Viele private Tierhalter sind sich nicht bewusst, welche weitreichenden Rechte das Veterinäramt hat, wenn es gegen sie ermittelt. Ein kürzlich veröffentlichter Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) hat nun eine interessante und praxisrelevante Regelung zum Besuchsrecht für Tierhalter geschaffen.
Hier können Sie die Entscheidung des OVG selbst nachlesen.
Was war passiert?
Der Beschluss erging in einem Fall, in dem gemeinsamen Tierhaltern die Haltung ihres Hundes untersagt wurde. Da gegen die Entscheidung der Behörde kein Rechtsmittel eingelegt wurde oder diese erfolglos blieben, war die Entscheidung rechtskräftig und die Tierhalter durften ihren Hund nicht mehr behalten. In solchen Fällen bieten die Hundegesetze der meisten Bundesländer den Behörden die Möglichkeit, den Hund einzuziehen und zu verwerten. Die Einziehung und Verwertung bedeutet letztendlich, dass der Halter sein Tier (irgendwann) verliert und es bis dahin auf Anordnung der Behörde in einem Tierheim zur Vermittlung untergebracht wird, da die Behörde in der Regel keine eigenen Unterbringungsmöglichkeiten hat.
Das OVG urteilte jetzt entgegen der Vorinstanz, dass der bisherige Halter bis zur tatsächlichen Verwertung Eigentümer des Tiers bleibt. Dadurch behält er seine Rechte und kann diese weiterhin ausüben, sofern sie ihm nicht durch behördliche Anordnungen entzogen wurden. Aus dem Eigentumsrecht ergibt sich damit auch das Besuchsrecht für den bisherigen Halter. Hinsichtlich des Umfangs des Besuchsrechts hat das OVG verfügt:
„… während der regelmäßigen Betriebsöffnungszeiten des Tierheims zweimal wöchentlich jeweils bis zu 30 Minuten zu besuchen….“
Empfehlungen für die Praxis als betroffener Halter und Eigentümer
Als betroffener Halter gibt es eine Vielzahl von Empfehlungen aus der anwaltlichen Praxis. Hier deshalb nur die wichtigsten Punkte:
Wenn sich das Veterinäramt mit der Tierhaltung befasst, beginnen die Maßnahmen oft mit der Sicherstellung der Tiere. Diese Sicherstellung ist jedoch weiterhin nicht mit der Einziehung und Verwertung gleichzusetzen. Wird Ihnen als Halter das Tier durch Sicherstellung entzogen, sollten Sie zusammen mit einem Rechtsanwalt abwägen, wie Sie vorgehen möchten. Soll man für sein Tier kämpfen, um es zurückbekommen? Oder gibt es Gründe, die „Wegnahme“ (Sicherstellung) vielleicht sogar hinzunehmen? Im letzteren Fall wird oft geraten, das Eigentum am Tier gegenüber der Behörde aufzugeben. Dieser Rat macht Sinn, wenn man erkennt, dass man nicht erfolgreich gegen die Wegnahme/Sicherstellung des Tiers vorgehen kann, und um die Kosten der Unterbringung des oder der Tiere möglichst gering zu halten. Denn ohne die Eigentumsaufgabe kann die Behörde das Tier erst zur Vermittlung freigeben, wenn die Einziehung erfolgt ist. Die Einziehung ist ein weiterer Bescheid der Behörde, dessen Erlass oft Monate dauert. Diesen langwierigen Prozess kann man durch die Eigentumsaufgabe erheblich abkürzen. Andererseits wird es mit dem Besuchsrecht schwierig oder gar unmöglich, wenn der Halter aus den o.g. Gründen sein Eigentum aufgibt. Das sollte man beachten. Daher sollte man als Tierhalter, der sein Tier besuchen möchte, nicht leichtfertig und aus vermeintlichen Kostengründen sein Eigentum aufgeben. Auf der anderen Seite muss man bedenken, dass wer die Wegnahme oder die rechtliche Sicherstellung duldet und keine Rechtsmittel dagegen einlegt, zwar sein Tier bis zur Verwertung besuchen kann, dies aber mit erheblichen Kosten der Unterbringung im Tierheim verbunden ist. Denn bis zur Verwertung haftet der bisherige Halter auch für die Unterbringungskosten im Tierheim. Diese Kosten lassen sich letztendlich nur vermeiden, wenn man von Anfang an gegen die Maßnahmen der Behörde mit den entsprechenden Rechtsmitteln vorgeht.
Sie sollten an dieser Stelle wissen, dass die Art und der Umfang des Besuchsrechts durchaus strittig sein können. Aber der Beschluss des OVG NRW ist zumindest eine gute Richtschnur für ein Besuchsrecht, das die Behörde wohl nun nicht mehr grundsätzlich infrage stellen kann. Daher können Sie sich auf das Urteil berufen und so die freiwillige Einräumung eines Besuchsrechts durch die Behörde erleichtern. Zumal im Beispielfall die Haltungsuntersagung bereits rechtskräftig war. Wurde Ihr Tier dagegen nur vorläufig durch Sicherstellung entzogen, sollte Ihre rechtliche Position ungleich besser sein.
Ansonsten gilt, dass nur die Gerichte helfen, wenn die Behörde ihr Besuchsrecht verweigert. Selbst Reden und Argumentieren führt meiner Erfahrung nach nur fast nie zum Ziel. Denn die Materie ist sehr komplex und ich kann deshalb nur raten, einen mit diesem Rechtsgebiet versierten Rechtsanwalt zu betrauen.
Bleiben Sie mir gewogen und achten Sie auf Ihr Tier!
Ralf Beckmann
Ich danke Dmitry Serafin recht herzlich für das am Artikelanfang zu sehende Beispielfoto. Weitere Fotos von Dmitry Serafin finden Sie auf Unsplash.
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