Schlagwort: ARB

Wir übernehmen die Kosten, die dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens entsprechen – Was bedeutet das?

Vorbemerkung
Ja, es geht um die Rechtsschutzversicherung und diejenigen Kosten, die diese gem. den Versicherungsbedingungen im Falle eines Vergleichs übernehmen muss. Wie sich die Versicherung finanziell beteiligt und was sie dazu von Ihnen erwartet, wird beispielsweise mit der nachfolgenden Vertragsklausel erläutert:
„Bei einer gütlichen Einigung der Angelegenheit übernehmen wir die Kosten, die dem Verhältnis des von der Versicherungsnehmerin/dem Versicherungsnehmer angestrebten Ergebnisses zum erzielten Ergebnis entsprechen, es sei denn, dass eine hiervon abweichende Kostenverteilung gesetzlich vorgeschrieben ist.“

Aber was ist damit tatsächlich gemeint? Wer versteht das? Wahrscheinlich nicht viele Leser und deshalb gibt es nachfolgend die Aufklärung.

Was meinen die Klauseln im Vergleichsfall genau?
Am besten erklärt es sich mit einem Beispiel:
Angenommen, Sie fordern 1.000 Euro in einem Rechtsstreit. Das ist Ihre Forderung, die Hauptsache. Der Versicherer sagt dazu oben, es sei das angestrebte Ergebnis. Sie einigen sich mit dem Beklagten auf einen Betrag von 500 Euro, also genau die Hälfte, die der Beklagte an Sie zahlen soll. Das bedeutet, dass Sie zu 50 Prozent obsiegt/gewonnen haben und zu 50 Prozent unterlegen waren. In diesem Fall soll die Kostenvereinbarung so aussehen, dass beide Parteien von den gesamten Kosten des Rechtsstreits je 50% übernehmen. Weichen Sie von der vorgesehenen Quote nach unten hin ab, und Sie übernehmen 60% der Kosten, obwohl Sie 50% gewonnen haben, dann gibt es Probleme. Denn die Kostenregelung soll das prozentuale Verhältnis widerspiegeln, das Sie in Bezug auf die Hauptsache (Ihre ursprüngliche Forderung/angestrebtes Ergebnis) von 1.000 Euro vereinbart haben. Das erwartet Ihre Versicherung nicht nur, das steht so auch in den Versicherungsbedingungen und ist somit Teil Ihres Vertrags.

Aber warum erwartet Ihre Rechtsschutzversicherung, dass die Kostenquote der Hauptsache folgt?
Auch hierzu ein Beispiel:
Das Gericht schlägt vielleicht eine Zahlung des Beklagten von 300 Euro an Sie vor, wobei Sie ursprünglich mit der Klage 1.000 EUR gefordert haben. Dementsprechend würden Sie 70% verlieren und 30% gewinnen. Sie müssen oder dürfen dann also auch 70% der Kosten übernehmen, die Ihre Versicherung dann trägt. Soweit der Vorschlag des Gerichts.
Sie könnten jedoch die Situation, dass Sie nicht die Kosten tragen müssen, zu Ihrem Vorteil nutzen. Kommen Sie vielleicht auf die Idee, diese Ihnen persönlich zustehende Summe zu erhöhen, ohne dass die Gegenseite insgesamt mehr gem. dem Vergleich zahlen muss? Dem Beklagten kann es egal sein, ob er 300 EUR für die Hauptsache und 300 EUR für die Kosten zahlt, wenn es am Ende insgesamt 600 EUR sind. Oder er zahlt eben 400 oder 500 EUR an Sie und entsprechend weniger von den Kosten. Sie bieten deshalb dem Beklagten an, dass der an Sie zu zahlende Betrag von 300 Euro auf 500 Euro erhöht wird. Sie gewinnen zusätzliche 200 EUR. Diese 200 EUR müssen für den Beklagten im Gesamtergebnis ausgeglichen werden, damit er insgesamt nicht mehr als ursprünglich vorgeschlagen bezahlt. Sie bieten ihm deshalb an, dass Sie im Gegenzug nunmehr 80% der Kosten übernehmen. Das Verhältnis der Kosten entspricht jetzt nicht mehr dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens. Dabei haben Sie natürlich im Hinterkopf, dass die Kosten nicht von Ihnen getragen werden müssen, sondern von Ihrer Rechtsschutzversicherung. Für Ihre Rechtsschutzversicherung, die den ursprünglichen Vorschlag 70/30 nicht kennt, sieht es nunmehr in der Hauptsache nach 50/50 aus, denn Sie bekommen ja 500 statt 300 EUR. Bei den Kosten verpflichten Sie sich dennoch (zulasten Ihrer Rechtsschutzversicherung) zur Übernahme von 80% der Kosten. Genau dieses Verhalten ist mit der Klausel umschrieben und ausgeschlossen.

