Schlagwort: Europäischer Gerichtshof

Sie arbeiten bei der katholischen oder evangelischen Kirche und spielen mit dem Gedanken auszutreten? Dann sollten Sie diese Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts kennen

Oftmals herrscht in der Öffentlichkeit die Meinung vor, wer für die Kirche arbeite, müsse auch in der Kirche sein.

Dass dies nicht immer der Fall ist, zeigt der Fall des Bundesarbeitsgerichts (kurz BAG), der mit der Pressmitteilung vom 01.02.2024 publik gemacht wurde. Die Pressemitteilung finden Sie hier.

Von besonderem Interesse war in diesem Fall, dass eine Mitarbeiterin, die im weiteren Sinne für die katholische Kirche arbeitete, zunächst auch Mitglied der katholischen Kirche war. Dann jedoch trat sie aus. Sie ging bei ihrem Kirchenaustritt wohl davon aus, dass dies unerheblich für Ihr Arbeitsverhältnis sei, weil es auch konfessionslose und evangelische Arbeitskollegen und -Kolleginnen gab und gibt. Gleichwohl wurde ihr gekündigt.

Zu erwarten wäre gewesen, dass das BAG der Klage stattgibt, denn nach allgemeinem Verständnis dürfte es nur schwer vermittelbar sein, dass es in einem Unternehmen der katholischen Kirche konfessionslose oder anderen Konfessionen angehörige Kollegen und Kolleginnen gibt und man seine private Zugehörigkeit zur Kirche dann folgerichtig nicht auch auflösen darf. Zumal die Klägerin sich wohl nicht in irgendeiner Form negativ über die katholische Kirche geäußert hatte, sondern einfach nur ausgetreten war. Das BAG aber sieht Klärungsbedarf und legt dem Europäischen Gerichtshof Fragen vor, um zu klären,

„…, ob die Ungleichbehandlung der Klägerin mit Arbeitnehmern, die niemals Mitglied der katholischen Kirche waren, vor dem Hintergrund des durch Art. 10 Abs. 1, Art. 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf gewährleisteten Schutzes vor Diskriminierungen ua. wegen der Religion gerechtfertigt sein kann.“ (Zitat Ende)

Da niemand sicher prognostizieren kann, wie sich der EUGH zu einer solchen Frage äußert, sollte man zumindest überlegen, ob ein Austritt aus der Kirche, selbst unter derartigen Gesichtspunkten, die richtige Wahl ist. Bis die Frage endgültig geklärt ist, ist man rechtlich nicht wirklich auf der sicheren Seite.

Ralf Beckmann – 22.02.2024

Wie erfahre ich, was in meiner Patientenakte steht? Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs gibt Ihnen umfangreiche Rechte

Bisher kannten einige Menschen vage das Recht, Einsicht in die eigene Patientenakte zu nehmen. Dieses Recht ergibt sich im deutschen Recht aus § 630g BGB. Allerdings ist dort das Recht auf Einsicht nicht völlig kostenlos. Wollte der Patient einfach mal nur „hereinsehen“, ist dies kostenlos. Wollte man allerdings Abschriften, also Kopien oder Ausdrucke, müssen dem Arzt gem. § 630g Abs. 2 BGB die Kosten dafür erstattet werden.

Screenshot Homepage Rechtsanwalt Christmann vom 27.10.2023

Dem deutschen Recht auf Einsicht in die Patientenakte hat nun der Europäische Gerichtshof einen Riegel vorgeschoben. Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Rechtsanwalt Philip Christmann hat auf seiner Homepage mitgeteilt, dass der Europäische Gerichtshof die Auffassung bestätigt hat, wonach dem Patienten, gestützt auf Art. 15 Abs. 1 DSGVO (Datenschutzgrundverordnung), von seinem Arzt/Krankenhaus verlangen kann, dass dieser ihm kostenfrei eine erste Kopie seiner gesamten Behandlungsunterlagen übersendet.

Die Einzelheiten zum Fall können Sie auf der Homepage des Kollegen nachlesen (oben verlinkt). Wichtig für Patienten ist aber, dass sich nunmehr kein Arzt oder Zahnarzt darauf berufen kann, dass er die Kosten für die Übersendung und Anfertigung von Ausdrucken ersetzt verlangt haben möchte. Verweisen Sie auf das Urteil/Beschluss des Europäischen Gerichtshofs und die vorrangige Anwendung von Art. 15 Abs. 1 DSGVO und sie sind rechtlich auf der sicheren Seite.

Bleiben Sie mir gewogen und vertragen Sie sich.

Ralf Beckmann

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