Das kommt häufig und bevorzugt bei Online-Käufen vor. Die Ware ist Schrott, funktioniert nicht oder stellt irgendwann nach einem Monat die Funktion ein und der Verkäufer spielt nicht richtig mit? Was ist zu tun und wann ist Gewährleistung und wann Garantie das Mittel der Wahl? Oder ist beides identisch und es gibt nur verschiedene Ausdrücke für ein und dieselbe Sache?

Zunächst einmal die einfachste Antwort. Garantie und Gewährleistung sind nicht identisch und rechtlich etwas völlig Unterschiedliches!

Damit wir uns dem Kern der Sache nähern können, zunächst einmal eine hoffentlich verständliche und verbraucherfreundliche Definition und Erläuterung der Garantie:

Die Garantie beim Verkauf von Waren aus dem Internet oder auch im örtlichen Handel meint zu 99 % ein Versprechen des Herstellers der Ware dem Kunden gegenüber. Meist gilt dieses Versprechen nur, sofern es sich um eine Privatperson handelt, also einen sog. Verbraucher, wie ihn das Bürgerliche Gesetzbuch (kurz BGB) bezeichnet. Es handelt sich dann zumeist um Neuware, die von einem Händler an Sie veräußert, also verkauft wird. Ist das der Fall, kommt grundsätzlich die Garantie (das Garantieversprechen) zum Tragen. Denn, was die Garantie Ihnen für Versprechen oder Leistungen im Fall der Fälle gewährt, ist gesetzlich nur teilweise festgelegt und der Hersteller bestimmt in weiten Teilen seiner Garantieerklärung einseitig, wann und unter welchen Umständen er Ihnen bestimmte Rechte einräumt. Sie sollten daher immer genau in den Verkaufs­unterlagen, die Sie bspw. für Ihren Fernseher bekommen haben, nachsehen, welche Rechte Ihnen der Hersteller für den Fall einräumt, dass das Gerät einen Schaden oder auch Mangel nach dem Kauf hat. Lesen Sie daher die zu Ihrem Gerät gehörende Garantieerklärung des Herstellers aufmerksam. Der große Vorteil der meisten Garantieversprechen der Hersteller sind, dass diese gelten, sofern ein Mangel oder Fehler am Gerät innerhalb der vereinbarten Garantiezeit auftritt. Ist die Garantiezeit bspw. mit zwei Jahren ab Kaufdatum vom Hersteller festgesetzt und innerhalb dieser Zeit tritt ein Fehler auf, können Sie die Garantie gegenüber dem Hersteller geltend machen.
Ein weiterer, großer Vorteil der Garantie des Herstellers ist, dass diese sich zumeist nicht auf den Zeitpunkt der Übergabe der Ware bezieht, sondern Fehler in der gesamten Garantiezeit auftreten können bzw. dürfen. Hier werden viele Laien denken: „Wie, bei meinem Händler habe ich doch zwei Jahre Gewährleistung …“ und interpretieren das so, dass nur innerhalb von zwei Jahren ein Mangel/Fehler an der Ware auftreten muss und schon haftet der Händler. Dies ist leider falsch! Der Zeitraum ist zwar richtig, wenn es sich um Waren (also nicht ein Grundstück oder eine Bauleistung) handelt, nämlich zwei Jahre; § 438 Abs. 1, Nr. 3 BGB. Aber, im Rahmen der Gewährleistung kommt es vorrangig nicht darauf an, wann Sie einen Fehler/Mangel entdecken oder dieser auftritt. Vielmehr muss der Käufer, also Sie, grundsätzlich nachweisen (beweisen), dass der Mangel/Fehler schon bei Übergabe der Sache vorlag; § 434 BGB! Dies nennt man auch Zeitpunkt des Gefahrübergangs. Dazu später noch mehr unter Gewährleistung. Aber bei der Garantie müssen Sie diesen Beweis eben nicht erbringen, sondern es reicht, dass der Fehler während der Garantiezeit auftritt bzw. sich zeigt! Also, ein großer Vorteil für Sie als Kunde.


