Sie wollen bauen und sind frohen Mutes? Dann sollten Sie die Entscheidung über einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht Berlin kennen.

Ich möchte an dieser Stelle in die Kommentatorrolle wechseln und Ihnen erklären, wie überraschend selbst ich diese Entscheidung finde. Zu meiner Abiturzeit „stotterte“ sich ein Mitschüler einen Satz aus Englisch und Deutsch zusammen, obwohl wir uns eigentlich nur auf Englisch äußern sollten. Der Satz war reinstes Denglisch und einem Schüler in der Oberstufe eigentlich unwürdig. Aber es war nicht überraschend bei diesem Mitschüler und es klang sehr lustig. Unser Englischlehrer konterte, wie ich meine, humorvoll ebenfalls auf Denglisch: „Ch…, that haut me from the hocker!“ So erging es mir auch mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts; hier.

Worum geht es? Ein Bauherr wollte Wohnraum schaffen und Remisen und Garagen im Innenhof eines Berliner Wohnviertels abreißen und dafür ein Studentenwohnheim errichten. Nun muss man wissen, dass er zuvor sicher eine Abrissgenehmigung verbunden mit einer Baugenehmigung erhalten hatte. Also, alles unter Kontrolle, dachte sicher unser Bauherr.
Aber weit gefehlt. Wie so oft in Deutschland gibt es Nachbarn oder in diesem Falle einen Naturschutzverband, der hier Brutstätten des „Passer domesticus“ vermutete und deshalb den Abriss stoppen wollte. Passer domesticus fragen Sie sich? Ja, das ist der gemeine Haussperling, umgangssprachlich auch Spatz genannt.

M.E. gibt es entlang der Berliner Innenstadt an allen Imbissbuden mehr Spatzen als Einwohner in Berlin. Deshalb wäre ich immer davon ausgegangen, dass ein neues Studentenwohnheim sicher Vorrang vor ein paar brütenden Spatzen genießen würde.
Aber im Verwaltungsgericht Berlin gibt es offensichtlich Spatzenliebhaber. Ich zitiere: „Bei Fortsetzung der Abriss-und Abbrucharbeiten im Hof des Grundstücks und bei Beseitigung der Vegetation bestehe die konkrete Gefahr, dass die Fortpflanzungs- und die Ruhestätten der Spatzen geschädigt bzw. gestört würden. Die Abrissarbeiten an den Garagen und der Abbruch des Asphaltbelags würden zu erheblichen Lärm- und Staubentwicklungen, Erschütterungen und Veränderungen des Mikroklimas führen. Dies berge mit hoher Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer Vergrämung der Spatzen und einer Aufgabe der Nistplätze. Es fehle an einem verbindlichen und hinreichend konkreten Ausgleichskonzept, das die drohenden Verstöße gegen den Artenschutz kompensieren könnte.“

Ja, was denkt sich denn das Verwaltungsgericht? Natürlich werden Spatzen dort zeitweilig vertrieben, wenn die Abriss- und Bauarbeiten beginnen. Vielleicht machen sich die Spaten aber auch über die Reste der Pausenbrote der Bauarbeiter her und brüten einfach einen Innenhof weiter? Welches Konzept sollte es denn bitte geben, außer ich kaufe ein Stück Wald und Feld in Brandenburg und stelle dieses ausschließlich den Spatzen zur Verfügung? Und dann stellt sich ja die Frage, ob die konkret betroffenen Spatzen auch dem Willen des Verwaltungsgerichts folgen und von Berlin nach Brandenburg umsiedeln. Aber, wenn das Wohnheim ist und an einer Außenwand 10 oder 20 Nistkästen angebracht würden, kämen die Spatzen mit Sicherheit zurück. Man schaue sich bitte einmal genau den Unterschied von Spatzen im städtischen Innenraum zu Spatzen auf dem Land an. Spatzen in Innenstädten wie Berlin oder Hamburg sind robust, springen auf die Tische von Lokalen und Imbissen und „stehlen“ die Pommes direkt vom Teller. Das würden scheue Artgenossen auf dem ruhigen Land niemals tun. Also, die Spatzen in dem betroffenen Berliner Innenhof kommen zurück, garantiert. Einfach, weil sie sich vom Menschen nicht mehr stören lassen. Wo also ist bitte das Problem? Menschen kann man für ein Jahr aus einem maroden Gebäude aussiedeln, bis ein Ersatzbau erstellt wurde. Spatzen nicht?

Es grüßt Sie herzlich

Ralf Beckmann