Vorbemerkungen
Sie kaufen gern auf einer der diversen Internetplattformen? Dann Achtung, denn Ihr Verkäufer/in ist schneller Unternehmer oder gar Gewerbetreibender, als man denkt! Wobei, dies liegt nicht an der Plattform, sondern daran, dass heute fast niemand mehr Waren per Zeitungsanzeige anbietet.
Ich möchte mich in diesem Artikel vorrangig mit Ihnen und Ihrer Warte als möglicher Käufer/in beschäftigen. Die Frage, was die anderen Blickwinkel, beispielsweise den der Ordnungsbehörde, die Sie zur Anmeldung eines Gewerbes zwingt oder des Finanzamtes ergeben, soll hier nur Thema sein, wenn es zum Verständnis Ihrer Situation dient.
Erläuterung privat – gewerblich – Unternehmer
Was ist eigentlich privat, bzw. ein Privatverkauf? Am besten, man erklärt es mit dem Gesetz. In § 13 des Bürgerlichen Gesetzbuches (nachfolgend BGB) steht:
„Verbraucher ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können.“
Für Laien hoffentlich einfach ausgedrückt heißt dies übersetzt: Wenn ein Mensch an einem Kauf, Miete o.ä. (= Rechtsgeschäft) beteiligt ist und er dieses Geschäft zu privaten Zwecken tätigt, dann ist er (für dieses Rechtsgeschäft!) Verbraucher im Sinne des Gesetzes; auch wenn er seinen Lebensunterhalt als Inhaber einer Kneipe, eines Kiosks, oder als Rechtsanwalt oder Steuerberater verdient (Gewerbetreibender/Selbstständiger). Denn als Mensch kann ich sowohl Inhaber eines Cafés sein und damit Unternehmer, Selbstständiger oder Gewerbetreibender. Jedoch auch Privatperson, die für die private Lebensführung Geschäfte abschließt.
Jeder Gewerbetreibende oder Selbstständige ist zugleich auch Unternehmer im Sinne des § 14 BGB, wenn er als Einzelperson oder mit mehreren natürlichen Personen zusammen ein „Unternehmen“ betreibt und zu diesem Zweck ein Geschäft abschließt, sei es ein Kauf, Verkauf oder die Anmietung von Räumen.
Aber, die Frage, ob ein Unternehmer oder ein Verbraucher vor einem steht, stellt sich eben immer nur bei natürlichen Personen. Es kann ja kein Verkäufer im M-Markt wissen, wenn Rechtsanwalt Meier vor ihm steht, ob dieser privat oder als Rechtsanwalt unterwegs ist. Darum wird es hier im Weiteren gehen, denn beispielsweise die GmbH ist immer Unternehmer und deshalb müssen wir uns nicht damit gesondert befassen.
Abgrenzung Verbraucher oder Unternehmer
Wie grenze ich also ab, ob mir gerade Rechtsanwalt Meier gegenübersteht oder der Privatmann Herr Meier?
Das ist einfach für den Juristen mit seinen vielen Definitionen: Ein privater Verkauf oder auch Kauf ist immer dann gegeben, wenn eine natürliche Person (also ein Mensch! 😉) am Kauf oder Verkauf beteiligt ist und der Kauf oder Verkauf weder einer gewerblichen, noch selbstständigen Tätigkeit zugeordnet werden kann. Hört sich sperrig an, steht aber so im Gesetz.
Deshalb hier einige Beispiele für Sie zur Erläuterung, damit Sie ein Gefühl für die Sache bekommen:
Sie sind Inhaber eines schönen Gasthauses, einer Kneipe oder sind Einzel-Rechtsanwalt, freiberuflicher Journalist oder haben einen kleinen Kiosk am Bahnhof. Dann sind Sie eine „natürliche Person“, aber eben auch selbstständig oder gewerblich tätig. Sie können daher auch als Unternehmer für ein bestimmtes Rechtsgeschäft auftreten. Kauft der Rechtsanwalt oder der Inhaber des Kiosks nun ein Radio, um dies im „Betrieb“ aufzustellen, handelt derjenige als Selbstständiger/Gewerbetreibender und damit als Unternehmer im Sinne des BGB. Kauft der Rechtsanwalt oder der Kioskbesitzer dagegen ein Radio, um es in der privaten Küche aufzustellen, handelt es sich um den Kauf eines Verbrauchers.
