilung finden Sie hier.

Für den 24.02.2024 wurde eine Demonstration vor der Botschaft der Russischen Föderation angemeldet und auch genehmigt. Untersagt wurde jedoch, Bilder und Videos im Rahmen der Demonstration auf Gebäudeteile der Botschaft zu projizieren. Nach dem Wiener Übereinkommen vom 18. April 1961 über diplomatische Beziehungen (WÜD) müsse verhindert werden, dass die Würde der Mission (Botschaft) beeinträchtigt wird. Das geschehe durch eine Projektion unerwünschter Inhalte auf Gebäudeteile der Botschaft. Insoweit müsse die Versammlungs- und Meinungsfreiheit zurückstehen. Zumal im Rahmen der Demonstration eine Projektion von geplanten Inhalten auf eine Leinwand möglich sei.

Ralf Beckmann

20.02.2024

Verwaltungsgericht Berlin bestätigt die Registrierungsgebühr des neu eingeführten Hunderegisters von Berlin

Das Verwaltungsgericht Berlin teilt in seiner Presserklärung vom 15.11.2023 mit: „Berliner Hunderegister: Halterin von „Dino“ muss 17,50 Euro zahlen (Nr. 45/2023).

Die Halterin von „Dino“ hatte Ihren Hund im neu eingerichteten Hunderegister von Berlin registriert. Gegen die dafür erhobene Gebühr von 17,50 Euro wandte sie sich u.a. mit dem Argument, dass eine Registrierung nicht erforderlich sei, weil sie ihren Hund bereits bei einem privaten Portal registriert habe.

Das Verwaltungsgericht hat nun die Gebühr als rechtmäßig eingestuft, sodass die Halterin von „Dino“ zahlen muss.

Ralf Beckmann 17.01.2024

Das Beispielfoto stammt von Milli auf Unsplash

Kein Büro für Schröder – Bundeskanzler a.D. Gerhard Schröder verliert Klage wegen fehlendem Büro im Bundestag

Vorbemerkung
Das Verwaltungsgericht Berlin hat mit Urteil vom 04.05.2023 entschieden, dass die Klage des Altkanzlers Gerhard Schröder wegen des nicht mehr zur Verfügung gestellten „Kanzlerbüros“ in den Räumen des Bundestages abgewiesen wird.


Was war passiert?
Dem Altkanzler wurden auf Druck und dem politischen Unverständnis für seine Rolle in russischen Staatsunternehmen, Aufsichtsrat, angesichts des Angriffs-Krieges gegen die Ukraine seine Räume im Bundestag nebst Mitarbeitern entzogen. Dagegen wehrt sich der Altkanzler zurzeit mit der Klage vor dem Verwaltungsgericht.


Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin
Das Verwaltungsgericht hat es besonders kurz und knapp und vor allem schmerzlich, für Schröder und seine Anwälte gemacht. Die Bundesrepublik sei die falsche Beklagte, heißt es im Urteil. Dies, weil der Altkanzler die Räume von der SPD-Fraktion und nicht von der Bundesrepublik Deutschland erhalten habe. Ich mag mir als Jurist nicht vorstellen, dass es wirklich so einfach ist. Jedenfalls ist es eine richtige Ohrfeige für Schröder und seine Anwälte, wenn diese scheinbar juristisch zu dumm sind, um den oder die richtige Beklagte/n auszuwählen. Das ist eigentlich knapp vor einem Haftpflichtfall der beteiligten Rechtsanwälte. Ansonsten sei nach über 50 Jahren ständiger Praxis, so das Verwaltungsgericht, die Altkanzler mit einem Büro und Mitarbeitern auszustatten, noch kein Gewohnheitsrecht entstanden.


Meine Meinung
Nach 50 Jahren ständiger Übung ist noch kein Gewohnheitsrecht entstanden? Also, ehrlich, liebe Kollegen Richter am Verwaltungsgericht Berlin. Als Jurist fragt man sich dann, ja wie lang muss es denn so gehen? Also, alles spricht dafür, dass das Verwaltungsgericht die Sache kurz und knapp mit einem (politischen?) Urteil loswerden wollte, weil egal welche Entscheidung es getroffen hätte, also für oder gegen Schröder, die Verlierer machen ehedem weiter und dann soll sich ruhig am Ende der Kette das Bundesverwaltungsgericht, besser noch gleich das Bundesverfassungsgericht, mit einer derartig wichtigen Klage mit einem besonders wichtigen Anliegen eines Altkanzlers herumschlagen. Anders ist ein derartiges Urteil mit solchen Argumenten eigentlich nicht erklärbar.

Was mich jedoch am meisten überrascht, ist der Umstand, dass man knapp 18 Jahre nach dem Ende einer Kanzlerschaft noch „nachlaufende Tätigkeiten“ wahrnehmen kann oder muss, die das ständige Vorhalten teilweise hoher Regierungsbeamter aus dem Kanzleramt notwendig machen sollen. Wie habe ich mir das vorzustellen? Olaf Scholz will wissen, was Schröder sich 2003 zu einer bestimmten Entscheidung der Regierung „gedacht“ hat, findet durch Beamte des Kanzleramtes nichts dazu in alten Akten und stellt dann eine Anfrage bei Schröder über sein Büro? Der erinnert sich nicht „wie Scholz oftmals“ und lässt dann hochrangige Beamte dort suchen, wo zuvor schon die direkten Mitarbeiter von Scholz nichts gefunden haben? Und dann lässt er nach 3 Monaten vergeblicher Suche eine blumige Erklärung gegenüber dem derzeitigen Kanzler von seinen Mitarbeitern entwerfen, korrigieren und dann nach Unterschrift im Kanzleramt abgeben, im Sinne von „leider nichts gefunden“? Oder, ein ehemaliger Präsident von Frankreich erinnert sich an schöne Zeiten, als beide noch Regierungschefs waren und möchte den Altkanzler als Altpräsident nach Frankreich einladen? Das geht natürlich nur von Büro zu Büro und Mitarbeiter müssen wechselseitig Termine abstimmen, weil die Alt-Regierungschefs zu solch einem Zweck niemals persönlich ein Telefon in die Hand nehmen würden?
Wurde eigentlich jemals zur Rechtfertigung gegenüber dem Steuerzahler veröffentlicht, in welchem Umfang die abgestellten Mitarbeiter eines solchen Kanzlerbüros tatsächlich arbeiten mussten? Mir kann man erzählen, dass ein oder zwei Jahre nach Ende der Kanzlerschaft noch die eine oder andere Tätigkeit anfällt. Aber rechtfertigt dies eine 40-Stunden-Woche für 4 Mitarbeiter? Sorry, aber 16 Jahre nach dem Ende einer Kanzlerschaft kann da wohl kaum noch etwas sein, oder? Wenn ja, mag man es mir gern erklären! Bleiben Sie mir gewogen und vertragen Sie sich 😉

Ihr Ralf Beckmann

Foto mit Dank an Markus Spiske auf Unsplash.com
https://unsplash.com/de/fotos/5ofD_71Qano

Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 04.05.2023, Az. 2 K 238/22

© 2025 Immer-RECHT-Haben

Theme von Anders NorénHoch ↑

Cookie Consent Banner von Real Cookie Banner