Die Gewährleistung ist dagegen ein Bündel von Rechten, welches Ihnen das Bürgerliche Gesetzbuch (kurz BGB) als Käufer der Ware gegenüber dem Verkäufer einräumt. Rechte, die sich aus der Gewährleistung ergeben, sind bspw. das Recht auf Minderung oder der Rücktritt vom Vertrag. Dazu verfasse ich noch einen gesonderten Artikel, denn eine Abhandlung über verschiedene Rechte aus der Gewährleistung würde hier den Rahmen sprengen.

Nun noch einmal zurück auf den Zeitpunkt des Gefahrübergangs. Das hatte ich bereits oben kurz unter der Garantie erwähnt. Die meisten Menschen verstehen bereits nicht, dass ein normaler Kauf aus zwei Elementen besteht, dem Grundgeschäft und der Erfüllung. Sie haben zum Beispiel ein TV-Gerät von einem privaten Anbieter gekauft. Zuvor hatte dieser in einem Internetportal eine Anzeige geschaltet. Sie besuchen den Verkäufer in seiner Wohnung und sagen, ich nehme ihn (den Fernseher) für 300 Euro. Der Verkäufer sagt: „ …einverstanden“. Damit ist das Grundgeschäft zustande gekommen. Jetzt geht es an die sogenannte Erfüllung. Sie müssen dem Verkäufer auch 300 Euro geben, so wie vereinbart. Theoretisch hätte man ja auch im Grundgeschäft vereinbaren können, ich komme morgen das TV-Gerät abholen und bezahle dann. Der Verkäufer sagt wieder „einverstanden“.  Dann hat er keinen Anspruch auf das Geld am Tag Ihrer Besichtigung/des Vertragsschlusses, sondern erst am Tag der Abholung! Also, das Grundgeschäft und das Geschäft zur Erfüllung müssen nicht zwangsläufig am selben Tag stattfinden. Im Beispiel wird heute das (Grund-)Geschäft geschlossen und die Erfüllung soll morgen erfolgen.
Da bei Ihrem oben geschilderten Sofortkauf nichts dergleichen vereinbart ist, schulden Sie dem Verkäufer das Geld sofort und umgekehrt schuldet er Ihnen sofort das TV-Gerät! Den Moment, wo die Ware vereinbarungsgemäß den Besitzer wechselt, nämlich vom Verkäufer zu Ihnen, nennen wir auch Übergabestichtag, Übergabezeitpunkt oder den Zeitpunkt des Gefahrübergangs, wie es im Gesetz in § 434 BGB jetzt heißt. Warum nennen wir diesen Zeitpunkt Gefahrübergang? Stolpern Sie auf der Treppe mit dem TV-Gerät und haben es zuvor in der Wohnung des Verkäufers übernommen (Übergabe), dann tragen Sie die Gefahr und das Stolpern und die Zerstörung des TV-Geräts, vielleicht 30 Sekunden nach Übergabe, geht auf Ihre Kappe! Deshalb Gefahrübergang.
Dieser eine, kurze Moment, ist also der entscheidende Zeitpunkt, an dem das Gerät bereits einen Fehler/Defekt/Sachmangel haben muss!
Also anders, als bei der Garantie, wo der Fehler irgendwann innerhalb der vereinbarten Garantiezeit auftreten muss.