Gehen Sie in eine Bäckerei oder ein Lebensmittelgeschäft, um Brötchen oder Lebensmittel zu kaufen, denkt man, das ist jetzt einfach. Das macht man doch privat, oder? Das ist sicher häufig richtig, aber der Rechtsanwalt kann auch für eine große Besprechung mit Mandanten in seiner Kanzlei Brötchen und Aufschnitt kaufen, um diese Personen zu bewirten und schon ist er als Unternehmer an dem Geschäft „Brötchen kaufen“ beteiligt. In dem Beispiel ist der Rechtsanwalt aber Käufer. Für uns ist dies nicht so interessant, weil sich daraus zunächst für den Verkäufer meist keine Probleme ergeben.
Sie sollten aber wissen, dass bei Kaufleuten immer vermutet wird, dass das Rechtsgeschäft für seinen Betrieb bestimmt war; § 344 I Handelsgesetzbuch. Der Kaufmann muss deshalb beweisen, dass er „ausnahmsweise“ für sich privat gekauft hat! Die anderen Selbstständigen eben nicht!
Sie sind Verbraucher und Käufer und der Verkäufer ist scheinbar Verbraucher
Interessant wird es für Sie als Verbraucher aber dann, wenn eine Person, die als Einzelunternehmer im weiteren Sinne tätig ist, auf der Verkäuferseite steht und Sie zunächst von einem Privatverkäufer (Verbraucher) ausgehen.
Ich kann mich noch erinnern, als großes Wehklagen bei einer BGB-Reform losging. Der Rechtsanwalt, der seinen treuen Weggefährten, nämlich seinen schönen Mercedes verkaufte, war plötzlich Unternehmer im Sinne des BGB und musste nun mit Gewährleistung an private Erwerber (Verbraucher) verkaufen. Denn zuvor war man als Verkäufer von gebrauchten PKW gewohnt, dass man nur die Gewährleistung übernehmen musste, wenn man mit Fahrzeugen handelte. Also, ein Kfz-Händler musste auch für Gebrauchtfahrzeuge die Gewährleistung übernehmen. Das war auch in Ordnung so, denn der Kfz-Händler hat ja Kenntnisse über die Beschaffenheit des Fahrzeugs. Der Rechtsanwalt oder Arzt oder Architekt dagegen nicht. Und dann trotzdem für die Fehlerfreiheit eines fünf Jahre alten Fahrzeugs einstehen? Das war ungewohnt.
Aber genau das ist heute der Fall. Der Rechtsanwalt oder Steuerberater oder auch jeder Einzelunternehmer, gleich welcher Branche, der ein zuvor geschäftlich genutztes Fahrzeug veräußert, kann die Gewährleistung nicht ausschließen, weil er bei diesem Geschäft als Unternehmer handelt!
Weil das Fahrzeug umgangssprachlich in den Büchern stand, hatte der Verkäufer beim Kauf seines Fahrzeugs als Unternehmer gehandelt. Dann kann er nicht diese Vorteile (er erspart sich Umsatzsteuer und kann das Fahrzeug abschreiben) in Anspruch nehmen und beim Verkauf des Fahrzeugs privat handeln.
Daher aufgepasst, wenn Sie von einem privaten Verkäufer ein Fahrzeug erwerben und mitbekommen, dass dieser selbstständig arbeitet oder ein Gewerbe als Einzelunternehmer hat.
Natürlich ist es nicht verboten als Unternehmer auch privat ein Fahrzeug zu verkaufen. Aber es ist eben nicht in Ordnung, wenn der angebliche Privatverkauf mit einem Fahrzeug erfolgt, welches der Unternehmer nicht ausschließlich privat genutzt hat.