Folglich sollten Sie deshalb immer mit der Kostenregelung das tun, was sie auch bei der Hauptsache getan haben. Sie geben zu 30% nach, gewinnen also 70%? Dann muss die Gegenseite 70% der Kosten tragen und sie 30%. Dann läuft alles rund mit ihrer Versicherung. Sie gewinnen zu 60%? Dann muss der Gegner 60% der Kosten tragen und Sie (Ihre Versicherung) nur 40%.

Ein letzter Hinweis
Aufgrund einiger Fragen und Hinweise zur Langversion meines Artikels; die hier in Rede stehende Kostenregelung bezieht sich auf die Gesamtkosten des Verfahrens, nicht nur vor Gericht, sondern eben auch, wenn Sie sich außergerichtlich (vor) einem Rechtsstreit geeinigt haben. Deshalb sollten Sie darauf achten, dass auch bei einem außergerichtlichen Vergleich eine entsprechende Kostenregelung vereinbart wird.

Wichtig ist weiterhin zum Verständnis, dass Ihre Rechtsschutzversicherung Ihren Rechtsanwalt voll bezahlt, wenn Sie sich an die vorgesehene Kostenregelung halten. Es ist also nicht so, dass bei einer Kostenregelung 30/70 zu Ihren Gunsten Sie 30% der eigenen Rechtsanwaltskosten tragen müssen. Das obige Beispiel, bei dem man sich auf 50/50 einigte, zeigt es.
Ein 50/50-Vergleich vor Gericht bedeutet im Ergebnis, dass jeder seinen Rechtsanwalt selbst zahlt und die Gerichtskosten werden hälftig, also 50/50 geteilt. Ihre Versicherung zahlt demnach ihren Anwalt vollständig. Haben Sie 30% der Kosten übernommen, muss sich Ihre Rechtsschutzversicherung bei der Gegenseite im Rahmen der Kostenerstattung diese 30% erstatten lassen, nicht bei Ihnen. Für Sie bleibt es dabei, liebe Leser, dass Ihre Versicherung die Kosten Ihres Rechtsanwalts voll übernimmt.

Bleiben Sie informiert.


Ralf Beckmann

Das obige Beispiel-Foto stammt mit freundlicher Genehmigung von Sasun Bughdaryan auf Unsplash.

Rechtsschutzversicherung – Was bedeutet: Wir übernehmen die Kosten, die dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens entsprechen?

Vorbemerkung
Wenn man den Versicherungen Glauben schenken darf, ist die Rechtsschutzversicherung ein äußerst nützliches Produkt, ja ein wahrer Segen. Allerdings gibt es immer Einschränkungen und einige Dinge sind zu beachten. Das bedeutet nicht, dass eine Rechtsschutzversicherung nicht hilfreich ist, meiner Meinung nach ganz im Gegenteil. Man sollte jedoch wissen, was man kauft. Aus diesem Grund habe ich die neue Kategorie „Rechtsschutz“ erstellt. Hier erkläre ich, was Ihnen eine Rechtsschutzversicherung bietet, worauf Sie achten sollten und was Sie für Ihr Geld erwarten können.

Die kurioseste und manchmal für Juristen sogar unverständlichste Klausel einer jeden Rechtsschutzversicherung
Stellen Sie sich vor, Sie befinden sich in einem Rechtsstreit und Ihr Anwalt gibt Ihnen ein Schreiben Ihrer Rechtsschutzversicherung zur Kenntnis, in dem Ihnen und dem Anwalt die sogenannte Deckungszusage erteilt wird. Dort steht häufig: „Bei einer gütlichen Einigung der Angelegenheit übernehmen wir die Kosten, die dem Verhältnis des von der Versicherungsnehmerin/dem Versicherungsnehmer angestrebten Ergebnisses zum erzielten Ergebnis entsprechen, es sei denn, dass eine hiervon abweichende Kostenverteilung gesetzlich vorgeschrieben ist.“

Sie fragen sich berechtigt, was Ihnen damit eigentlich mitgeteilt werden soll.
Ich sage es mal so: Ihre Rechtsschutzversicherung möchte nicht die ganze Zeche zahlen, obwohl sie nur einen Bruchteil bekommen.