Dazu ein weiteres Beispiel: Stellen wir uns vor, Sie haben ein TV-Gerät beim bekannten M-Markt gekauft, bezahlt und in Ihren PKW geladen. Zu Hause angekommen, packen Sie das Gerät aus, stellen es auf, stecken den Netzstecker in die Steckdose, schließen das Antennenkabel an und was passiert? Nichts! Der berühmte Zeitpunkt des Gefahrübergangs war, als der Service-Mitarbeiter Ihnen an der Rampe das Paket mit dem TV-Gerät in die Hände gedrückt hat. Sie müssen nun also beweisen, dass genau in dem Moment das TV-Gerät schon defekt war! Das ist fast unmöglich. Sie wissen Zuhause ja nicht einmal, wieso die blöde Kiste überhaupt dunkel bleibt. Und anders als Sie denken, weiß der Jurist, dass es zumindest möglich ist, dass das Gerät durch einen unsachgemäßen Transport ihrerseits einen Schaden erlitten haben könnte. Beweisen Sie doch bitte, dass Sie das TV-Gerät ganz sanft transportiert haben und deshalb ein Fehler am Gerät unmöglich von Ihnen verursacht sein kann. Folglich das Gerät schon defekt im Karton gelegen haben muss, als der Service-Mitarbeiter Ihnen das Gerät ausgehändigt hat. Auch dies ist nahezu ein Ding der Unmöglichkeit. Wenn sich der M-Markt Ihnen gegenüber also taub gestellt hätte, dann wäre er rein rechtlich gesehen auf ziemlich sicherem Posten gewesen. Zum Glück hat das der Gesetzgeber jedoch bemerkt und schon vor einigen Jahren reagiert. Deshalb gibt es nun § 477 BGB. Kurz gesagt hilft dieser Paragraf Ihnen wie folgt:
Erstens muss es sich um einen Verbrauchsgüterkauf handeln. Wenn der Verkäufer also gewerblicher Händler (Unternehmer im Sinne des BGB) ist und sie als Privatperson gekauft haben, handelt es sich um einen Verbrauchsgüterkauf. Haben Sie beruflich eine Gastwirtschaft und haben das Gerät für die samstägliche Fußballrunde gekauft, haben Sie Pech gehabt, zumindest was die Beweiserleichterung des § 477 BGB anbelangt. Dann fand der Verkauf zwischen Unternehmern statt und nichts ist es, mit der Beweiserleichterung.
Zweitens muss sich der Mangel binnen Jahresfrist (seit dem Kauf) zeigen, was ja bei Ihrer Ankunft direkt nach dem Einkauf beim M-Markt der Fall wäre.
Wenn diese Voraussetzungen vorliegen, wird zulasten des Verkäufers vermutet, dass das Gerät schon bei Übergabe defekt war. Sie müssen folglich nicht mehr beweisen, dass sie sehr vorsichtig gefahren sind und das Gerät einwandfrei transportiert haben. Der Händler muss nun beweisen, dass das Gerät bei Übergabe in Ordnung war, die gesetzliche Vermutung also widerlegen. Kann oder tut der Händler das nicht, gilt die Vermutung und Sie haben Ihre Gewährleistungsrechte. Dann muss der Händler bspw. reparieren (Nacherfüllung) oder später die von Ihnen verlangte Minderung akzeptieren.

Der einfachste und sicherste Weg, seine Rechte als Verbraucher geltend zu machen, ist meiner Ansicht nach der Weg über den Händler/Verkäufer der Ware. Die Rechte sind sicher und  vor allem umfassender. Nur bei äußerst günstigen Bedingungen ist meiner Meinung nach die Garantie des  Herstellers der bessere Weg. Oder für den Fall, dass Ihr Händler nicht mehr existiert oder auffindbar ist, was ja durchaus bei vielen kleinen Online-Händlern vorkommen soll.

Deshalb mein letzter Tipp, wenn Sie bei einem kleinen Händler kaufen, möglicherweise sogar im Internet, sollten Sie immer darauf achten, dass Sie mit der Ware auch die Garantie­erklärung des Herstellers erhalten. Alle großen Hersteller geben solche Garantieerklärungen ab. Verwahren Sie diese zusammen mit Ihrem Kaufbeleg (ja, auch den benötigen Sie häufig für die Geltendmachung der Garantie!) gut und mindestens so lang, wie die Gewährleistung und/oder Garantie andauert. Dann sind Sie auf der sicheren Seite für den Fall, dass nach 18 Monaten Ihr Händler bereits den Geschäftsbetrieb wieder eingestellt hat oder verschwunden ist. Dann haben Sie sozusagen Ihr zweites Standbein, die Garantie des Herstellers. Also, auf jeden Fall besser als ein verschwundener Händler und nur noch theoretisch durchsetzbare Rechte.

Bleiben Sie mir gewogen und vertragen Sie sich 😉

Ihr Ralf Beckmann