Aus meiner anwaltlichen Praxis kann ich auch immer wieder nur dazu raten, beim Kauf von Tieren sich nicht von Gewährleistungsausschlüssen, gekauft wie gesehen und übernommen etc. pp. in den schriftlichen Kaufverträgen blenden zu lassen. Warum? Weil meiner Erfahrung nach im Bereich der hobbymäßigen Zucht von Katzen und Hunden, häufig aber auch bei Pferden die Züchter eben nicht privat verkaufen. Viele mögen dies gutgläubig denken. Aber Gerichte stufen diese Züchter sehr, sehr häufig als Unternehmer ein. Dies hat dann zur Folge, dass Sie bei einem kranken, mangelhaften Tier eben diverse Gewährleistungsrechte als Käufer geltend machen können. Zudem sind die Kaufverträge praktisch immer zugleich auch Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB). In AGB können Verkäufer nicht so einfach Käufern Rechte aberkennen, wie dies bei einem individuell ausgehandelten Vertrag der Fall wäre.
Also, das Tier stellt sich nach dem Kauf als mangelhaft und krank dar? Dann sollten Sie unbedingt die Situation rechtlich prüfen lassen. Nämlich, ist der Verkäufer nicht Unternehmer und beinhaltet mein Vertrag nicht AGB?
Kriterien die für die Einordnung Unternehmer sprechen
Die Einordnung als Unternehmer ist grundsätzlich von dem Vorhandensein von bestimmten Kriterien abhängig, die aber nicht im Gesetz einzeln definiert sind, sondern von den Gerichten von Fall zu Fall in einer Gesamtschau betrachtet werden. Ich kann nur versuchen, Ihnen durch die folgenden Beispiele ein Gefühl zu vermitteln, denn ohne konkreten Fall ist es schwer eindeutige, und verbindliche Regeln aufzustellen.
Wie ich bereits bei Tierzüchtern erwähnte, kann für Züchter u.a. das Kriterium „Homepage“ zur Einordnung als Unternehmer, aber eben nicht allein, führen. Die Homepage ist u.a. relevant, weil man damit nach außen hin kundtut, dass es eine auf Dauer angelegte Tätigkeit, nämlich der Verkauf gezüchteter Hunde, Katzen oder auch Pferde ist. Das ist das eigentliche Kriterium.
Hinzu kommt das Kriterium gegen Entgelt. Das ist natürlich immer gegeben, weil niemand seine Welpen, Kitten oder Fohlen verschenkt. Aber auf eine Gewinnerzielungsabsicht kommt es wiederum nicht an. Das Argument, ich verdiene ja nichts mit meiner Zucht, die Zucht deckt nur die Kosten, ist juristisch unerheblich.
Wenn Sie nun Ihren Dachboden aufräumen und ein paar Dinge von Oma und Opa veräußern wollen, ist auch dies einerseits in 95 Prozent aller Fälle unbedenklich, aber eben möglicherweise nicht in den letzten 5 Prozent der Fälle. Denn beim sog. Privatverkauf können hohe Preise für die angebotenen Waren und die Anzahl, eines von mehreren Kriterien sein, die die Einstufung als „Unternehmer“ herbeiführen. Sie finden auf Omas Speicher eine alte Truhe aus Holz und bieten Sie für 50 Euro an? Kein Problem. Sie finden noch 30 andere Möbelstücke aus vergangenen Tagen, die am Ende alle zwischen 250 und 1.000 Euro VB kosten sollen? Dann ist bereits m.E. äußerste Vorsicht geboten. Denn maßgeblich sind u.a. Art und Anzahl der angebotenen Artikel. Wäre ich der Anwalt eines Käufers und wüsste, dass „Herr Meier“ im Laufe eines Jahres 30 mehr oder weniger wertvolle Möbelstücke veräußert hätten, würde ich meinem Klienten raten, es mit einer Klage gegen ihn zu versuchen, beispielsweise wenn sich ein von ihm gekauftes Möbelstück als mangelhaft herausstellt.
