Ich habe in letzter Zeit so meine „Schwierigkeiten“ mit den Artikeln von Boris Reitschuster auf seinem Nachrichtenblog „Reitschuster.de„. Mir ist es oftmals zu „laut“ und vor allem wird meiner Meinung nach nicht mehr streng genug zwischen Meinung und Berichterstattung unterschieden.

Aber mit dem heute gefundenen Artikel zu einem erneuten Essen der Verfassungsrichter mit Mitgliedern der Regierung, trifft er einfach ins Schwarze.

Screenshot vom 09.11.2023 der Seite reitschuster.de:
Hier geht es zum vollständigen Artikel auf der Seite von Boris Reitschuster.

Was sagt ein unvoreingenommener Bürger ohne juristische Kenntnisse dazu? Schnell mal ein Arbeitsessen kurz vor der Urteilsverkündung mit dem Beklagten? Sagen Sie: „Na klar, auch Richter haben Privatleben und dürfen sich mit Politikern treffen.“?

Natürlich könnte man es auch so sehen, aber Sie treffen sich eben nicht privat und als normale Menschen, sondern in Ihrer Eigenschaft als Verfassungsrichter und als Regierungsvertreter. Und wenn das alles so harmlos ist, weshalb findet es dann nach dem Willen der Beteiligten möglichst „geheim“ statt?

Ich persönlich habe viel Sympathie und Verständnis für die Rechtspflege und auch die Richterschaft. Ich habe aber aus leidvoller Erfahrung gelernt, dass Richter oder Staatsanwälte auch nur Menschen sind. Und zwar mit allen Unzulänglichkeiten und Fehlern. Deshalb muss derartiges Verhalten meiner Meinung nach im Keim unterbunden werden. Der Bundeskanzler oder die Kanzlerin kann das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) „besuchen“, wenn ein neuer Saal eingeweiht oder ein Denkmal vor dem Gebäude enthüllt wird. Nicht jedoch aus Anlass einer anstehenden Entscheidung und nur „zum Erfahrungsaustausch.“ Von welchen Erfahrungen sollte ein Bundeskanzler einem Richter des BVerfG berichten und warum? Damit dieser „Verständnis“ für die Entscheidungen der Politik aufbringt? Und das, obwohl der heutige Präsident des BVerfG selbst mehr oder weniger Politiker war? Und selbst, wenn dies nötig war und ist. Warum darf die andere Partei im Rahmen der Waffengleichheit dann nicht auch im Rahmen eines Kurzurlaubs auf den Seychellen den Richtern und Richterinnen des Verfassungsgerichts von den Sorgen und Nöten berichten, die ihn oder sie zur Klage genötigt hat?
Sie merken, es wird sarkastisch. Aber allein, dass dieser Vorgang Sarkasmus ermöglicht, zeigt, dass da etwas nicht stimmt im Staate Dänemark. Oder eben im Staate Bundesrepublik Deutschland.

Ich habe gelernt, dass derartige Motive und Tatsachen, die eigentlich schriftliche Argumente in Schriftsätzen sein sollten, bestenfalls im Gerichtssaal in der mündlichen Verhandlung vorgebracht werden können und nicht bei gemütlichen Arbeitsessen unter Ausschluss der Öffentlichkeit und der gegnerischen Partei!

Bleiben Sie mir gewogen und vertragen Sie sich.

Ralf Beckmann

Vielen Dank für das Beispielfoto an Markus Spiske auf Unsplash.com
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