Mieter sollten wissen, dass sie ein Recht auf Einsichtnahme in die Belege für die Nebenkostenabrechnung haben. Wohl gemerkt, das Recht erstreckt sich auf die Einsichtnahme und nicht auf die Übersendung von Kopien o.ä. Aber, wie läuft die Einsichtnahme praktisch ab? Stellen Sie sich vor, Sie nehmen Ihr Einsichtsrecht wahr oder denken das zumindest und dann präsentiert Ihnen der Vermieter einen Schreibtisch, wie er oben im Beispielfoto zu sehen ist. Das soll in Ordnung sein? Was es mit den Belegen der Nebenkostenabrechnung wirklich auf sich hat, erfahren Sie hier und jetzt.

Wichtig zu wissen, das Amtsgericht Münster hat nun in einem Verfahren mit dieser Problematik wie folgt geurteilt:

„Gegen Ansprüche aus Nebenkostenabrechnungen besteht nach §§ 556 ABs. 3 S. 1, 242 BGB ein Leistungsverweigerungsrecht, solange der Vermieter dem Mieter nicht die Einsicht in die der Rechnung zugrundeliegenden Belege im Sinne des § 259 Abs. 1 BGB gewährt hat.
Nach § 259 Abs. 1 BGB hat der Verpflichtete dem Anspruchsteller eine geordnete Zusammenstellung der Ausgaben und Einnahmen vorzulegen, welche die von ihm gelegte Rechnung stützt.“

Das gesamte Urteil des Amtsgerichts finden Sie hier.

Bei Nebenkostenabrechnungen gibt es viel Ärger und Streit zwischen Vermietern und Mietern. Dabei ist der Hintergrund und Ablauf eigentlich sehr einfach. Der Vermieter muss nach Ablauf der Abrechnungsperiode, beispielsweise ein Kalenderjahr, im folgenden Jahr „Rechnung legen.“ Denn der Vermieter erhält Vorauszahlungen für Nebenkosten nicht für eigene Leistungen, sondern er verwendet das Geld, um Rechnungen Dritter für all diejenigen Leistungen seiner Mieter zu bezahlen, die als Nebenkosten vereinbart wurden. Beispielsweise sind dies die Grundsteuer, Kosten für die Gebäudeversicherung oder Kosten der Gartenpflege. Wenn es nun 12 völlig von der Größe her identische Wohnungen im Haus gibt, kann und muss der Vermieter dann in seiner Nebenkostenabrechnung die Kosten der Gartenpflege für das Haus auf die 12 Mieter gleichmäßig verteilen. Ob er aber tatsächlich im Jahr dafür beispielsweise 1.526,83 EUR bezahlt hat, weiß eigentlich kein Mensch. Erst wenn ich als Mieter die Rechnung sehe, kann ich prüfen, ist die Rechnung tatsächlich so hoch, hat der Vermieter diese auch tatsächlich bezahlt? Enthält die Rechnung wirklich nur die Gartenpflege für das Haus oder ist damit auch die Gartenpflege für das Privathaus des Vermieters erfasst usw.? So kommen natürlich für die vielen Einzelposten einer Abrechnung naturgemäß eine Vielzahl von Belegen zusammen. Im Fall des Amtsgerichts Münster konnten einzelne Belege nicht vorgelegt werden und diejenigen, die vorgelegt wurden, waren ungeordnet. Dazu führte das AG Münster aus:

Die Beklagten bestreiten vielmehr, dass die Klägerin ihrer Pflicht aus § 259 Abs. 1 BGB zur Einräumung der Möglichkeit einer umfassenden Prüfung der Rechnungen nachgekommen ist.
Nach § 259 Abs. 1 BGB hat der Verpflichtete dem Anspruchsteller eine geordnete Zusammenstellung der Ausgaben und Einnahmen vorzulegen, welche die von ihm gelegte Rechnung stützt. Belege für die Rechnungsposten sind vorzulegen, wenn solche üblicherweise erstellt werden. Diese Pflicht trifft auch den Vermieter in Bezug auf die Nebenkostenabrechnung (BGH NZM 2021, 31 (32)). Die Abrechnungsunterlagen umfassen dabei neben den Rechnungen auch die Zahlungsbelege über die abgerechneten Betriebskosten.

Hier kommt es eben auf geordnet an. Irgendein Sammelsurium oder ein Schuhkarton voller Belege reicht nicht. Der Mieter ist nicht verpflichtet, zunächst zu sortieren, um dann prüfen zu können. Deshalb hat der Vermieter allein mit dem Vorlegen der Rechnungsbelege den Anspruch auf Einsicht nicht automatisch erfüllt. Erst wenn die Belege als eine geordnete Zusammenstellung dem Mieter präsentiert werden, ist die Pflicht zur Gewährung der Einsichtnahme erfüllt. Schickt er sie in einen Raum wie auf dem Beispielfoto oder wirft Ihnen einen Umzugskarton mit darin unsortiert umherfliegenden Belegen hin, ist das rechtlich so zu werten, als hätte er nie die Belege vorgelegt. Das Amtsgericht führte aus:

Diesem Erfordernis hat die Klägerin mit der Beibringung von Abrechnungsbelegen nicht genüge getan. Die Belege können in der eingereichten Form durch einen durchschnittlichen Bürger nicht sinnvoll ausgewertet werden. Die zur Akte gereichten Belege sind weder thematisch noch chronologisch stringent sortiert. Es ist nur eine grobe Zuordnung zu den einzelnen Abrechnungsposten nachvollziehbar. Zur genauen Bestimmung der Zusammensetzung der einzelnen Posten müsste der Mieter die Belege hier selbstständig ordnen. Insbesondere bleibt es ihm selbst überlassen, Zusammenhänge in den Rechnungen fortlaufender Verträge zu erkennen. Weiter wird die im Schriftsatz selbst festgesetzte Nummerierung der Anlagen im Anhang nicht chronologisch eingehalten. Zudem werden Belge nachgereicht, deren thematischer Zusammenhang mit den Belegen der vorherigen Anhänge nicht eindeutig erkennbar ist. Es bedürfte einer Zusammenstellung, welche die einzelnen Rechnungsposten klar voneinander abgrenzt und eine thematische sowie chronologische Sortierung aufweist.

Also, nicht nur der Schuhkarton mit Belegen ist unzureichend. Auch ein Hefter mit Unterlagen, die nicht zu einzelnen Abrechnungsbereichen oder chronologisch sortiert sind, ist unzureichend. Kommt ein Vermieter mit derartig ungeordneten Unterlagen Ihrem Recht auf Einsicht juristisch nicht nach, können Sie vermeintliche Ansprüche auf Nachzahlung als sog. Leistungsverweigerungsrecht verweigern. Um die unzureichende Präsentation auch nachweisen zu können, sollten Sie Ihr Smartphone zur Hand nehmen und die Situation in einer Fotodokumentation beweiskräftig festhalten.

Bleiben Sie mir treu und kämpfen Sie für Ihre Rechte!

Ralf Beckmann

Dank an Wonderlane auf Unsplash für das Beispielfoto, ganz oben im Artikel.