Ich erkläre es anhand eines Beispiels:
Angenommen, Sie fordern 1.000 Euro in einem Rechtsstreit. Sie einigen sich vor Gericht mit dem Beklagten auf einen Betrag von 500 Euro, also genau die Hälfte. Das bedeutet, dass Sie zu 50% obsiegt haben und zu 50% unterlegen waren. In diesem Fall sollte die Kostenvereinbarung so getroffen werden, dass beide Parteien die gesamten Kosten des Rechtsstreits inklusive des Vergleichs zu je 50% tragen. Dies entspricht in der Regel der Praxis bei Vergleichsverhandlungen. Ihre Rechtsschutzversicherung erwartet daher von Ihnen, dass Sie sich in Bezug auf die Kosten entsprechend verhalten. Die Kostenregelung soll das prozentuale Verhältnis widerspiegeln, das Sie in Bezug auf die Hauptsache (Ihre ursprüngliche Forderung von 1.000 Euro) vereinbart haben. Wenn Sie 1.000 Euro fordern und gemäß Vergleich 300 Euro erhalten, beträgt Ihr Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen 30/70. In diesem Fall müssen Sie 70% der Kosten tragen und im Vergleich vereinbaren. Bekommen Sie 700 von den ursprünglich geforderten 1.000 Euro, ist Ihre Quote 70/30 und sie sollten auch nur 30% der Kosten tragen.  Wenn Sie das dann so im Vergleich vereinbaren, wird Ihre Rechtsschutzversicherung auch die so vereinbarten Kosten bezahlen.

Aber warum will Ihre Rechtsschutzversicherung, dass die Kosten der Hauptsache folgen?
Vorweg: der Ausdruck „dass die Kosten der Hauptsache folgen“ ist nur eine andere Ausdrucksweise für „Die Kosten des Vergleichs müssen dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens entsprechen.“

Auch hierzu ein Beispiel:
Sie könnten die folgende Situation zu Ihrem Vorteil genutzt haben. Die Richterin schlägt in der Güteverhandlung vor, dass Sie von den eingeklagten 1.000 Euro nur 300 Euro erhalten sollen. Dementsprechend verlieren Sie zu 70% und gewinnen zu 30%. Nun kommen Sie auf die Idee, diese Ihnen persönlich zustehende Summe zu erhöhen, ohne dass die Gegenseite insgesamt mehr zahlen muss. Sie erhöhen deshalb den an Sie zu zahlenden Betrag von 300 Euro auf 500 Euro und vereinbaren gleichzeitig, dass Ihre zusätzlichen 200 Euro durch einen erhöhten Anteil an den Kosten ausgeglichen werden. Sie bieten der Gegenseite folglich an, dass Sie statt 300 nunmehr 500 Euro erhalten. Dafür übernehmen Sie jedoch 80% der Kosten, statt wie üblich 50%. Das Verhältnis der Kosten entspricht jetzt nicht mehr dem Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen. Dabei haben Sie natürlich im Hinterkopf, dass die Kosten nicht von Ihnen getragen werden müssen, sondern von Ihrer Rechtsschutzversicherung. Das könnte ziemlich clever sein, oder?

Mit der oben genannten Klausel hindert Ihre Rechtsschutzversicherung Sie jedoch daran, mehr zulasten Ihrer Versicherung zu gewinnen, was wiederum dazu führt, dass Ihre Versicherung mehr Kosten tragen müsste.

Sie können folglich jeden denkbaren Vergleich schließen, ohne Ihre Rechtsschutzversicherung „um Erlaubnis fragen zu müssen.“ Die Kostenregelung muss dabei nur dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens folgen oder entsprechen.

Bleiben Sie informiert.


Ralf Beckmann

Das obige Beispiel-Foto stammt mit freundlicher Genehmigung von Sasun Bughdaryan auf Unsplash.

© 2025 Immer-RECHT-Haben

Theme von Anders NorénHoch ↑

Cookie Consent Banner von Real Cookie Banner