Die richtig krassen Fälle – Händler tarnen sich als Privatverkäufer
Ein Beispiel: Sie kaufen ein Auto und „Herr Arglistig“ bietet das Fahrzeug gebraucht als Privatverkäufer für 8.000 Euro an. Sie vereinbaren, wie üblich, einen Gewährleistungsausschluss. Also, gebraucht gekauft wie gesehen und Probe gefahren. Im schönen Kaufvertragsmuster des ADAC steht auch noch „von privat an privat“. Nun stellt sich nach wenigen Tagen heraus, dass das Fahrzeug diverse Mängel hat, die sich auf Reparaturkosten von 3.500 Euro summieren. Sie fragen beim Verkäufer an, aber der beruft sich auf erstens auf „ich weiß nix“ und zweitens „wir haben einen Gewährleistungsausschluss vereinbart“. Dann erfahren Sie durch Zufall von weiteren privaten PKW-Verkäufen des „Herrn Arglistig“. Sie recherchieren und finden heraus, in diesem Jahr bereits acht Fahrzeuge „privat“ verkauft hat. Hat er tatsächlich privat verkauft? Nein, acht Fahrzeuge in einem Jahr, alle beginnend mit mindesten 3.000 Euro Kaufpreis und höher. Wer kann denn, wenn er nicht verdeckt Händler ist, acht Fahrzeuge im Jahr kaufen, auf sich anmelden, dann eine gewisse Zeit fahren und dann wieder verkaufen? Das glaubt „Herrn Arglistig“ weder das Finanzamt, noch ich. Also, auch hier spielt wieder die Art der angebotenen Artikel (nämlich acht gleichartige Artikel) und der Preis eine Rolle. Dann kommt hinzu, dass die Preise sich in einem relativ niedrigen Preissegment für PKW, nämlich zwischen 3.000 bis 8.000 Euro, bewegen. Man sucht als verdeckter Händler bewusst u.a. ein halbwegs niedriges Preissegment für Fahrzeuge, um an Kunden zu gelangen, die nicht viele „Anforderungen“ stellen. Alle diese Umstände zusammen machen „Herrn Arglistig“ aus meiner Sicht zum klassischen Fall des Unternehmers im Sinne von § 14 BGB, auch wenn behauptet, privat verkauft zu haben. In diesem Beispiel würde ein versierter Richter zumindest anzweifeln, dass die Beweislast für die Behauptung „sie sind Unternehmer“, nach wie vor beim Käufer als Verbraucher liegt. Vielmehr wäre zu erwarten, dass er den Beklagten „Herrn Arglistig“ darauf hinweist, dass die Argumente gegen ihn als Privatverkäufer derart überzeugend sind, dass er sich entlasten muss. Das würde dann dazu führen, dass „Herr Arglistig“ dem Gericht erläutern und gegebenenfalls auch beweisen müsste, warum er als Verbraucher in einem Jahr acht Fahrzeuge erworben und wieder verkauft hat. Kann er das nicht überzeugend tun, wird das Gericht ihn als Unternehmer ansehen und er muss für das mangelhafte Fahrzeug einstehen.
Ähnliche Fälle gibt es eigentlich in allen anderen Handelsbereichen auch. Die tollen, neuen Adidas-Sneaker werden günstig angeboten, super Markenklamotten, hochpreisige, gebrauchte Designermode usw. usf. In allen diesen Bereichen tummeln sich ohne Ende private Verkäufer, die sich eben nur als „privat“ tarnen und tatsächlich Händler sind. Natürlich kann man die Auffassung dazu haben, das tut doch keinem weh. Und wenn sich jemand abends ein paar Euro zusätzlich verdient, was soll das schon? Aber, stellen Sie sich vor, der günstig erworbene Artikel weist nach 3 Monaten plötzlich einen Fehler auf. Schmeißen Sie dann gern 200 Euro in den Mülleimer oder hätten Sie lieber ein Ersatzgerät? Oder Ihr tolles Gebrauchtfahrzeug, auf das Sie angewiesen sind, lässt Sie bereits nach wenigen Tagen im Stich.
Sie sehen, es ist sehr wichtig zu wissen, dass auch vermeintliche Privatverkäufer Unternehmer sein könne und sich daraus für Sie Rechte ergeben, die Ihnen im Fall der Fälle sehr helfen.
Bleiben Sie mir gewogen und vertragen Sie sich 😉
Ihr Ralf Beckmann
Das Beispiel-Foto mit Dank von Cytonn Photography auf Unsplash
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