Das passiert leider. Die Haare sind nach dem Färben mehr lila als blond, die Frisur ist völlig verschnitten oder der Friseur verletzt Sie durch seinen ungeschickten Umgang mit Schere oder fehlerhaftem Einsatz von Chemikalien? Zu diesem Thema hat das Amtsgericht Brandenburg an der Havel im Dezember 2022 ein Urteil gefällt.
Was war passiert? Eine Kundin hatte sich eine neue Haarfarbe gewünscht, aber vor der Behandlung erwähnt, dass Sie auf Ammoniak und Henna allergisch reagieren würde. Den Friseur hat das nicht weiter interessiert, denn er hatte die Kundin in der Folge nicht aufgeklärt, dass derartige Inhaltsstoffe zum Einsatz kommen würden oder im Färbemittel enthalten sein können. Es kam, wie es kommen musste. Das Färbemittel hat allergische Reaktionen bei der Kundin ausgelöst.
Wegen der nicht durchgeführten Aufklärung hat das Gericht eine Schadenersatz- und Schmerzensgeldpflicht zulasten des Friseurs bestätigt. Denn der Friseur hatte es nach den Feststellungen des Gerichts unterlassen, die Kundin nach Ihrem Hinweis auf eine Allergie über Risiken des Einsatzes von Haarfärbemitteln aufzuklären. Der Friseur hätte das Färben grundsätzlich ablehnen müssen. Alternativ hätte er sich eine schriftliche Einverständniserklärung der Klägerin zur Absicherung möglicher Konsequenzen hätten geben lassen können. Beides war nicht geschehen.
Deshalb hat das Gericht der Kundin sodann ein Schmerzensgeld von 2.000 Euro zugebilligt, weil diese eine schmerzhafte allergische Reaktion in Form einer Gesichts- und Augenschwellung, sowie ekzematöse Hauterscheinungen im Kopfbereich erlitt.
Ich persönlich halte das Schmerzensgeld für angemessen, wenn man praktische Gerichtserfahrung in diesem Bereich hat. Der Laie ruft „viel zu gering“ angesichts horrender Summen, die Jurys in amerikanischen Serien den Opfern zusprechen. Auch in Köln erging es einer Friseurkundin, die während des Färbevorgangs über ein Brennen auf der Haut klagte, nicht gut. Die Friseurin tat diesen Hinweis mit „das muss so sein“ ab. Tatsächlich hatte die Friseurin die Blondiercreme zu lang einwirken lassen und nach dem Hinweis der Kundin, nochmals 30 Minuten zusätzlich einwirken lassen. Dadurch kam es zu einer Hautverletzung mit starken Schmerzen und einer Infektion, deren Behandlung sich über Monate hinzog. Die schlimmste Folge aber war, dass an einer Hautpartie der Kundin auf natürliche Weise kein Haar mehr nachwächst. Das Gericht war allerdings der Auffassung, dass die kahle Stelle durch das Darüberlegen mit dichtem Haar der Kundin ausreichend verdeckt werden könne und sprach der Klägerin ein Schmerzensgeld von 4.000 Euro zu.
Wenn man nun die beiden Fälle gegenüberstellt und das Schmerzensgeld im ersten Fall für angemessen hält, dürfte m.E. das Schmerzensgeld im zweiten Fall zu gering bemessen sein. Der Hinweis, dass die Kahlstelle am Kopf durch das dichte Haar ausreichend verdeckt wird, ist subjektiv. Das sagt zudem nichts darüber aus, ob das für die weitere Lebenszeit der Kundin auch so bleiben wird, denn Haare können im Alter durchaus dünner werden und die früher gut verdeckte kahle Stelle wird sichtbar. Im Gegensatz zum ersten Fall, ist hier m.E. eine entstellende Dauerfolge eingetreten, die allein eine angemessene Kompensation erfordert. Also, wenn man die beiden Fälle unter dem Aspekt vergleicht, müsste das Schmerzensgeld im zweiten Fall m.E. um 1.000 bis 1.500 Euro höher liegen.
Aber aus beiden Urteilen können wir lernen, dass man die Leistungen seines Friseurs nicht immer klaglos hinnehmen sollte. Denn grundsätzlich ist das Schneiden der Haare durch den Friseur als Körperverletzung einzustufen, für die der Kunde oder die Kundin im Rahmen des Üblichen seine Einwilligung gegeben hat. Schießt der Friseur über das Ziel hinaus, ist die Körperverletzung als rechtswidrige Handlung des § 823 BGB einzustufen, die nicht mehr von der Erlaubnis gedeckt wird. Jeder wird verstehen, dass die Aufforderung an den Friseur „Bringen Sie bitte wieder Form in die Reste meiner Frisur“ nicht beinhaltet, dass dieser dann mit seiner Schere versehentlich in meine Kopfhaut oder das Ohr hineinsticht. Aber auch die Aufforderung „bitte nur die Spitzen schneiden“ ist zwar nicht eindeutig. Aber aus einer Langhaarfrisur, bei der die Haare bis zwischen die Schulterblätter reichen, dann einen Pagenkopf zu schneiden, sei er auch noch so schön, ist eben nicht von der Einwilligung „nur die Spitzen schneiden“ gedeckt.
Mit derlei Fehlleistungen macht sich der Friseur immer schadenersatz- und schmerzensgeldpflichtig.
Ich wünsche Ihnen jedenfalls allzeit einen Friseurbesuch mit für Sie guten Ergebnissen. Bleiben Sie mir gewogen und vertragen Sie sich 😉
Ihr Ralf Beckmann